Umfrage: Hamburgs Industrie sieht Silberstreif am Horizont

Fast die Hälfte der Hamburger Industriebetriebe kann laut einer
Umfrage nicht sagen, wann ihre Produktionsauslastung wieder das
Vor-Corona-Niveau erreichen wird. Dennoch scheinen die Betriebe
wieder etwas zuversichtlicher zu sein.

Hamburg (dpa/lno) - Hamburgs Metall- und Elektroindustrie sieht laut
einer Umfrage nach mehr als drei Monaten Corona-Krise offensichtlich
einen Silberstreif am Horizont. So mussten in der Hansestadt zwar 35
Prozent der Betriebe ihre Produktion stark oder sogar sehr stark
einschränken und auch die Kapazitätsauslastung bleibt unter dem
norddeutschen Durchschnitt, wie es in der am Dienstag vorgelegten
Blitzumfrage der Arbeitgeberverbände Nordmetall und AGV Nord unter
ihren Mitgliedsunternehmen heißt. Doch liege die Auslastung im Juni
mit 72 Prozent immerhin schon sieben Punkte über dem Mai-Wert.

Mehr als die Hälfte (53 Prozent) der 34 Betriebe mit mehr als 10 000
Mitarbeitern benötigt der Umfrage zufolge Kurzarbeit zum Überleben,
25 Prozent planen sie. Betriebsbedingte Kündigungen habe es bei
diesen Unternehmen im Juni aber nicht gegeben. Gut zwei Drittel der
Unternehmen (67 Prozent) gab an, ihre Beschäftigten in den nächsten
drei Monaten halten zu können, 15 Prozent wollen sogar Mitarbeiter
einstellen. Auf der anderen Seite gaben demnach 18 Prozent an, die
Krise nicht komplett ohne Kündigungen bewältigen zu können.

«Luftfahrtindustrie und Fahrzeugbau sowie der Schiffbau wurden in
einem nie dagewesenen Ausmaß von der Krise getroffen. Allerdings
haben wir in Hamburg wohl die Talsohle der Krise erreicht», erklärte
Nordmetall-Vizepräsident Thomas Piehler. Jetzt müsse alles dafür
getan werden, um Auftragslage und Weltmarktposition der Hamburger
Industrie zu stärken. «Nur so kann verhindert werden, dass an Alster
und Elbe aus Kurzarbeitern im schlechtesten Fall Arbeitslose werden.»

Wann Hamburgs Industrie wieder zur alten Stärke zurückkehrt, ist laut
der Umfrage unklar. Nur 23 Prozent der Betriebe erwarteten eine
Rückkehr zur Produktionsauslastung aus Vor-Corona-Zeiten bis zum
Jahresende, 27 Prozent bis Mitte und drei Prozent bis Ende 2021.
Knapp die Hälfte der Befragten vermochte dies nicht abzuschätzen.

Der AGV Nord-Vorsitzende Julian Bonato forderte über das
Konjunkturprogramm hinausgehende Schritte: «Grundsätzliche
Strukturreformen wie Verwaltungsvereinfachung, Bürokratieabbau,
Investitionsanreize und Innovationsförderung fehlen nach wie vor
weitgehend.» Auch flexiblere Arbeitszeitregelungen und neue Branchen-
und Regionen-Zukunftsfonds könnten aus seiner Sicht helfen.