Zahl der Corona-Infizierten in Schlachthöfen steigt weiter

Nach dem Ausbruch von Corona-Infektionen in einem Putenschlachthof in
Wildeshausen lässt Wiesenhof die Mitarbeiter testen. Die Zahl der
Infizierten stieg von 23 auf 35. Auch in Cloppenburg gibt es einen
Corona-Ausbruch in einem Schlachtbetrieb.

Wildeshausen (dpa/lni) - Die Zahl der an Covid-19 infizierten
Schlachthof-Beschäftigten in Niedersachsen ist am Mittwoch in den
Kreisen Oldenburg und Cloppenburg weiter gestiegen. In einem
Putenschlachthof von Wiesenhof in Wildeshausen bei Oldenburg erhöhte
sie sich nach Unternehmensangaben von 23 auf 35. Auch der Landkreis
Cloppenburg meldete einen Corona-Ausbruch in einem Schlachthof im
oldenburgischen Essen. Dort wurden vier Personen positiv getestet.

Bei dem Wiesenhof-Betrieb in Wildeshausen wurden bislang 341 der rund
1100 Beschäftigten getestet. Bis Freitagnachmittag sollen alle
Testergebnisse vorliegen. Der Betrieb soll nach Unternehmensangaben
fortgesetzt werden.

Unter den 35 Infizierten befinden sich vier Festangestellte und 31
Arbeiter mit Werkvertrag. In Absprache mit den Behörden seien die
Beschäftigten sowie Kontaktpersonen umgehend ermittelt worden und
befänden sich in Quarantäne.

Alle 35 positiv Getesteten haben sich dem Unternehmen zufolge privat
eine Unterkunft angemietet, nur eine der Personen wohne in einer
Gemeinschaftsunterkunft. Nach Angaben eines Sprechers des Landkreis
Oldenburg wohnen die Betroffenen in diesem Landkreis sowie den
Nachbarkreisen Cloppenburg, Diepholz, Vechta sowie in Delmenhorst.

In dem Essener Betrieb seien die Infektionen durch Tests ans Licht
gekommen, die das Unternehmen regelmäßig selber vornehme, teilte der
Landkreis Cloppenburg mit. Weitere Tests habe das Unternehmen auf
eigene Kosten in die Wege geleitet. Am Mittwoch seien 300
Beschäftigte aus dem engeren Arbeitsumfeld der Betroffenen getestet
worden. Insgesamt arbeiten bei dem Schlachthof rund 1500 Mitarbeiter.
Sämtliche positiv Getesteten und Menschen aus ihrem Umfeld seien in
Quarantäne, so der Landkreis. Zuletzt seien am 18. Juni 300
Angestellte des Betriebs negativ auf Corona getestet worden.

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) fordert wegen der
Neuinfektionen die sofortige Untersuchung aller Beschäftigten. In
Teilen der Branche würden die Hygieneregeln locker gehandhabt,
wodurch Leiharbeiter, Werkvertragsarbeiter und Stammbeschäftigte in
ihrer Gesundheit bedroht seien, sagte der für Oldenburg und
Ostfriesland zuständige NGG-Chef Matthias Brümmer. Erneute
Reihentestungen unter den gut 17 000 Beschäftigten der
Fleischindustrie lehnt Niedersachsen bislang ab.

Aus den Betrieben meldeten sich immer mehr besorgte Betriebsräte. In
den vergangenen Tagen sei es oft zum Austausch von Leiharbeitern und
Werkarbeitern gekommen, bei denen niemand die Herkunft erklären
könne. «Da entwickelt sich ein gewaltiges Bedrohungspotenzial, das
den Fortbestand einer ganzen Branche gefährdet und die Gesundheit der
Bevölkerung mit bedroht», sagte Brümmer.

Niedersachsens Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) nimmt die
Branche in die Pflicht, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Die
Praxis der Werkverträge gehöre auf den Prüfstand und eine gerechte
Entlohnung müsse unbedingt gewährleistet werden. Die Unternehmen
sollten zudem ihre Pandemiepläne überprüfen. «Wenn es in diesen
besonderen Zeiten erforderlich ist, in bestimmten Bereichen der
Betriebe die Kapazitäten herunterzufahren, um die Sicherheit der
Mitarbeiter zu gewährleisten, dann muss das jetzt geschehen», sagte
die Politikerin.

Schon am Vortag hatten die großen Schlachtkonzerne Tönnies,
Westfleisch und PHW angekündigt, mit dem kommenden Jahr in großem
Umfang auf Werkarbeiter zu verzichten und diese fest anzustellen. Der
seit Jahren für die Belange der oft aus Osteuropa stammenden
Werkarbeiter kämpfende katholische Pastor Peter Kossen zeigte sich
angesichts dieser Ankündigungen skeptisch. «Ich habe immer den
Verdacht, dass da etwas vorweggenommen wird, damit es gar nicht erst
eintritt», sagte Kossen der Deutschen Presse-Agentur dpa. Die
Fleischindustrie sollte nicht den Plan der Bundesregierung
sabotieren, die Werkarbeit in der jetzigen Form einzuschränken. Die
Branche müsse sich auch aktiv für bessere Wohnverhältnisse und eine
Integration der Menschen einsetzen.