«Kraftakt» soll Schüler nach Corona-Zwangspause voranbringen

Nicht alle Berliner Schüler kommen gut durch die Corona-Krise. Das
lange Homeschooling zehrte an den Nerven, der Lernfortschritt hält
sich in Grenzen. Nun drücken viele in den Ferien die Schulbank.

Berlin (dpa/bb) - Wochenlange Schulschließungen wegen der Corona-
Pandemie, Homeschooling und später nur wenig Präsenzunterricht - nach
einem verrückten Schuljahr haben viele Berliner Kinder und
Jugendlichen große Lernlücken. 11 500 von ihnen haben nun die Chance,

versäumten Unterrichtsstoff in den Sommerferien nachzuholen.

Für die Sommerschule seien bereits mehr als 1000 Lerngruppen gebildet
worden und die meisten Anfang der Woche gestartet, sagte
Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) am Mittwoch. «Weitere folgen
in den kommenden Wochen», fügte sie bei einem Besuch in der
Wilma-Rudolph-Oberschule in Dahlem hinzu. In den Herbstferien (12.
bis 24. Oktober) werde das bislang einmalige Projekt fortgesetzt.

«Es war ein organisatorischer Kraftakt, in der Kürze der Zeit ein
solches Lernangebot zu realisieren», so die Senatorin. «Wir sind hier
bundesweit vorneweg mit unserem Angebot.» Die Sommerschule richte
sich nicht nur an Schüler aus schwierigen sozialen Verhältnissen, in
denen Eltern ihre Kinder nicht beim Lernen unterstützen oder Geld für
Computer oder Smartphone fehlt.

«Wir haben vor allem leistungsschwache Kinder- und Jugendliche im
Blick», sagte Scheeres. Aber: «Wir wollten ein Angebot für alle, die

aufgrund der Corona-Krise Lernrückstände haben oder das Gefühl, sie
müssten jetzt mehr tun.» Klar sei für die Schüler wie für viele
anderen auch: «Es ist keine einfache und normale Situation.»

Teilnehmen an den insgesamt zwei- bis vierwöchigen Kursen der Sommer-
und später Herbstschule können Schüler der Jahrgangsstufen 1 und 2
sowie 7 bis 9. In kleinen Gruppen werden sie von Mitarbeitern von
etwa 30 Bildungsträgern, freiwillig engagierten Lehrern und
Lehramtsstudenten in den Kernfächern Deutsch und Mathematik sowie der
ersten Fremdsprache unterrichtet, also zum Beispiel Englisch. Pro
Woche sind 15 Stunden vorgesehen.

Bezahlt wird alles vom Land, sechs Millionen Euro stehen dafür zur
Verfügung. Für die Teilnehmer fallen keine Kosten an. Ein ähnliches
Angebot gibt es auch für Berufsschüler. Hier ist das Interesse mit
600 Anmeldungen laut Scheeres jedoch überschaubar.

«Keine Frage, dass die Sommerschule das richtige ist nach dieser Zeit
der Schulschließungen», sagte die Leiterin der
Wilma-Rudolph-Oberschule, Maria Kottrup. «Die Schüler mussten zu
Hause unter teils sehr schwierigen Bedingungen lernen.» Das könne nun
etwas kompensiert werden. «Zwei Wochen Unterricht in kleinen Gruppen
ist sehr intensiv.» Dabei habe die Sommerschule gleich mehrere
Vorteile für die Kinder und Jugendlichen: «Sie bekommen Struktur in
den Tag, sie lernen und sie sehen ihre Freunde.»

Die große Zahl der Anmeldungen zeige, dass dies auch viele Eltern so
sähen. An der Dahlemer Schule machen 90 Schüler mit und damit 20
Prozent derjenigen, die theoretisch in Frage kämen. Während der Kurse
dokumentieren die Teilnehmer ihre Fortschritte an allen Schulen in
einem Ferienlogbuch, zum Abschluss erhalten sie ein Zertifikat.