Türkischer Außenminister enttäuscht über Einstufung als Risikogebie t

Die Türkei ist bei deutschen Touristen beliebt. Doch das Land gilt
als Corona-Risikogebiet, und auch die Reisewarnung wird wohl nicht
zeitnah aufgehoben. Ankara findet das unfair. Kritik kommt aber auch
von anderer Seite.

Antalya (dpa) - Die Türkei wirbt trotz Reisewarnung und Einstufung
als Corona-Risikogebiet durch die Bundesregierung weiter um deutsche
Touristen. Außenminister Mevlüt Cavusoglu zeigte sich am Samstag
enttäuscht über die Kategorisierung. Es gebe dazu «keinen objektiven

und wissenschaftlichen Grund», sagte er auf einer gemeinsamen
Pressekonferenz mit Tourismusminister Mehmet Nuri Ersoy im Urlaubsort
Antalya.

«Natürlich sind wir enttäuscht, aber ich denke nicht, dass das unsere

bilateralen Beziehungen beeinträchtigt», betonte Cavusoglu zudem. Er
wolle weiter mit Deutschland im Dialog bleiben und die
Bundesregierung davon überzeugen, ihre Position zu ändern. Es handele
sich nicht um eine Konfrontation.

Die Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) forderte ebenfalls
Reiseerleichterungen mit der Türkei und forderte mehr Informationen
von der Bundesregierung. «Millionen türkeistämmige Bürger würden
im
Sommer gern ihre Verwandten in der Türkei besuchen, aber die
Ungewissheit ist groß - uns erreichen immer mehr Anfragen und
Anrufe», sagte der TGD-Vorsitzende Gökay Sofuoglu dem
Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Sonntag).

Auch der Istanbuler Bürgermeister von der größten Oppositionspartei
CHP, Ekrem Imamoglu, kritisierte für die Türkei geltende
Beschränkungen. «Ich finde es sehr falsch, dass manche Länder Europas

die Türkei ausklammern und eine Reisebeschränkung oder Reisewarnung
anwenden», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Der Tourismus sei
für die Millionenmetropole und für die gesamte Türkei wichtig,
betonte er.

Für die Türkei gilt zunächst noch bis zum 31. August eine
Reisewarnung des Auswärtigen Amtes, auch Österreich hat eine
Reisewarnung für das Land ausgesprochen. Reisen in die Türkei aus dem
Nachbarland Griechenland sind zudem eingeschränkt - die Landesgrenze
ist von griechischer Seite geschlossen.

Die Bundesregierung hatte die Türkei am Montag zusammen mit 130
weiteren Ländern zudem als Corona-Risikogebiet eingestuft. Menschen,
die aus einem Risikogebiet in Deutschland einreisen, müssen mit einer
14-tägigen Quarantäne rechnen. Allerdings können Urlauber aus der
Türkei von der Quarantäneregelung befreit werden, wenn sie bei der
Einreise nach Deutschland einen negativen Corona-Test vorweisen
können, der nicht älter als 48 Stunden ist.

Cavusoglu betonte, die Türkei habe die Kapazitäten, solche
Corona-Tests durchzuführen. Lege man objektive Kriterien wie
Fallzahlen an, sei die Türkei besser durch die Coronakrise gekommen
als viele andere Staaten. Die Türkei habe zudem wie auch Deutschland
«eines der besten Gesundheitssysteme der Welt». Tourismusminister
Ersoy wies zudem Vorwürfe von Kritikern zurück, wonach die
offiziellen Fallzahlen falsch seien. Die Daten, die das
Gesundheitsministerium bekannt gebe, seien «absolut korrekt».

Die Türkei hat ein Zertifikationsprogramm für «sicheren Tourismus»

entwickelt, an dem Hotels freiwillig teilnehmen können. Die
Einrichtungen werden unter anderem vom Tüv Süd geprüft. Cavusoglu und

Ersoy stellten in Antalya zudem eine Versicherung vor, die im
Internet und an Flughäfen verkauft wird und Behandlungskosten bis zu
7000 Euro abdecken soll - falls die deutsche Versicherung nicht
zahlt. Die beiden Minister werben damit um Vertrauen.

Der Tourismus ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige des Landes.
Vergangenes Jahr machten nach offiziellen Angaben mehr als fünf
Millionen Deutsche Urlaub in der Türkei. In dem bei Deutschen
besonders beliebten Urlaubsort Antalya wurden bislang insgesamt 472
Coronavirus-Infizierte registriert, von denen 366 wieder genesen
sind, wie nun bekanntgegeben wurde. Insgesamt wurden in der Türkei
mit ihren etwa 83 Millionen Einwohnern nach offiziellen Angaben rund
185 000 Coronavirus-Fälle und 4905 Todesfälle registriert.