Kliniken rechnen noch für Monate mit Corona-Krisenbetrieb

Die Krankenhäuser nicht zu überfordern, ist ein zentrales Ziel im
Kampf gegen Corona. Inzwischen sollen behutsam wieder mehr reguläre
Behandlungen möglich werden. Von Entspannung ist aber nicht die Rede.

Berlin (dpa) - Die Kliniken rechnen trotz erster Schritte zu einer
Normalisierung noch für mehrere Monate mit einem Betrieb im
Krisenmodus. «Die Corona-Pandemie ist noch nicht vorbei», sagte der
Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Georg
Baum, der Deutschen Presse-Agentur. «Frei gehaltene Personal- und
Intensivkapazitäten sind weiter erforderlich - auch für eine mögliche

zweite Welle im Herbst.» Eine Rückkehr zur Regelversorgung wie vor
Corona sei bis weit ins nächste Jahr hinein sicherlich nicht möglich.

Die Zahl der Klinik-Aufnahmen von Covid-19-Patienten sinke insgesamt,
diese belegten inzwischen auch weniger Intensivbetten mit künstlicher
Beatmung. Die Kapazitäten würden aber weiterhin stark begrenzt durch
Erfordernisse für eine konsequente Infektionsvermeidung. So sei eine
Versorgung im Mehrbettzimmer kaum noch möglich, erläuterte Baum.
Kliniken hätten durch Corona auch deutlich höhere Fallkosten - für
Corona-Erkrankte seien abgetrennte Intensiv- und Bettenstationen
nötig. Personal müsse so weit wie möglich getrennt eingesetzt werden.


Zugleich sei die Zahl freier Intensivbetten im Vergleich zu vor zwei
Monaten insgesamt um rund 2000 gesunken - dort liegen nun Patienten
mit anderen Diagnosen als Covid-19. Es würden wieder verstärkt
schwere Operationen vorgenommen, die prinzipiell aufschiebbar sind.
In den Notaufnahmen sei mittlerweile auch wieder eine deutliche
Zunahme von Patienten mit allen Krankheitsbildern zu beobachten.

Bund und Länder hatten die Krankenhäuser Mitte März aufgefordert,
alle planbaren OPs und Aufnahmen auszusetzen. Dies sollte vor allem
in Intensivstationen vorsorglich freie Betten für Corona-Patienten
schaffen. Angesichts der langsameren Virus-Ausbreitung rief die
Politik im April dann dazu auf, schrittweise wieder mehr OPs und
andere wichtige Behandlungen aufzunehmen. Hintergrund sind auch
Sorgen, dass Patienten sonstige Behandlungen aufschieben.

Seit März dürften insgesamt rund 30 000 Corona-Patienten in den
Kliniken behandelt worden sein, davon fast 15 000 Intensivpatienten.
«Noch haben wir aber eine normale Auslastung nicht erreicht», sagte
Baum. Aktuell seien 1500 Patienten coronabedingt in Kliniken, davon
fast 400 in der Intensivmedizin. Laut Register der Deutschen
Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin
(Divi) sind bundesweit derzeit mehr als 11 000 Intensivbetten frei.

Auf den Intensivstationen sei die Auslastung immer noch reduziert,
erläuterte die Krankenhausgesellschaft. Waren freie Intensivbetten in
Vorjahren immer wieder knapp, seien jetzt je nach Bundesland zwischen
25 und 45 Prozent frei. Das liege auch daran, dass Kliniken die Zahl
der Intensivbetten wegen der Pandemie aufgestockt hätten. Zudem
wurden nun auch Mindestvorgaben zur Besetzung mit Pflegekräften
ausgesetzt, so dass Intensivbetten seltener deswegen gesperrt werden
müssen.

In den Monaten der Corona-Krise beobachteten Kliniken, dass teils bis
zu 30 Prozent weniger Patienten mit Herzinfarkten und Schlaganfällen
in die Notaufnahmen kamen. Dies seien jedoch überwiegend Patienten
mit leichteren, aber eben auch vermeintlich leichteren Erkrankungen
gewesen. «Patienten mit schweren Erkrankungen sind auch in der
Pandemiezeit kontinuierlich in den Krankenhäusern behandelt worden»,
sagte Hauptgeschäftsführer Baum.