Weiter viele Menschen in der Corona-Krise ohne Job im Norden

Massive Jobverluste seit Ausbruch der Corona-Pandemie, 204 Millionen
Euro für Kurzarbeit und einige Hoffnungsschimmer: Im Juni waren im
Norden erneut deutlich mehr Menschen ohne feste Anstellung als im
Vorjahr. Überraschend sank deren Zahl aber im Vergleich zum Mai.

Kiel (dpa/lno) - Die Folgen der Corona-Pandemie hinterlassen auf
Schleswig-Holsteins Arbeitsmarkt drastische Spuren. Zwar hat die
Arbeitslosigkeit im Juni im Vergleich zum Mai nicht weiter
zugenommen. Im Vergleich zum Vorjahr gab es allerdings einen massiven
Anstieg, wie die Regionaldirektion der Arbeitsagentur am Mittwoch
berichtete. Demnach waren zuletzt 96 700 Menschen ohne festen Job,
0,5 Prozent weniger als im Mai und 25,5 Prozent mehr als vor einem
Jahr. Die Arbeitslosenquote beträgt 6,1 Prozent, nach 6,2 Prozent im
Mai und 4,9 Prozent vor einem Jahr.

Von kleinen Aufhellungen am Arbeitsmarkt im Juni sprach die
Regionalchefin der Arbeitsagentur, Margit Haupt-Koopmann. «Hierfür
ist insbesondere die Tourismuswirtschaft verantwortlich, die von den
Corona-Lockerungen profitieren konnte.» In den Tourismusregionen
Nordfriesland (minus 9,8 Prozent) und Ostholstein (minus 8,0) seien
die Arbeitslosenzahlen im Vergleich zum Vormonat überdurchschnittlich
zurückgegangen.

Seit Ausbruch der Corona-Pandemie hat die Arbeitsagentur in
Schleswig-Holstein bereits 204 Millionen Euro für Kurzarbeit
ausgezahlt. Mittlerweile liegen erste harte Zahlen zur tatsächlichen
Umsetzung von Anträgen vor. Mit Stand März wurden von 17 800 Anträgen

auf Kurzarbeit 11 400 realisiert, sagte Haupt-Koopmann der Deutschen
Presse-Agentur. Das waren 64 Prozent. «Davon betroffen waren 70
400 Arbeitnehmer.» Von April bis Juni beantragten 4700 Kurzarbeiter
zusätzlich Grundsicherung.

Seit März haben insgesamt 29 200 Betriebe für 338 000 Beschäftigte
Kurzarbeit angezeigt. Das ist mehr als ein Drittel (36,7 Prozent)
aller Betriebe mit mindestens einem sozial-versicherungspflichtig
Beschäftigten. «Die Schwerpunkte liegen im Einzelhandel, der
Gastronomie und im Gesundheitswesen», sagte Haupt-Koopmann.

Die Unternehmen im Norden suchen zudem deutlich weniger Personal als
vor einem Jahr. Seit Jahresbeginn wurden insgesamt 26 600
sozialversicherungspflichtige Stellen gemeldet. Das waren 8600 oder
knapp ein Viertel weniger als im Vorjahreszeitraum. Zwar gebe es
weiter mehr als eine Million sozialversicherungspflichtiger Jobs im
Land, sagte Haupt-Koopmann. Es habe im April aber im Gastgewerbe 3300
weniger Jobs als vor einem Jahr gegeben. Im Bereich der Zeitarbeit
waren es 1700 und im Handel 800. Im Gesundheits- und Sozialwesen
kamen dafür 3200 hinzu.

«Noch deutlicher zeigt sich die Entwicklung im Vergleich des April
zum März», sagte Haupt-Koopmann. Im Handel seien 1300 Jobs, im
Gastgewerbe 1000, im verarbeitenden Gewerbe 800 und bei der
Zeitarbeit 600 Stellen weggefallen.

Für Schleswig-Holsteins Arbeitsminister Bernd Buchholz (FDP) ist das
Ziel, die zunehmende Arbeitslosigkeit von Jugendlichen und bei
Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund zu stoppen. So stieg
die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen gegenüber dem Vorjahr um 34,4
Prozent auf 10 121, die Zahl der arbeitslosen Ausländer um 31,9
Prozent auf 23 054. «Umso mehr ist es notwendig, daran festzuhalten,
die Wirtschaft wieder in Gang zu bekommen», sagte er. Neben
Hilfsangeboten vom Land seien die Unternehmen selbst gefragt: «Wir
benötigen das gesamte Potenzial an Arbeitskräften aus dem In- und
Ausland, um wirtschaftlich handlungsfähig und erfolgreich zu
bleiben.»

Unter den Kreisen hat Stormarn weiter mit 4,1 Prozent die niedrigste
Arbeitslosenquote und Dithmarschen mit 6,4 Prozent die höchste. Bei
den kreisfreien Städten verbucht Lübeck mit 8,6 Prozent den besten
Wert und Flensburg mit 9,8 Prozent den schlechtesten.