Tausende Corona-Tests im Kreis Gütersloh - Hoffnungsschimmer

Wie sehr hat sich das Corona-Virus in den Kreisen Warendorf und
Gütersloh ausgebreitet? Reicht der einwöchige Lockdown, um den
Massenausbruch in den Griff zu bekommen? Massentests sollen Klarheit
bringen. Und vielen Bürgern ihren Urlaub ermöglichen.

Gütersloh (dpa/lnw) - Mit einer massiven Testausweitung wollen die
Behörden im Kreis Gütersloh jetzt herausfinden, ob Corona-Infektionen
von Tönnies-Mitarbeitern auf andere Bürger übergesprungen sind.
Geplant sind 10 000 Tests täglich. Fünf neue Testzentren sollten am
Donnerstag im Kreisgebiet eingerichtet werden. Darunter ist auch ein
Drive-In-Zentrum, wo die Bürger im Auto während des Tests sitzen
bleiben können.

Bereits am Mittwoch hatten sich vor den Zentren in den Kreisen
Warendorf und Gütersloh lange Schlangen von Menschen gebildet, die
einen Corona-Test machen wollten, um mit einem negativen Ergebnis
Sicherheit für einen bevorstehenden Urlaub zu haben. Und auch am
Mittwoch blieb der Andrang teils groß. Ein Sprecher der Feuerwehr
berichtete von Wartenden vor den Zentren im Kreis Gütersloh. An
diesem Freitag ist in Nordrhein-Westfalen der letzte Schultag vor den
Sommerferien.

Offenbar gibt es einen ersten Hoffnungsschimmer für die Menschen in
den beiden Kreisen: Von 2000 aktuellen Corona-Tests sei nur einer
positiv ausgefallen, sagte Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann
(CDU) in einer Sondersitzung des Gesundheitsausschusses. Bei den 2000
Getesteten handelt es sich nach Ministeriumsangaben um Menschen aus
der Allgemeinbevölkerung. Das Ergebnis der Massentests ist wichtig
für die Entscheidung darüber, ob der neue, zunächst zum 30. Juni
verhängte eingeschränkte Lockdown für die Kreise Gütersloh und
Warendorf fortgesetzt wird.

Am Abend nannte der Kreis Gütersloh dazu neuere Zahlen: Bis
Donnerstag 15 Uhr seien 2521 Abstriche genommen worden. 1655 Befunde
lägen vor. Davon sei einer klar positiv, zwei seien schwach positiv.
Der Kreis zähle in Abstimmung mit dem Robert-Koch-Institut diese
schwach positiven Fälle mit. Damit seien es insgesamt drei positive
Fälle.

Laut Robert Koch-Institut sank die Zahl der Neuinfektionen pro 100
000 Einwohner innerhalb der vergangenen sieben Tage am Donnerstag im
Kreis Gütersloh auf 192,8 gesunken. Am Dienstag hatte der Wert laut
NRW-Gesundheitsministerium noch 270,2 betragen. Im benachbarten Kreis
Warendorf fiel der Wert auf 50,4, zuvor lag er noch bei 66,2. Damit
liegt der Kreis Warendorf nur noch knapp über der Marke 50, die von
Bund und Ländern als Grenzwert für wieder stärkere Einschränkungen

vereinbart worden war.

Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Niedersachsen,
Baden-Württemberg und Bayern haben ein Beherbergungsverbot oder
andere Beschränkungen für Menschen aus Corona-Risikogebieten
festgelegt, die keinen negativen Corona-Test vorweisen können. Im
Fall Niedersachsens gilt dies speziell für Menschen aus den Kreisen
Gütersloh und Warendorf. Rheinland-Pfalz entschied sich am Donnerstag
für eine Quarantänepflicht für Menschen, die aus Risikogebieten
einreisen. Als Risikogebiete innerhalb Deutschlands gelten Regionen
mit mehr als 50 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner in den
vergangenen sieben Tagen.

Indes läuft im Kreis Gütersloh die Ursachenforschung weiter: Eine
erste Welle von Infizierten bei Tönnies hat es nach Angaben des
Gesundheitsministeriums Mitte Mai im Zusammenhang mit einer
«kirchlichen Veranstaltung» gegeben. Das sagte Staatssekretär Edmund

Heller in einer Sondersitzung des Gesundheitsausschusses des
Landtags. Nach Recherchen des Portals «t-online.de» handelte es sich
um einen Gottesdienst, der am 17. Mai stattfand. Bei diesem
Gottesdienst in einer Kirche in Herzebrock-Clarholz seien auch
Arbeiter eines Tönnies-Konkurrenten dabei gewesen.

Der Sprecher des Kreises Gütersloh bestätigte entsprechende
Erkenntnisse. Es seien sowohl Mitarbeiter von Tönnies als auch eines
anderen Unternehmens aus der Branche vor Ort gewesen. Auch Besucher
ohne Bezug zur Fleischindustrie seien bei dem Gottesdienst gewesen.
Ob aber diese Veranstaltung Grund für den Corona-Ausbruch bei Tönnies
ist, sei völlig offen, sagte der Sprecher weiter. Erste Infizierte im
Kreis Gütersloh habe es nachweislich bereits Wochen zuvor im
Zusammenhang mit Rückreisenden aus dem Winterurlaub gegeben.

Klarheit gibt es indes für Bordelle in Nordrhein-Westfalen: Sie
müssen vorerst geschlossen bleiben. Die Untersagung des Betriebs
durch die Corona-Schutzverordnung der Landesregierung sei rechtmäßig,
teilte das Oberverwaltungsgericht in Münster am Donnerstag nach einem
Eilbeschluss mit. Wegen der Coronakrise hatte NRW sexuelle
Dienstleistungen in Bordellen und Prostitutionsstätten untersagt. Zu
Recht, wie die Richter in ihrer Begründung betonten (Az.: 13 B
800/20.NE). Bei engstem Körperkontakt und häufig wechselnden Partnern
sei eine erhöhte Infektionsgefahr anzunehmen.