Rekord bei Corona-Neuinfektionen in USA - Pence sieht dennoch Erfolge

Schon seit Tagen spitzt sich die Infektionslage in den USA wieder zu.
Jetzt hat das Land einen weiteren Rekord erreicht. US-Vizepräsident
Mike Pence vermeldet trotzdem «bemerkenswerte Fortschritte».

Washington (dpa) - Trotz Rekordzahlen bei Corona-Neuinfektionen in
den USA sieht US-Vizepräsident Mike Pence deutliche Erfolge im Kampf
gegen das Virus. «Wir haben wirklich bemerkenswerte Fortschritte
gemacht», sagte Pence am Freitag in Washington beim ersten Briefing
der Coronavirus-Taskforce des Weißen Hauses seit fast zwei Monaten.
Zwar steige die Zahl der bestätigten Neuinfektionen besonders in
südlichen Bundesstaaten. Die Zahl der Todesopfer sinke aber
landesweit. Die Lage sei daher deutlich besser als vor zwei Monaten.

Mit fast 40 000 gemeldeten Fällen hatte die Zahl der
Corona-Neuinfektionen in den USA am Donnerstag nach Statistiken der
Johns-Hopkins-Universität einen neuen Höchststand erreicht. Pence -
der der Coronavirus-Taskforce im Weißen Haus vorsteht - sagte: «Wir
haben mehr als 126 000 unserer Landsleute an die Krankheit verloren.»
Seit Beginn der Pandemie hätten sich mehr als 2,5 Millionen Menschen
in den USA nachgewiesenermaßen mit Sars-CoV-2 infiziert - das ist
mehr als in jedem anderen Land der Welt.

Der führende US-Immunologe in der Corona-Krise, Anthony Fauci, sagte
bei dem Briefing: In bestimmten Gegenden stehen wir vor ernsten
Problemen.» Pence sagte, viele der Fälle von Neuinfektionen beträfen

junge Menschen, die oft keinerlei Symptome zeigten und von denen
bislang nur eine sehr geringe Zahl infolge einer Covid-19-Erkrankung
sterben würden. Pence führte die steigende Zahl der bestätigten
Neuinfektionen auch auf eine Ausweitung von Tests zurück - ähnlich
argumentiert US-Präsident Donald Trump.

Trump spielte die steigenden Fallzahlen schon vor Bekanntwerden des
Rekords herunter. «Wenn wir nicht testen würden, hätten wir keine
Fälle», sagte Trump in einem am Donnerstagabend ausgestrahlten
Interview des Senders Fox News. Die USA hätten bislang rund 30
Millionen Menschen auf das Virus getestet, mehr als jedes andere Land
der Welt.

Pence verteidigte, dass Trump und er wieder Wahlkampfveranstaltungen
aufgenommen haben, obwohl Gesundheitsexperten weiterhin von
Versammlungen abraten. «Die Freiheit der Rede, das Recht, sich
friedlich zu versammeln, sind in der Verfassung der Vereinigten
Staaten verankert. Und wir haben im Herbst diesen Jahres eine Wahl
vor uns», sagte Pence. Auch in einer Gesundheitskrise hätten die
Amerikaner ihre verfassungsmäßigen Rechte.

Pence sagte, Ziel sei es, «Leben zu schützen und sicher wieder zu
öffnen». Alle 50 US-Bundesstaaten hätten Maßnahmen zur
Wiedereröffnung getroffen. Pence rief die Einwohner der USA dazu auf,
weiterhin den Richtlinien zum Schutz vor einer Ausbreitung des Virus
zu folgen. Der Vizepräsident bat sie auch darum zu beten.

Pence betonte, mit den bisher getroffenen Maßnahmen habe man eine
«solide Grundlage für alle Herausforderungen geschaffen, die in den
kommenden Tagen oder Monaten auf uns zukommen könnten». Er räumte
aber auch ein: «Wir haben noch Arbeit vor uns.»

Die Gesundheitsbehörde CDC schätzt, dass bisher wahrscheinlich nur
ein Bruchteil der Infektionen erfasst wurde. «Für jeden Fall, den wir
verzeichnet haben, gab es wahrscheinlich zehn weitere Infektionen»,
sagte CDC-Direktor Robert Redfield. Die meisten Experten machen in
erster Linie die von Trump vorangetriebene Lockerung von
Corona-Beschränkungen in den Bundesstaaten für die steigenden
Fallzahlen verantwortlich.

Die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy
Pelosi, kritisierte die Regierung für ihren Umgang mit der
Corona-Krise. Der Widerstand gegen die Wissenschaft, das «Leugnen»
und die verspätete Reaktion auf die Pandemie habe zu Todesfällen
geführt, sagte Pelosi am Freitag bei einer Pressekonferenz.

Angesichts der Entwicklung planen einige Bundesstaaten, angekündigte
Lockerungen vorerst nicht umzusetzen. Einem Bericht der «Washington
Post» zufolge betrifft das etwa Texas, Arizona, Florida oder New
Mexico. Texas verzeichnete einen Rekord von rund 6000 neuen Fällen am
Donnerstag, wie aus Daten des dortigen Gesundheitsministeriums
hervorgeht. Das Gesundheitsministerium in Florida gab am Freitag mit
fast 9000 Neuinfektionen innerhalb eines Tages ebenfalls einen neuen
Höchstwert bekannt. Der Verkauf von Alkohol in Bars wurde untersagt.

Zuvor hatte angesichts der hohen Zahl an Neuinfektionen und des
Anstiegs der Aufnahmen in Krankenhäusern auch der texanische
Gouverneur Greg Abbott Gegenmaßnahmen angeordnet. «Gegenwärtig ist
klar, dass der Anstieg der Fälle weitgehend auf bestimmte Aktivitäten
zurückzuführen ist, darunter auch die Ansammlung von Texanern in
Bars», erklärte der Republikaner am Freitag in einer Mitteilung.
Unter anderem ordnete er an, dass von Freitag an Bars, die mehr als
51 Prozent ihrer Einnahmen mit dem Verkauf alkoholischer Getränke
erzielten, keine Gäste mehr empfangen können.