Der König eilt zur Rettung Mallorcas - «Der Ballermann ist in Not» Von Emilio Rappold, dpa

Auch nach Öffnung der spanischen Grenzen für ausländische Besucher
sieht man in der Corona-Krise auf Mallorca kein Licht am Ende des
Tunnels. Der Deutschen liebste Urlaubsinsel ist in Not. In Gefahr
sind Hotels, Kneipen, Diskos. Auch der Ballermann wie wir ihn kennen.

Palma (dpa) - So etwas hat man am Ballermann noch nie gesehen.
Badegäste und Spaziergänger aus Deutschland, Spanien und auch aus
anderen Ländern gerieten am Donnerstag aus dem Häuschen: Spaniens
König Felipe und Gattin Letizia schlenderten die Promenade der Playa
de Palma entlang, blieben immer wieder stehen und unterhielten sich
aus gebotener Distanz, aber zwanglos mit Urlaubern in Badehosen und
Bikinis, die aus ihren Liegetüchern aufgesprungen waren. Viele
durften Selfies machen mit den beiden, modisch stellte Letizia im
schicken grünen Kleid Felipe klar in den Schatten.

Die Royals aus Madrid verbringen ihren Sommerurlaub traditionell im
August immer auf der Baleareninsel. Im Marivent-Palast, auf Jachten
und Segelbooten. Doch an der Playa war ein König, so weit sich die
Einheimischen erinnern können, noch nie. Der ungewöhnliche Besuch
hatte allerdings einen guten, einen sehr guten Grund: Felipe eilt zur
Rettung des Ballermanns.

Auch nach der Öffnung der spanischen Grenzen für ausländische
Besucher sieht man auf Mallorca nämlich kein Licht am Ende des
Corona-Tunnels. Auch am Donnerstag gab es an der Playa wenige
Badegäste. «Der Ballermann in Not», titelte die «Mallorca Zeitung
» in
großen Lettern. Neben einem Bild des deutschen Insel-Sternchens Mia
Julia auf der Bühne des mit Besuchern vollgestopften Kultlokals
«Bierkönig» steht auf Seite eins der «MZ»: «Das war einmal.»


Die wilden Partys bleiben wegen des Virus verboten. «Bierkönig»,
«Megapark» und andere Tanz- und Trinktempel bleiben - natürlich - auf

unbestimmte Zeit geschlossen. Mia (33) schmettert ihren Hit «Wir sind
die Geilsten» und andere Songs dieser Tage in Autokinos - wo sich das
Publikum nicht so leicht rocken und locken lässt.

Die Sorgen werden von Tag zu Tag größer. Die linke Regionalregierung
bekämpft den «Sauftourismus» schon seit einigen Jahren mit strikten
Verhaltensregeln, der Förderung von schicken und teureren Hotels und
Restaurants sowie anderen Maßnahmen. Aber nun, wo
«Otto-Normal-Urlauber» tatsächlich fernzubleiben droht, setzt trotz
Temperaturen von bereits über 30 Grad das große Zittern ein. Zumal
man in Palma weiß, dass man unter keinen Umständen den Fuß von der
Corona-Bremse nehmen darf. Die Nachrichten von neuen Ausbrüchen des
Virus in Deutschland bereiten zusätzliche Sorgen.

Viele hatten auf Mallorca nicht gewusst, dass der König kommt. Auch
Kerima Kellermann wusste es nicht. Sie lebt schon seit 30 Jahren auf
der Insel. Sie war mit ihrer Freundin Marion an der Playa und wurde
vom Besuch der Royals überrascht. «Meine Freundin Marion aus Santa
Ponsa hat mich heute besucht und erst keinen Parkplatz gefunden. Ich
wusste gar nicht, was los ist», sagte Kellermann der Reporterin der
«Mallorca Zeitung». Die beiden wollen unbedingt einen Blick auf das
Königspaar erhaschen. Viele Spanier schrien am Ballermann unterdessen
«Viva el rey!», «Hoch lebe der König».

Doch kann «Su Majestad el Rey helfen»? Er kann aufmuntern, aber er
kann auch seinen großen Einfluss bei verschiedenen Stellen im In- und
Ausland ausspielen. Und dafür sorgen, dass mehr Maßnahmen zur
Unterstützung der von Corona schwer in Mitleidenschaft getroffenen
Tourismusbranche beschlossen werden. Madrid gab vor einer Woche ein
Vier-Milliarden-Hilfspaket bekannt. Für den Sektor, der allein dieses
Jahr wegen Corona Einbußen von 80 Milliarden befürchtet, ist das
jedoch nur ein heißer Tropfen auf dem heißen Stein.

Felipe und Letizia trafen sich auf Mallorca nicht mit Urlaubern,
sondern auch mit Unternehmern und Gewerkschaftsvertretern. Der
Kurzbesuch in Palma ist Teil einer Rundreise des Königspaares durch
ganz Spanien, bei der die Royals in erster Linie den Tourismus
fördern wollen. Die Tour hatte am Dienstag auf den Kanaren begonnen.
In Las Palmas auf Gran Canaria hatte Felipe dazu aufgerufen,
gemeinsam das Land wieder aufzurichten. In Spanien gebe es nach dem
Ende des Lockdowns und der Öffnung der Grenzen wieder mehr
Zuversicht. Man stehe aber «vor einem sehr steilen Aufstieg», um die
wirtschaftliche und soziale Erholung zu schaffen.

Nirgendwo in Spanien sind die Menschen so sehr vom Tourismus abhängig
wie auf den Kanaren und den Balearen. In beiden Regionen trägt die
Branche rund 35 Prozent der Wirtschaftsleistung bei. Mit mehr als
28 000 Todesopfern und knapp 250 000 Infektionen war Spanien eines
der von Corona am schwersten getroffenen Länder.