Berlin lockert Corona-Beschränkungen - aber Bußgeld für Maskenmuffel

Der Einkauf, das Treffen mit Freunden oder ein geschäftliches Meeting
sollen für die Berliner trotz Corona bald noch etwas leichter werden.
An einer Stelle verschärft der Senat indes die Regelungen.

Berlin (dpa/bb) - Trotz zuletzt wieder steigender Infektionszahlen
setzt der Berliner Senat seinen schrittweisen Lockerungskurs bei den
Corona-Beschränkungen fort: Ab Samstag fallen die seit Monaten
bestehenden und zwischenzeitlich bereits etwas gelockerten
Kontaktbeschränkungen für Privatpersonen komplett weg. Allerdings
zieht der Senat an anderer Stelle die Schrauben an: Bei Verstößen
gegen die seit Ende April geltende Maskenpflicht wird laut einer
neuen Verordnung, die der Senat am Dienstag beschloss, ein Bußgeld
fällig. Bisher wurde hier nicht kontrolliert.

BUSSGELD: Fahrgäste, die in Bus und Bahn ohne Maske unterwegs sind,
müssen ab Samstag zwischen 50 und 500 Euro Bußgeld zahlen. Einerseits
hielten sich viele Menschen ganz selbstverständlich an die Regeln,
sagte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) dazu. «Aber
es gibt eben doch einige, die bewusst oder unbewusst sich eben nicht
an diese Regeln halten. Und an der Stelle muss man dann auch
deutlicher werden.»

Durchsetzen soll die neuen Regelung die Polizei mit punktuellen
Kontrollen. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) wies darauf hin, dass
das nicht flächendeckend möglich sein werde. Die Bußgelder gelten
auch bei Verstößen gegen die Maskenpflicht in Geschäften. Dort ist
das Problem weniger verbreitet als im Öffentlichen Personennahverkehr
(ÖPNV).

«Die Pandemie ist noch lange nicht besiegt», sagte SPD-Fraktionschef
Raed Saleh der Deutschen Presse-Agentur zu dem Beschluss. «Je weiter
wir den Weg von Lockerungen gehen, umso verbindlicher müssen die
Absprachen sein.» Verweigerer und Menschen, die den Schutz von sich
und von anderen ignorierten, müssten sanktioniert werden. Das sei
auch eine Frage von Solidarität und Fairness.

KONTAKTBESCHRÄNKUNGEN: Verabredungen in größerem Kreis werden für d
ie
Menschen wieder einfacher. Bisher gilt, dass sich in der Hauptstadt
maximal fünf Personen aus mehreren Haushalten oder lediglich
Mitglieder zweier Haushalte in der Öffentlichkeit oder zu Hause
privat treffen dürfen. Die Regelung sollte helfen, die Ausbreitung
des Coronavirus zu verlangsamen und fällt nun weg. Der Senat gibt nur
noch eine Empfehlung, Kontakte auf «ein absolutes Minimum» zu
reduzieren. Jeder sei weiter angehalten, die physischen sozialen
Kontakte zu anderen Menschen möglichst gering zu halten.

MINDESTABSTAND: Der Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Menschen
muss weiter eingehalten werden, um Infektionen möglichst zu
verhindern. Ausnahmen gibt es nur für die Fälle, in denen das nicht
möglich ist, unter anderem bei der Gesundheitsversorgung und Pflege,
in Kitas und Schulen, beim Friseur oder wegen räumlicher Enge etwa in
Bussen, Bahnen oder Autos. Wichtige Voraussetzung für alle
Lockerungen bleibt zudem, dass die Entwicklung der Corona-Infektionen
diese zulässt.

EINKAUFEN: Ab Samstag dürfen Einzelhändler wieder mehr Menschen
gleichzeitig in die Geschäfte lassen. Der bisher gültige Richtwert
von maximal einer Person pro 20 Quadratmeter Verkaufsfläche wird auf
10 Quadratmeter gesenkt.

VERANSTALTUNGEN: Der Senat verständigte sich auf einen Stufenplan für
größere Veranstaltungen wie kulturelle Events, Messen, Spezialmärkte,

Sportveranstaltungen, geschäftliche Meetings oder gewerbliche
Freizeitangebote. Bis 31. Juli sind demnach in geschlossenen Räumen
bis zu 300 Teilnehmer erlaubt, ab 1. August bis zu 500, ab 1.
September bis zu 750 und ab 1. Oktober bis zu 1000. Veranstaltungen
im Freien dürfen laut Stufenplan bis zum 1. September maximal 1000
und danach bis zu 5000 Teilnehmer umfassen.

Alle Obergrenzen gelten laut Senat auch für private bzw. familiäre
Veranstaltungen, jedoch nicht für Demonstrationen oder Gottesdienste.
Hier waren Beschränkungen schon vor geraumer Zeit gestrichen worden.
Gesang bei Veranstaltungen in geschlossenen Räumen bleibt untersagt.

SYSTEMATIK: Insgesamt hat die neue Verordnung zur Eindämmung der
Corona-Pandemie eine komplett andere Systematik: Sie soll nicht mehr
auflisten, was alles unter welchen Bedingungen erlaubt ist, sondern
eine Übersicht bieten, was Berlinerinnen und Berliner auch künftig
nicht dürfen. Ziel ist, den Überblick zu erleichtern.

«Es ist eine Gratwanderung», sagte Müller zu den beschlossenen neuen

Lockerungen. «Bisher sind wir sehr gut durch die Pandemie gekommen.
Wir wollen noch mehr Normalität zulassen.» Der Senat wolle alles tun,
um einen neuerlichen Lockdown zu vermeiden. «Und wir sehen, wie
schnell das gehen kann, wir sehen das jetzt in NRW, wie schnell das
gehen kann, dass man zu drastischeren Maßnahmen greifen muss. Das
wollen wir vermeiden. Ich glaube, wir können das auch vermeiden.»

Von Mittwoch bis Sonntag vergangener Woche kamen in Berlin 358 neue
Infektionsfälle dazu, an zwei Tagen gab es jeweils deutlich mehr als
100 gemeldete Neuinfektionen. Nach Angaben der Gesundheitsverwaltung
vom Montagabend stieg die Zahl der bestätigten Coronavirus-Fälle in
Berlin zuletzt binnen 24 Stunden um 83 auf 7915 (Stand Montagmittag).