Kitas im Norden von Montag an wieder im Regelbetrieb

Jetzt wieder alles ganz normal an den Kitas im Norden? Zumindest soll
der uneingeschränkte Regelbetrieb wieder laufen. Minister Garg nennt
den Schritt verantwortungsvoll und geboten. Die Gewerkschaft GEW
sieht das ganz anders.

Kiel (dpa/lno) - Weitere Lockerung in der Corona-Krise: Von Montag an
können in Schleswig-Holstein die Kitas in den vollständigen
Regelbetrieb zurückkehren. Alle Kinder dürfen wieder in der regulären

Gruppengröße von bis zu 20 Mädchen und Jungen betreut werden. Laut
Sozialministerium kann damit die Auslastung von 75 Prozent wieder in
Richtung 100 Prozent zunehmen. Nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie
hatte es zunächst nur noch Notbetreuungen gegeben; nach und nach
durften wieder mehr Kinder aufgenommen werden.

Laut Sozialministerium betreuen im Norden 1800 Einrichtungen 114 000
Kinder. Falls erforderlich, haben die Kitas bis zum vollständigen
Regelbetrieb noch eine Übergangszeit bis zum 29. Juni, wenn dies mit
den zuständigen örtlichen Behörden abgestimmt ist. Dann gilt mit
Beginn der Sommerferien überall im Land der uneingeschränkte
Regelbetrieb - weiterhin unter Auflagen zu Hygiene- und
Schutzmaßnahmen.

«Vor dem Hintergrund des niedrigen Infektionsgeschehens ist der
Übergang in den Regelbetrieb nicht nur verantwortungsvoll, sondern
geboten», sagte Familienminister Heiner Garg (FDP) der Deutschen
Presse-Agentur. «Eine weitere Schließung wäre unverhältnismäßig

Garg dankte den Familien und Kitas: Sie hätten mit ihrem Einsatz dazu
beigetragen, dass jetzt der nächste Schritt folgen könne. «Die
vergangenen Wochen haben gezeigt, dass Träger, Einrichtungsleitungen
und die pädagogischen Fachkräfte sehr verantwortungsvoll und mit viel
Engagement und Kreativität auf die Situation reagiert haben.» Die
Einschränkungen und fehlenden sozialen Kontakte in den letzten
Monaten hätten die Kleinsten und ihre Familien besonders getroffen.

Viele Erzieherinnen, Eltern und Kinder wünschten sich eine Rückkehr
zur Normalität, erklärte die Gewerkschaft GEW. Trotz minimaler
Infektionszahlen seien die Kitas für diesen Schritt aber nicht
wirklich gerüstet. «Was schon für normale Zeiten gilt, fällt unter

Pandemie-Bedingungen besonders negativ ins Gewicht», sagte
Landesgeschäftsführer Bernd Schauer der dpa. «Zu dünne Personaldeck
e,
zu große Gruppen.» Mit der Rückkehr zum Normalbetrieb ließen sich
feste Gruppen nicht aufrechterhalten. Das gelte besonders für
Randzeiten. «Das erhöht einerseits die Ansteckungsgefahr, anderseits
die Wahrscheinlichkeit, dass im Falle einer einzelnen Infektion die
gesamte Einrichtung unter Quarantäne gestellt werden muss.»

Weil Abstand halten in der pädagogischen Arbeit mit kleinen Kindern
nicht funktionieren könne, wäre es umso wichtiger, die Gruppen so
klein wie möglich zu halten, erläuterte Schauer. «Den Widerspruch,
warum eine Erzieherin beim Einkauf im Supermarkt 1,50 Meter Abstand
halten und einen Mundschutz tragen, sich in der Kita aber oft um mehr
als 20 Kinder kümmern soll, konnte die Politik bisher nicht
auflösen.»

Die Landesregierung und die Kita-Träger als Arbeitgeber müssten den
Gesundheitsschutz für ihre Beschäftigten sicherstellen, sagte
Schauer. Die Gesundheitsgefährdung müsse in einem vertretbaren Rahmen
bleiben. Angehörige von Risikogruppen seien vom Gruppendienst
freizustellen. Wer es wünsche, sollte sich auf das Virus testen
lassen dürfen. Für unverzichtbar halte es die GEW, dass die
Kita-Träger das Reinigungspersonal kurzfristig aufstocken. «Die viel
zu wenigen Erzieherinnen und sozialpädagogischen Assistentinnen
können nicht auch noch mit Lappen und Desinfektionsmittel durch die
Gebäude wuseln, um Mindeststandards für den Infektionsschutz
sicherstellen.»