«Gewonnene Zeit» beruhigt Laura Ludwig: Nicht immer nur von A nach B Von Jens Mende, dpa

Auch die Beachvolleyballer dürfen wieder loslegen, zumindest
national. Wegen der Corona-Pause musste die deutsche Top-Athletin
Laura Ludwig umdenken. Die Entschleunigung ihres Lebens aber sieht
die Olympiasiegerin beim Neustart vor allem als Chance.

Berlin (dpa) - Zunächst waren für Laura Ludwig wie für viele Menschen

die Einschränkungen, Absagen und die Ungewissheit einfach «ein Schlag
ins Gesicht». Inzwischen aber sieht Deutschlands erfolgreichste
Beachvolleyballerin die Corona-Pause vor allem als «gewonnene Zeit».
Die stolze Mama genoss die Wochen, als ihre Sportart auf Eis lag, mit
ihrem Partner Imornefe «Morph» Bowes und ihrem zweijährigen Sohn Teo.


Grad hat die Familie - der Schotte Bowes ist zugleich Cheftrainer des
Beach-Duos Ludwig und Margareta Kozuch - die Eingewöhnungsphase in
der Kita hinter sich. «Es gab eine noch höhere Priorität für das
kleine Wesen», berichtete die Olympiasiegerin und Ex-Weltmeisterin.

Auch von der sportlichen Seite habe sie zusammen mit der einstigen
Hallen-Nationalspielerin Kozuch «sehr viel Positives» aus der
ungewohnten Zeit gezogen. Normalerweise wären die Beach-Profis um die
Welt gejettet, um von China über Russland bis Brasilien nach Punkten
in der Olympia-Qualifikation zu jagen. «Wir haben das echt zur
Entschleunigung genutzt, man rennt nicht immer nur von A nach B»,
erklärte Ludwig. So einen Frühling und Frühsommer in Hamburg hat sie

als Athletin seit mehr als einem Jahrzehnt nicht erlebt. Schon 2006
als damals 20-Jährige war Ludwig erstmals deutsche Meisterin, zwei
Jahre später schon Europameisterin. Titel um Titel folgten.

«Vielleicht war es zuvor auch alles ein bisschen schnell:
Schwangerschaft, Pause, Kind, ein neues Team. Jetzt haben wir in Ruhe
alles aufgearbeitet», bemerkte die eigentlich immer rastlose Ludwig.

Die 34-Jährige hat mit ihrer ein Jahr jüngeren Partnerin «an
Athletik, Taktik und vor allem an Schwächen gearbeitet» - ohne den
Qualifikationsstress für das große Ziel. Durch die verschobenen
Spiele will Beach-Königin Ludwig nun ein Jahr später in Tokio das
Olympia-Gold von Rio de Janeiro 2016 verteidigen.

«Maggie» Kozuch war im Vorjahr für die wegen Verletzungsproblemen
zurückgetretene Olympiasiegerin Kira Walkenhorst an Ludwigs Seite
gerückt. Die ehemalige Champions-League-Siegerin hatte in der
Corona-Pause offen über jahrelange Alpträume und Angstzustände
erzählt. Der Sport habe sie gefordert, ihr aber auch viel geholfen,
das zu überwinden, berichtete der Ex-Hallen-Star.

«Es ist gut, wenn man auch einmal laut darüber spricht», sagte Ludwig

dazu. Auch sie müsse sich immer wieder ihren Zweifeln stellen, ob ihr
Weg wirklich der richtige sei. Auch da habe die gefühlte
Entschleunigung geholfen. «Es hat sich alles gefügt.» Von Angst sei
sie «weit entfernt», erklärte die siebenmalige deutsche Meisterin.

Der Zeitpunkt des Neustarts ihrer geliebten Sportart zumindest in
Deutschland passt nun «perfekt», sagte Ludwig. Ab Mitte Juli gibt es
für Ludwig/Kozuch drei Einladungsturniere, für die Meisterschaften
Anfang September ist das Duo gesetzt. Klar, das sei etwas anderes als
um Olympia-Punkte zu spielen, meinte die gebürtige Berlinerin: «Aber
wir können viele Dinge ausprobieren und optimieren.»

Falls der internationale Beach-Zirkus in diesem Jahr doch noch
starten kann, was derzeit höchst unwahrscheinlich ist, werden sich
Ludwig/Kozuch die Termine genau aussuchen. «Wir werden jetzt nicht
durchgängig spielen und sind dann im nächsten Jahr kaputt», betonte
Ludwig: «Wir werden uns auch weiter Auszeiten nehmen.»

Olympia-Punkte werden auf der Welttour erst wieder vergeben, «wenn
Athleten aus allen Ländern reisen und teilnehmen dürfen», berichtete

Niclas Hildebrand, Sportdirektor des Deutschen Volleyball-Verbandes.
Das bringt Ludwig/Kozuch in eine stressfreiere Situation. Denn im
Olympia-Ranking sind sie wie auch die deutschen Meisterinnen Karla
Borger und Julia Sude aus Stuttgart derzeit unter den Teams, die in
Tokio dabei wären.