DIHK und Handwerk: Viele Betriebe noch weit von Normalität entfernt

Verbands-Umfragen belegen es: Viele Betriebe werden länger kämpfen
müssen, um die Folgen der Corona-Krise zu bewältigen. Das wird auch
Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt haben, wie Ökonomen vorhersagen.

Berlin (dpa) - Unternehmen und Handwerksbetriebe in Deutschland
stellen sich trotz erster Lichtblicke in der Corona-Krise noch auf
eine längere Durststrecke ein. Nach einer Umfrage des DIHK erwartet
die Hälfte der Unternehmen frühestens im nächsten Jahr eine Rückkeh
r
zur geschäftlichen Normalität. Nur etwa ein Drittel rechne damit
bereits in diesem Jahr. Das Handwerk meldet im Zuge der Lockerungen
zwar weiter anziehende Geschäfte. Für eine Entwarnung ist es aus
Sicht des Handwerksverbandes ZDH aber zu früh. Die nur allmähliche
Erholung in der Wirtschaft wird aus Sicht von Volkswirten auch die
Zahl der Arbeitslosen in Deutschland weiter steigen lassen.

Eine DIHK-Befragung von rund 8000 Unternehmen ergab, dass die
Unternehmen bei der Frage nach der Erholung von den Auswirkungen der
Corona-Krise pessimistischer sind als zuletzt. Während Anfang Mai 28
Prozent der Firmen erst 2021 mit einer Rückkehr zum normalen Geschäft
gerechnet haben, seien es aktuell rund 40 Prozent. Weitere 10 Prozent
erwarteten sogar eine noch spätere Normalisierung.
«Wir sehen deutlich: Viele Betriebe werden länger hart kämpfen
müssen, um die Folgen der Corona-Krise zu bewältigen» sagte
DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. «Wir werden einen langen

Atem brauchen, um am Ende gestärkt aus dieser Krise hervorzugehen.»

Noch immer könnten nicht alle Betriebe von den Lockerungen der
Corona-Beschränkungen profitieren: 20 Prozent berichteten nach wie
vor von einem kompletten oder weitreichenden Stillstand ihres
Geschäfts. «Darunter sind Busunternehmen, Veranstalter von Messen,
Konzerten oder Schausteller. Bei diesen Betrieben müssen die Hilfen
aus dem Konjunkturpaket jetzt schnell ankommen», forderte Wansleben.

Eine Befragung von mehr als 1500 Handwerksbetrieben im Juni wiederum
hat nach Angaben des ZDH ergeben, dass nach dem Ende des Lockdowns
pandemiebedingte Beeinträchtigungen des Geschäftsbetriebs zwar weiter
nachgelassen hätten und «Tendenzen für eine Aufwärtsbewegung»
erkennbar seien. Allerdings meldeten Betriebe weiter hohe
Umsatzeinbußen, teilte der Zentralverband des Deutschen Handwerks
(ZDH) mit. «Die Umsatzausfälle der Betriebe bleiben insgesamt hoch,
weil die Konsum- und Kaufzurückhaltung der Verbraucher auch bei
Produkten und Dienstleistungen im Handwerk spürbar ist», sagte
ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer. Hinzu komme, dass die
Auftragspolster nach wie vor schrumpfen und viele Mitarbeiter noch
immer nicht oder nur eingeschränkt verfügbar seien.

An der Befragung vom 18. bis zum 23. Juni haben sich nach Angaben des
ZDH 1538 Betriebe beteiligt. Demnach melden mit 42 Prozent für den
Monat Mai deutlich weniger Betriebe einen geringeren Umsatz als im
Vergleich zur Situation vor dem Corona-Lockdown. 41 Prozent
berichteten, dass die Umsätze auf dem für die Jahreszeit typischen
Niveau liegen. Bei 17 Prozent seien die Umsätze im Vergleich zur
Vor-Corona-Zeit sogar gestiegen. Die Mehrzahl der Betriebe rechne
nicht damit, dass die pandemiebedingten Umsatzausfälle bis zum
Jahresende aufgeholt werden können.

Am häufigsten von Umsatzrückgängen betroffen waren den Angaben
zufolge Lebensmittelbetriebe (70 Prozent) sowie das Gesundheits- und
Kfz-Handwerk (je 66 Prozent). Umsatzzuwächse hätten vor allem
«persönliche Dienstleister» (37 Prozent) gemeldet. Teils sei dies
aber auch auf Sondereffekte zurückzuführen, da etwa viele Friseure -
als sie wieder öffnen durften - einen Kundenansturm verbuchten.

«Sorge bereitet mit Blick auf die kommenden Monate, dass die Aufträge
- besonders in den Bau- und Ausbaugewerken - nicht im notwendigen
Maße reinkommen», sagte der ZDH-Präsident. «Schaffen wir hier keine

Trendumkehr, dann steht vor allem den Baugewerken die Konjunkturdelle
oder gar der Konjunktureinbruch erst noch bevor.» Besonders die
öffentliche Hand als wichtigster Auftraggeber müsse ihrer
Vorbildfunktion gerecht werden.

«Die Zahl der Arbeitslosen dürfte in den nächsten Monaten weiter
steigen, denn es wird weitere Entlassungen geben und die Unternehmen
stellen weniger ein», sagte Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der
staatliche Förderbank KfW. Auch aus Sicht von Katharina Utermöhl,
Volkswirtin bei der Allianz-Gruppe, werden viele Firmen
«schlussendlich doch nicht um Kapazitätsanpassungen, sprich
Jobstreichungen oder gar eine Insolvenz, herumkommen».

Marc Schattenberg von der Deutschen Bank geht im Juni von knapp drei
Millionen Arbeitslosen aus - ein Plus von rund 130 000 im Vergleich
zum Vormonat. Die Zahl der Kurzarbeiter werde sich Ende Mai bei knapp
acht Millionen bewegen. Damit liegt die Deutsche Bank etwas über der
Prognose der Allianz, die 2,869 Millionen Arbeitslose in Deutschland
erwartet. Damit würde der höchste Stand seit 2013 erreicht.