Kritik an Billigfleisch: Klöckner will über Konsequenzen beraten

Nach den großen Corona-Ausbrüchen in Schlachthöfen stehen auch
Lockangebote für Hähnchenschenkel und Hack am Pranger. Doch wie ist
der Preiskampf zu stoppen? Die Politik will die Debatte aufnehmen.

Düsseldorf (dpa) - Angesichts breiter Kritik an Billigpreisen für
Fleisch will Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) am Freitag
über Konsequenzen beraten. Dabei geht es um bessere Bedingungen in
Ställen und Schlachthöfen, aber auch höhere Preise im Supermarkt. In

Düsseldorf laden Klöckner, ihre nordrhein-westfälische Kollegin
Ursula Heinen-Esser (CDU) und Niedersachsens Ressortchefin Barbara
Otte-Kinast (CDU) dafür zu einem «Branchengespräch». Dabei sein
sollen Vertreter von Tierhaltern, Fleisch- und Ernährungsbranche,
Handel, Bundeskartellamt, Tierärzten und Verbraucherschützern.

Nach den Corona-Ausbrüchen in Schlachtbetrieben rücken Veränderungen

in der gesamten Lebensmittelkette in den Blick. SPD-Fraktionsvize
Matthias Miersch sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Notwendig sind
endlich bessere rechtliche Rahmenbedingungen für Mensch und Tier.»
Das heutige System der Fleischproduktion erzeuge zu viele Verlierer -
Beschäftigte der Fleischbranche würden miserabel bezahlt, Landwirte
könnten nicht von ihrer Arbeit leben, Tiere würden nicht artgerecht
gehalten. Miersch forderte klare Kriterien für Ställe, die Tierwohl
und Klimaschutz berücksichtigen und Bauern Planungssicherheit geben.

Klöckner setzt sich nun auch für eine Tierwohlabgabe ein, die auf
Fleisch und andere tierische Produkte aufgeschlagen werden könnte.
Dies empfiehlt auch eine Expertenkommission des Ministeriums, um
Bauern beim Finanzieren von Stallumbauten zu unterstützen. Denkbar
wären über eine Verbrauchsteuer Aufschläge von 40 Cent pro Kilogramm

Fleisch und Wurst, 2 Cent pro Kilo für Milch und Frischmilchprodukte.

FDP-Fraktionsvize Frank Sitta forderte, der Umbau der Tierhaltung
müsse vorangehen. «Eine Art Tierwohl-Soli würde Landwirte jedoch nur

noch abhängiger vom Staat machen», sagte er der dpa. Statt
fruchtloser runder Tische und müßiger Preisdiskussionen müsse die
Koalition schnell marktwirtschaftliche Erleichterungen für
Tierwohlställe im Bau- und Emissionsrecht schaffen. Nötig sei auch
ein verbindliches und EU-weit einheitliches Tierwohllabel, das
Verbrauchern verlässlich zeige, wie ein Tier gehalten wurde.

Um problematische Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen zu unterbinden,
hatte das Kabinett Ende Mai Eckpunkte für Neuregelungen beschlossen.
Kern ist ein weitgehendes Verbot von Werkverträgen zum 1. Januar 2021
- also dass die komplette Ausführung von Arbeiten bei Subunternehmern
eingekauft wird. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will im Sommer
einen Gesetzentwurf vorlegen. Klöckner kritisierte die Konzentration
in der Schlachtbranche. «Ich bin der Auffassung, dass wir künftig
wieder mehr dezentrale Betriebe brauchen, und es sie auch geben
wird», sagte sie der «Saarbrücker Zeitung» (Freitag).