Bayern beschließt Corona-Tests für jedermann - Start am 1. Juli

Testen, Testen, Testen - das ist das neue Leitmotiv der bayerischen
Anti-Corona-Strategie. Kritik daran wischt Ministerpräsident Söder
beiseite - auch mit einem Verweis auf US-Präsident Donald Trump.

München (dpa/lby) - Ab diesem Mittwoch (1. Juli) können sich alle in
Bayern lebenden Menschen freiwillig und kostenlos auf Corona testen
lassen - auch ohne Symptome. Ungeachtet vieler kritischer Stimmen vom
Bund und aus anderen Bundesländern beschloss die Staatsregierung am
Dienstag kostenlose Corona-Tests für alle.

Das Testkonzept laute «schneller, kostenlos und für jedermann», sagte

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach der Kabinettssitzung in
München. Er kündigte an, dazu die Kapazitäten von aktuell 20 000 auf

30 000 Tests pro Tag zu erhöhen. Der Freistaat übernimmt die Kosten
in Fällen, in denen die Krankenkassen nicht zahlen müssen. Man stelle
dafür aufs Jahr gerechnet 200 Millionen Euro bereit, sagte der
Ministerpräsident. Bei Bedarf solle das Programm verlängert und mit
mehr Geld untermauert werden.

Kritik an der bayerischen Strategie wies Söder erneut zurück. Die
Kosten könnten kein Argument sein. Man dürfe nicht auf Kosten der
Sicherheit der Bürger sparen. «Testen ist auch Vorbeugung», sagte er.

Dass ein Test nur für den Moment gelte, sei außerdem bei allen Tests
so. Und: Bayern gehe auch weiterhin gezielt und nicht zufällig vor.

Priorität haben weiterhin die Tests bei akuten Ausbrüchen: Vorrangig
getestet werden Menschen mit Symptomen sowie enge Kontaktpersonen -
und zwar zweimal im Abstand von fünf bis sieben Tagen. Vorrangig sind
zudem systematische Reihentests bei konkreten Ausbruchsgeschehen.

Von Mittwoch an sind nun aber auch freiwillige Tests für die gesamte
Bevölkerung möglich. Sie sollen demnach jederzeit möglich sein, eine

Obergrenze pro Person gibt es nicht. Die Tests sollen von
niedergelassenen Ärzten angeboten werden, die Kassenärztliche
Vereinigung Bayerns (KVB) übernimmt die Abrechnung, der Freistaat
bezahlt - so habe man dies mit der KVB per Vertrag vereinbart, sagte
Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU). Man könne aber keinen Arzt
zwingen, die Tests anzubieten. Sollte es Probleme geben, werde man
eine Liste von Ärzten zusammenstellen, die die Tests durchführen. Man
gehe aber davon aus, «dass die Ärzte das Angebot auch gut annehmen».


Söder und Huml betonten, das Angebot sei für die Menschen freiwillig.
«Wir gehen nicht davon aus, dass jeder muss und will - aber wer
möchte, der hat die Chance», sagte Söder. «Das erhöht einfach das

gesamte Sicherheitslevel.» Klar sei doch: Wenn Corona-Beschränkungen
gelockert würden, müsse es mehr Tests geben. «Wer lockert, muss
testen. Und wer mehr lockert, muss mehr testen.» Das sei die einzige
Chance, Infektionsketten zu durchbrechen. «Der letzte, der Testen
grundsätzlich hinterfragt hat, war Präsident Donald Trump», sagte er.

Trump steht wegen steigender Corona-Zahlen in den USA in der Kritik.

In erster Linie sind die kostenlosen Tests nur für in Bayern
gemeldete Einwohner gedacht. Huml sagte, es sei nicht gewollt, dass
nun «sämtliche Bundesbürger nach Bayern reisen und sich hier testen
lassen». Ausnahmen seien aber sicher denkbar, etwa wenn sich jemand
aus beruflichen Gründen viel in Bayern aufhalte oder hier trotz
Wohnortes in einem anderen Bundesland schon lange einen Arzt habe.

Weitere Eckpunkte der neuen bayerischen Test-Strategie im Überblick:

LEHRER UND ERZIEHER: Für Lehrer sollen zu Beginn des kommenden
Schuljahres 2020/21 einmalige Reihentests angeboten werden, möglichst
in den ersten vier Wochen nach Unterrichtsbeginn. An den Kitas sollen
solche Reihentests schon jetzt und bis Ende August stattfinden und
ein zweites Mal nach Beginn des neuen Kindergartenjahres. Die
Teilnahme ist freiwillig, die Kosten trägt der Freistaat.

INFEKTIONSGEFÄHRDETE BEREICHE: In Alten- und Pflegeheimen, Kliniken,
Einrichtungen für Menschen mit Behinderung und im Bereich der
ambulanten Eingliederungshilfe sollen die Tests weiter intensiviert
werden. Das Personal soll bei erstmaliger Arbeitsaufnahme und danach
regelmäßig getestet werden, Bewohner stichprobenartig.
Krankenhauspersonal soll in Abhängigkeit vom lokalen
Infektionsgeschehen sowie der konkreten Infektionsgefahr getestet
werden, Patienten bei Aufnahme und/oder während des Aufenthalts.

TESTS IN RISIKOGEBIETEN: Hinzu kommen sollen spezielle Tests in
Corona-Hotspots mit mehr als 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner
binnen sieben Tagen: Menschen ohne Symptome, die sich dort aufhalten
oder aufgehalten haben, sollen stichprobenartig getestet werden.

KRITISCHE INFRASTRUKTUR: Für Polizei, Justizvollzug und
Maßregelvollzug sollen ebenfalls Reihentests angeboten werden.

ANLASSBEZOGENE REIHENTESTS: Wie bisher schon soll es etwa in
Schlachthöfen, fleischverarbeitenden Betrieben oder Agrarbetrieben
mit Saisonarbeitern anlassbezogene Tests geben, wenn dies nötig wird.