Industrie- und Handelskammertag will Klarheit bei Ausbildungsprämie

Führt die Corona-Krise zu einem Ausbildungsdesaster? Die Befürchtung
besteht. Denn kleine und mittelständische Betriebe sind von der
Pandemie stark betroffen. Aber sie bilden traditionell die meisten
jungen Leute aus. Nun schaltet sich auch der Bundespräsident ein.

Berlin (dpa) - Vor einem Ausbildungsgipfel bei Bundespräsident
Frank-Walter Steinmeier am Dienstag hat der Deutsche Industrie- und
Handelskammertag rasch Klarheit bei der sogenannten Ausbildungsprämie
verlangt. Diese könne «eine Motivation für Betriebe sein, auch unter

schwierigen Bedingungen ihre Ausbildungsanstrengungen
aufrechtzuerhalten», sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer der
Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Die Betriebe müssten nun rasch
Informationen über die Details erhalten. «Sonst warten Unternehmen
natürlich darauf und schließen zunächst die Ausbildungsverträge nic
ht
ab.»

Schweitzer nimmt an diesem Dienstag am Treffen mit Steinmeier teil.
Dazu werden auch der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds,
Reiner Hoffmann, sowie die Präsidenten der Bundesvereinigung der
Deutschen Arbeitgeberverbände, Ingo Kramer, des Bundesverbands der
Deutschen Industrie, Dieter Kempf, und des Zentralverbands des
Deutschen Handwerks, Hans Peter Wollseifer, erwartet.

Hintergrund dieses Treffens ist die Befürchtung, dass viele Betriebe,
die durch die Corona-Pandemie in finanzielle Schwierigkeiten geraten
sind, ihre Ausbildungsaktivitäten einstellen oder reduzieren könnten.

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) hatte Anfang Mai davor
gewarnt, dass die Corona-Krise den schon vorher zu verzeichnenden
Rückgang der Ausbildungsplätze beschleunigen werde. Sie teilte damals
mit, dass ein Minus bei den angebotenen Lehrstellen von knapp acht
Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat verzeichnet worden sei.

Die Bundesregierung will daher eine Ausbildungsprämie für kleine und
mittelständische Unternehmen auf den Weg bringen. Nach den bisher
bekannt gewordenen Plänen sollen Betriebe mit bis zu 249
Beschäftigten, die von der Corona-Krise in erheblichem Umfang
betroffen sind und trotzdem ihr Ausbildungsniveau halten, für jeden
für das Ausbildungsjahr 2020 abgeschlossenen Vertrag einen einmaligen
Zuschuss von 2000 Euro erhalten. Sogar 3000 Euro pro Vertrag soll
erhalten, wer mehr als bisher ausbildet. Beschlossen hat dies das
Kabinett allerdings noch nicht.

Schweitzer sagte der dpa: «Die Corona-Pandemie hat unsere fast 200
000 IHK-Ausbildungsbetriebe mit ihren Azubis und den ehrenamtlichen
Prüfern in eine schwierige Lage gebracht. Kurzarbeit und
Umsatzausfälle in vielen Betrieben, geschlossene Berufsschulen und
verschobene Prüfungen haben eine Ausbildung unter normalen Umständen
vielerorts unmöglich gemacht.» Insgesamt 200 000 Abschlussprüfungen
hätten zunächst abgesagt werden müssen, seien dann aber in der
vergangenen Woche erfolgreich über die Bühne gebracht worden.

«Die in der Allianz für Aus- und Weiterbildung und im Konjunkturpaket
beschlossenen Maßnahmen zur Ausbildung sind für von Corona betroffene
Betriebe deshalb eine wichtige Unterstützung zur rechten Zeit», sagte
Schweitzer. Das gelte außer für die Ausbildungsprämie auch für den

Zuschuss während der Kurzarbeit und die finanzielle Anerkennung bei
der Übernahme von Azubis aus insolventen Betrieben.

«Finanzielle Anreize können dabei nur zusammen mit einem Bündel
weiterer Aktivitäten erfolgreich wirken», betonte Schweitzer. So
komme es in den nächsten Wochen vor allem auch darauf an, noch
suchende Jugendliche und Ausbildungsbetriebe zusammenzubringen, zum
Beispiel über von Industrie- und Handelskammern angebotene virtuelle
Speed Datings oder andere digitale Formate.