Kurswechsel in der Corona-Politik - Kabinett beschließt neue Regeln

Freiheit auf Bewährung: Nachdem sich die Sachsen-Anhalter wochenlang
an die Verbote der Corona-Verordnungen gehalten haben, will das
Kabinett einen Paradigmenwechsel wagen: Ab Donnerstag soll es fast
nur noch Empfehlungen geben und kaum Verbote.

Magdeburg (dpa/sa) - Trotz einzelner Ausbrüche steht Sachsen-Anhalt
im dritten Monat der Corona-Krise noch immer gut da, was das
Infektionsgeschehen angeht. Die Landesregierung will in der
Corona-Politik daher jetzt umschwenken: In der neuen
Corona-Eindämmungsverordnung sollen Empfehlungen an die Stelle der
meisten Verbote treten. Die neuen Regeln, die am Donnerstag in Kraft
treten sollen, haben die Ministerinnen und Minister in den
vergangenen zwei Wochen zusammengetragen, am Dienstagvormittag sollte
das Kabinett darüber entscheiden.

Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) und Gesundheitsministerin
Petra Grimm-Benne (SPD) hatten den Paradigmenwechsel bereits vorige
Woche angekündigt, damit sich Menschen und Unternehmen darauf
einstellen können. Eine Übersicht über die angekündigten Lockerunge
n:

GROßVERANSTALTUNGEN werden den Plänen zufolge Schritt für Schritt
wachsend wieder möglich sein: Die Gesundheitsministerin sagte, in
geschlossenen Räumen solle die maximale Teilnehmerzahl auf 250
Menschen begrenzt werden. Vom 1. September werde die Grenze auf 500
Menschen hochgesetzt. Voraussetzung sei, dass die Veranstaltungen
«fachkundig organisiert» werden. Draußen sollen bis zu 1000 Menschen

zu Veranstaltungen zusammenkommen können - Grund ist laut
Grimm-Benne, dass die Gefahr einer Ansteckung an der frischen Luft
deutlich geringer sei als in geschlossenen Räumen.

Auch bei PRIVATFEIERN können wieder mehr Menschen zusammenkommen,
wenn das Kabinett die Regelung am kommenden Dienstag beschließt: 50
statt bisher 20 Menschen sollen gemeinsam im Familien-, Freundes-
oder Bekanntenkreis feiern können.

KINDER sollen in den Sommerferien wieder in Ferienlager fahren
dürfen. Eine konkrete Maximalteilnehmerzahl wurde offen gelassen. Man
wolle nicht reglementieren, welches Kind mitfahren darf und welches
nicht, sagte Grimm-Benne. Wichtig sei, dass die Gruppen konstant
seien, betonte Haseloff.

Für den SPORT sind ebenfalls weitreichende Lockerungen geplant, wie
Grimm-Benne weiter sagte. Sportwettkämpfe sollen wieder angesetzt
werden können. Die Grenze von 1000 Menschen für Veranstaltungen im
Freien soll auch hier gelten. Dabei sollen die jeweiligen
Hygieneregeln und Vorgaben der Sportverbände eingehalten werden. Auch
Kontaktsport soll vom 2. Juli an wieder erlaubt werden.

MESSEN, AUSSTELLUNGEN, SPEZIAL-, FLOH- UND TÖPFERMÄRKTE sollten wie
Ladengeschäfte unter bestimmten Voraussetzungen wieder öffnen dürfen.

Eine Person je zehn Quadratmetern solle zugelassen werden. Die
allgemeinen Hygiene- und Abstandsregelungen müssten eingehalten
werden, zudem seien Zugangskontrollen nötig, sagte Grimm-Benne.

In REISEBUSSEN sollen laut der Ministerin künftig ähnliche Regelungen
gelten wie im ÖPNV. Weil der Mindestabstand von 1,50 Metern dort
nicht eingehalten werden könne, sei auch dort eine
Mund-Nasen-Bedeckung nötig. «Und wir sagen, wenn die Fahrzeit länger

als drei Stunden beträgt, sollte der Mund-Nasen-Schutz vom
Veranstalter gestellt werden.» Zudem müsse es regelmäßige
Lüftungspausen geben.

REISENDE AUS CORONA-HOTSPOTS müssen in Sachsen-Anhalt bereits seit
Samstag beweisen, dass sie nicht infiziert sind, um in Hotels und
auf Campingplätzen einzuchecken. An der erst Freitag vereinbarten
Regelung sollte sich nichts Wesentliches ändern.

GESCHLOSSEN bleiben sollen Clubs, Diskotheken, Prostitutionsstätten,
Volksfeste und Jahrmärkte. Damit sich aber überhaupt noch Karussells
und Fahrgeschäfte drehen können in diesem Jahr, sollen laut
Grimm-Benne Messen gut organisiert werden. «Auch dort kann man
fachkundig organisierte Veranstaltungen zulassen mit unterhaltenden
Attraktionen wie Fahrgeschäften im Außenbereich.» Die Messegelände

sollten mit Ein- und Ausgangskontrollen organisiert werden, so dass
es nicht mehr als 1000 Besucher gebe. Schausteller hätten bereits
selbst Konzepte entwickelt.