Bundessozialgericht befasst sich mit Kostenstreit in Senioren-WG

Ein Streit um Kosten in Wohngemeinschaften für ältere Menschen landet
vor dem höchsten deutschen Sozialgericht. Experten erwarten eine
Grundsatzentscheidung - auch über die Zukunft der Senioren-WG.

München/Kassel (dpa/lby) - Eine bayerische Krankenkasse streitet mit
Bewohnern von Senioren-Wohngemeinschaften um die Übernahme von Kosten
- nun landen die Klagen vor dem Bundessozialgericht (BSG). In dem
Streit geht es etwa um die Übernahme von Kosten für das Anziehen von
Thrombosestrümpfen oder für das Spritzen von Insulin. Dies fällt nach

Ansicht der AOK Bayern unter die sogenannte einfache medizinische
Behandlungspflege und soll vom Personal in einer Senioren- oder
Demenz-WG übernommen werden, so dass für die Krankenkasse keine
weiteren Kosten anfallen.

Die Vorinstanz, das Bayerische Landessozialgericht, hatte drei
Klägern - Privatpersonen - Recht gegeben und die Krankenkasse zur
Übernahme der Kosten verpflichtet. Die AOK Bayern hat gegen das
Urteil Revision eingelegt, da sie «eine endgültige juristische
Klärung der Frage» anstrebe, wie eine Sprecherin der Kasse mitteilte.

Nach Ansicht von Experten hätte ein Urteil zugunsten der Kasse in der
Praxis jedoch gravierende Auswirkungen. So kämen durch einen Wegfall
der Kostenübernahme in vielen Fällen hohe Mehrkosten auf Betroffene
zu. Angehörige von Bewohnern und Pflegedienste sehen durch einen
Wegfall der Kostenübernahme die Zukunft der Wohnform Senioren-WG
grundsätzlich infrage gestellt.

Ein Urteil des BSG, der höchsten Instanz des Sozialrechts, dürfte
richtungsweisend für viele weitere Fälle sein. Allein in Bayern waren
2019 rund 150 ähnliche Fälle bei Gericht gelandet, darunter auch
Klagen gegen eine weitere Krankenkasse, wie das Bayerische
Landessozialgericht zum damaligen Verfahren mitgeteilt hatte.

Bis zur rechtlichen Klärung übernimmt die AOK Bayern die strittigen
Kosten weiterhin. Verhandlungstermine für die drei Fälle vor dem BSG
in Kassel stehen noch nicht fest.

Ende 2019 gab es 403 ambulante Wohngemeinschaften mit rund 3000
Bewohnern in Bayern. Deutschlandweit gab es 2016 rund 3200 ambulante
Wohngruppen - so eine Schätzung des Bundesgesundheitsministeriums.