Hamburgs Innensenator wegen Stehempfang unter Druck Von Martin Fischer, dpa

Hamburgs Innensenator Grote stößt bei einem Empfang über den Abend
verteilt mit 30 Gästen auf seine Wiederernennung an. Alles unter
Einhaltung der Corona-Regeln, meint der SPD-Politiker. Die Opposition
sieht das freilich anders und fordert seinen Rücktritt.

Hamburg (dpa/lno) - Hamburgs Innensenator Andy Grote ist wegen eines
von ihm trotz Corona-Krise organisierten Empfangs zu seiner
Wiederernennung als Senator auch in der eigenen Partei scharf
kritisiert worden. Bürgermeister Peter Tschentscher (beide SPD)
zeigte sich sehr verärgert und ermahnte seinen Senator in einem
Telefongespräch mit deutlichen Worten. Nach der CDU forderten am
Montag auch Linke und AfD Grotes Rücktritt - trotz einer öffentlichen
Entschuldigung des Senators, der erneut betonte, dass bei dem
Zusammentreffen vor knapp zwei Wochen alle Corona-Regeln eingehalten
worden seien.

Dennoch sei der Empfang, an dem nach Angaben seiner Behörde über den
Abend verteilt 30 Menschen teilnahmen, ein Fehler gewesen, räumte
Grote ein. «In einer Zeit, in der viele aufgrund der strikten Regeln,
die gelten, auf vieles verzichten müssen, darf einfach nicht der
Eindruck entstehen, dass ausgerechnet der Innensenator es mit den
Regeln nicht so genau nimmt», sagte Grote dem Sender NDR 90,3. «Ich
entschuldige mich dafür ausdrücklich.»

Tschentscher habe Grote deutlich gemacht, dass dies ein Fehler
gewesen sei, «der nur ein Mal passiert», erfuhr die Deutsche
Presse-Agentur aus Senatskreisen. Einen Grund für einen Rücktritt
sieht man im Rathaus aber bisher nicht. Tschentscher hatte im
Zusammenhang mit der Corona-Pandemie auch auf Bundesebene in den
vergangenen Wochen immer wieder zur Vorsicht gemahnt und vor
vorschnellen Lockerungen gewarnt.

Der CDU-Innenexperten Dennis Gladiator sprach nach Grotes
Entschuldigung von «fadenscheinigen Ausreden, Umdeutungen und
Wortklauberei». Dies mache deutlich, dass Grote «das Wasser bis zum
Hals steht». Der Senator hätte «den Verstoß gegen die Corona-Regeln
»
einräumen müssen. Ein ehrliches Bitten um Entschuldigung setze
Einsicht in eigene Fehler voraus. «Diese fehlt Grote aber komplett.»

Auch der innenpolitische Sprecher der Linken, Deniz Celik, nannte
Grotes Entschuldigung «völlig substanzlos, weil er ja nach wie vor
kein Fehlverhalten einsieht». Damit habe er seine Glaubwürdigkeit
verspielt. Es sei «der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen

bringt», sagte Celik und verwies darauf, dass Grote sich schon «durch
die von ihm zu verantwortenden eklatanten Grundrechtsverletzungen
während des G20-Gipfels als Innensenator disqualifiziert» habe.

Auch die AfD sprach von einer «halbherzigen Entschuldigung» und
forderte den Rücktritt Grotes. «Ein Senator, der sich nicht an
Gesetze und Auflagen hält, ist nicht mehr tragbar», sagte
Fraktionschef Dirk Nockemann. «Es zeugt von einer unglaublichen
Arroganz, dass er sich über gesundheitliche Bedenken hinwegsetzt.»

Die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels forderte Grote auf, entweder
zu beweisen, dass die Abstands- und Hygieneregeln eingehalten wurden,
oder die Konsequenzen zu ziehen. Ein «Grenzfall-Verursacher» könne
nicht Innensenator bleiben, sagte sie.

«Es ist festzuhalten, dass Andy Grote als Innensenator in den letzten
Jahren sehr gute Arbeit geleistet hat», sagte SPD-Fraktionschef Dirk
Kienscherf. Er begrüßte die Entschuldigung seines Parteikollegen.
«Das ist wichtig, auch wenn er noch einmal klargestellt hat, dass die
Regeln eingehalten wurden.» Auf keinen Fall dürfe der Eindruck
entstehen, dass die Regeln nicht gleichermaßen für alle gälten.

Schon am Wochenende hatte die Innenbehörde Berichte über eine Party
als unwahr zurückgewiesen und von einem lockeren Zusammentreffen
gesprochen, das eher den Charakter eines Stehempfangs gehabt habe.
Über den gesamten Abend hinweg waren demnach in Summe rund 30
Personen vor Ort, jedoch regelmäßig nur etwa 15 gleichzeitig.

Der Vorgang sei bereits behördenintern an die Bußgeldstelle gegangen
und werde dort im normalen Verfahren geprüft, hieß es. Am Donnerstag
will sich der Innenausschuss der Bürgerschaft mit dem Fall
beschäftigen.