Fast kein Infizierter bei Corona-Massentests in Gütersloh gefunden

Die Menschen in den Kreisen Gütersloh und Warendorf
in Nordrhein-Westfalen lassen sich kurz vor den Sommerferien
massenweise auf Corona testen. Bislang sind die Ergebnisse - mit
einer Ausnahme - negativ. Grund zum Aufatmen?

Düsseldorf (dpa) - Nach dem Corona-Ausbruch im Bereich Gütersloh sind
fast alle Ergebnisse bei den Massentests für die Bevölkerung negativ
ausgefallen. Wie NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am
Donnerstag im Gesundheitsausschuss des Düsseldorfer Landtags sagte,
wurde unter 2000 Getesteten nur ein Infizierter gefunden. Laumann
sagte, dass man nach den Massentestungen wohl beurteilen könne, ob
die Corona-Infektionen bei Tönnies-Mitarbeitern auf andere Bereiche
der Gesellschaft übergesprungen seien. Mit Ergebnissen rechne er am
Sonntag.

Die Frage ist mitentscheidend für eine Fortsetzung des neuen,
eingeschränkten Lockdowns, der für die Kreise Gütersloh und Warendorf

zunächst bis zum 30. Juni verhängt worden war. Laut dem Robert
Koch-Institut ist die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner
innerhalb der vergangenen sieben Tage am Donnerstag im Kreis
Gütersloh signifikant auf 192,8 gesunken. Am Dienstag betrug der Wert
laut NRW-Gesundheitsministerium noch 270,2. Im benachbarten Kreis
Warendorf sank der Wert auf 50,4, zuvor lag er noch bei 66,2.

Damit liegt der Kreis Warendorf nur noch knapp über der Marke 50, die
von Bund und Ländern als Grenzwert für wieder stärkere
Einschränkungen des Alltagslebens vereinbart worden war. Den Wert
haben inzwischen mehrere Bundesländer zum Maßstab für
Beherbergungsverbote für Besucher aus einem solchen Kreis gemacht.

Am Mittwochabend teilte auch Baden-Württemberg mit, dass man Reisende
aus dem Corona-Risikogebiet in NRW nicht mehr im Land übernachten
lasse. Bayern und Niedersachsen hatten bereits Beherbergungsverbote
beschlossen, Schleswig-Holstein erließ eine Quarantäneregelung.
Ausnahmen gelten auch in Baden-Württemberg für Personen, die mit
einem ärztlichen Attest belegen können, nicht infiziert zu sein. Auch
Sachsen-Anhalt denkt über Einschränkungen für Urlauber aus
Corona-Risikogebieten nach.

An den Testzentren in den Kreisen Warendorf und Gütersloh hatten sich
bereits am Mittwoch lange Schlangen von Menschen gebildet, die einen
Corona-Test machen wollten, um mit einem negativen Ergebnis
Sicherheit für ihren Urlaub zu haben.

Wegen des großen Andrangs baut der Kreis Gütersloh seine
Testkapazitäten weiter aus: Nach Angaben von Landrat Sven-Georg
Adenauer (CDU) sollen pro Tag jetzt 10 000 kostenfreie Corona-Tests
möglich sein. Um dieses Ziel zu erreichen, habe der Kreis in
Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung weitere
Testzentren eingerichtet, hieß es in einer Mitteilung vom Donnerstag.
Wer sich testen lassen will, muss sich dennoch auf längere
Wartezeiten einstellen.

Im NRW-Gesundheitsausschuss wurde am Donnerstagmorgen erneut über die
mutmaßlichen Ursachen und die Folgen des Corona-Ausbruchs beim
Fleischbetrieb Tönnies diskutiert. Eine erste Welle von Infizierten
bei Tönnies hat es nach Angaben des Gesundheitsministeriums Mitte Mai
im Zusammenhang mit einer «kirchlichen Veranstaltung» gegeben.

Nach Recherchen des Portals «t-online.de» handelte es sich um einen
Gottesdienst, der am 17. Mai stattfand. Auch Arbeiter eines
Tönnies-Konkurrenten seien dort gewesen. Der Sprecher des Kreises
Gütersloh bestätigte entsprechende Erkenntnisse. Es seien sowohl
Mitarbeiter von Tönnies als auch eines anderen Unternehmens aus der
Branche vor Ort gewesen.

Ob aber diese Veranstaltung Grund für den Corona-Ausbruch bei Tönnies
ist, sei völlig offen, sagte der Sprecher des Kreises der Deutschen
Presse-Agentur. Es sei jetzt Aufgabe der Experten des Robert
Koch-Instituts, diese Frage zu klären. Erste Infizierte im Kreis
Gütersloh habe es nachweislich bereits Wochen zuvor im Zusammenhang
mit Rückreisenden aus dem Winterurlaub gegeben.

Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) erinnerte mit Blick auf die
Ereignisse in Nordrhein-Westfalen daran, dass die Corona-Pandemie
noch nicht vorbei sei. «Bis wir wirklich einen effektiven Impfstoff
oder Heilmittel haben, wird das Virus weiter lauern», sagte Braun am
Mittwochabend in der ZDF-Sendung «Markus Lanz».

Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnte vor
leichtsinnigem Verhalten. «Die Corona-Pandemie ist noch nicht
vorbei», sagte er am Donnerstag bei einer Veranstaltung im Schloss
Bellevue. «Die Entwicklung in den Hotspots zeigt, dass wir uns immer
noch auf sehr, sehr dünnem Eis bewegen.» Jeder, nicht nur er, habe
natürlich die Befürchtung, «dass sich die Zahl der Hotspots vermehrt

und dass die Ansteckungsrate wieder nach oben geht».