Länder schotten sich gegen Touristen aus Corona-Hotspots ab

Beginn der Sommerferien in NRW - und Corona-Hotspots in zwei Kreisen.
Kann das gut gehen? Die Urlaubsregionen etwa an Nord- und Ostsee
befürchten Schlimmes. Bund und Länder ziehen Brandmauern ein.

Gütersloh/Berlin (dpa) - Angesichts des massiven Corona-Ausbruchs im
Kreis Gütersloh haben Bund und Länder Beschränkungen für Reisende a
us
einem Landkreis mit hohem Infektionsgeschehen beschlossen. Sie dürfen
nur dann in Hotels oder Ferienwohnungen untergebracht werden, wenn
ein ärztliches Attest vorliegt, laut dem sie Corona-frei sind. Das
geht aus einem Beschluss der Chefs von Bundeskanzleramt sowie Staats-
und Senatskanzleien der Länder vom Freitag hervor. Am Freitag
begannen in Nordrhein-Westfalen die Sommerferien, Zehntausende
Menschen brachen im bevölkerungsreichsten Bundesland in den Urlaub
auf. In anderen Bundesländern besteht daher die Sorge, dass das Virus
in die Urlaubsziele eingeschleppt werden könnte.

Die Länder werden nach dem Beschluss in den besonders betroffenen
Gebieten Vorsorge treffen, dass «Reisende aus einem Landkreis oder
einer kreisfreien Stadt mit kumulativ mehr als 50 Neuinfektionen pro
100 000 Einwohnern innerhalb der letzten 7 Tage nur dann in einem
Beherbergungsbetrieb untergebracht werden dürfen beziehungsweise ohne
Quarantänemaßnahme in ein Land einreisen dürfen, wenn sie über ein

ärztliches Zeugnis in Papier- oder digitaler Form verfügen, welches
bestätigt, dass keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Infektion
mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vorhanden sind».

Thüringen wies in einer Protokollerklärung darauf hin, dass die
Einschätzung der Gesundheitsbehörden der betroffenen Gebiete
Grundlage und Maßstab für die Maßnahmen der Reisezielgebiete sein
muss.

Zuvor hatten am Freitag weitere Länder Beherbergungsverbote oder
andere Maßnahmen ausgesprochen. Wie diese jetzt mit dem
Bund-Länder-Beschluss umgehen, war zunächst offen.

Die Bundesregierung rief bei regionalen Corona-Ausbrüchen wie in den
Kreisen Gütersloh und Warendorf unterdessen zu Solidarität auf und
warnte vor einem Anprangern dort lebender Menschen. «Jede Region kann
plötzlich von einem Ausbruch betroffen sein», sagte
Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Er verurteilte es
scharf, dass Menschen aus den Kreisen beleidigt und ihre Autos
zerkratzt worden seien. Das sei ein «völlig inakzeptables und
widerwärtiges» Verhalten. Gefragt sei dagegen gerade in schwierigen
Situationen gegenseitiger Respekt.

Die Kanzlerin rief am Freitag den Landrat des Kreises Gütersloh,
Sven-Georg Adenauer, an. «Die Bundeskanzlerin hat Mut gemacht und
sich bei mir bedankt», sagte der CDU-Politiker laut Pressemitteilung.
Sie habe gesagt, die Bürgerinnen und Bürger des Kreises seien
unverschuldet in die aktuelle Situation gekommen. Durch den Lockdown
und den damit verbundenen Beschränkungen leisteten sie einen sehr
wichtigen Beitrag, damit sich das Virus nicht über den Kreis
Gütersloh hinaus auch in Deutschland ausbreiten könne.

Laut Robert Koch-Institut fiel im Kreis Warendorf die Zahl der
Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner innerhalb der vergangenen sieben
Tage mit 47,9 wieder unter den entscheidenden Wert von 50. Auch im
Kreis Gütersloh sank die Kennziffer weiter. Mit 177,7 Fällen je
100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen (zuvor 192,8) liegt
der Wert aber weiter deutlich über der Marke von 50.

Ministerpräsident Laschet sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland,
er sehe den Tönnies-Konzern in der Verantwortung. «Es wird derzeit
sehr genau geprüft, ob und gegen welche Regeln das Unternehmen
verstoßen hat und wo es in Haftung genommen werden kann.»

Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) dringt auf grundlegende
Veränderungen im Fleischmarkt, um den ständigen Preiskampf und
problematische Bedingungen zu unterbinden. «Es wird keine zweite
Chance geben für die gesamte Branche», sagte sie nach einem Treffen
mit Branchen- und Verbandsvertretern am Freitag in Düsseldorf. Die
Corona-Krise mit dem großen Infektionsausbruch beim
Fleischproduzenten Tönnies sei wie ein Brennglas für die Situation.
Klöckner kündigte an, Gesetzesverschärfungen zur Preisgestaltung und

Lebensmittelwerbung mit Lockpreisen zu prüfen.

Das Bundeskabinett hatte Ende Mai Eckpunkte für Neuregelungen in der
Fleischbranche beschlossen. Kernpunkt ist ein weitgehendes Verbot von
Werkverträgen zum 1. Januar 2021. Dann soll es nicht mehr zulässig
sein, dass Arbeiten komplett bei Subunternehmern eingekauft werden.
Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will im Sommer einen
Gesetzentwurf vorlegen.

Die stark in der Kritik stehende Fleischindustrie scheint ihren
Widerstand gegen dieses Gesetzesvorhaben aufzugeben. Der Verband der
Fleischwirtschaft teilte am Freitag mit, es zu unterstützen. Erste
Umsetzungen von Mitgliedsunternehmen zeigten die Ernsthaftigkeit, mit
der die Branche in ihrer Gesamtheit eine Umkehr der bisherigen Praxis
anstrebe und das System der Werkverträge in der Schlachtung und
Zerlegung beenden wolle.

Die Länder Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, in denen es
besonders viele Standort der Fleischindustrie gibt, fordern strengere
gesetzliche Regeln für die Branche, die immer wieder mit Skandalen
Schlagzeilen macht. «Die Selbstverpflichtungen der Schlacht- und
Zerlegeindustrie sind gescheitert», heißt es in einem gemeinsamen
Zehn-Punkte-Papier der Arbeits- und Agrarminister beider Länder vom
Freitag.

Die Kliniken in Deutschland rechnen noch für Monate mit einem Betrieb
im Krisenmodus. «Die Corona-Pandemie ist noch nicht vorbei», sagte
der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Georg
Baum, der Deutschen Presse-Agentur. «Frei gehaltene Personal- und
Intensivkapazitäten sind weiter erforderlich - auch für eine mögliche

zweite Welle im Herbst.» Eine Rückkehr zur Regelversorgung wie vor
Corona sei bis weit ins nächste Jahr hinein sicherlich nicht möglich.

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