Berliner Fußball-Verband will aus der Krise: «Unruhe bereinigen» Von Jens Mende, dpa

Statt 1500 Fußballspiele pro Wochenende nur Stillstand: Der Ball auf
Berlins Amateurplätzen ruht noch immer. Ein Verbandstag soll erste
Antworten auf dem Weg aus der Krise geben. Die ist nicht nur in der
Corona-Pandemie begründet.

Berlin (dpa) - Corona-Krise, Rücktritte und Konflikte in der
Chefetage: Der Berliner Amateur-Fußball sucht den Ausweg aus seiner
größten Krise nach der Wiedervereinigung. «Das ist sicherlich so,
dass wir eine gewisse Unruhe haben», erklärte Bernd Schultz, der seit
16 Jahren als Präsident den Fußball-Verband der Hauptstadt BFV führt.


Die Herausforderungen sind riesig, am Samstag soll ein
außerordentlicher Video-Verbandstag zumindest erst einmal Klarheit
schaffen, wie die derzeit auf Eis liegende Saison der 200 Berliner
Vereine beendet und gewertet wird. Wie es weitergeht mit den üblichen
1500 Spielen pro Wochenende, ist ungewiss. Die immer neuen
Corona-Verordnungen sorgen noch mehr für Verwirrungen als Klarheit.

Schultz schlägt als Krisenmanager nicht erst seit der Corona-Krise
Gegenwind entgegen - auch aus den eigenen Reihen. Eine Gruppe um
seinen Vizepräsidenten Jörg Wirtgen hatte die Bedenken, die seit dem
Schiedsrichterstreit im Herbst des Vorjahres schwelen und aus
verschiedenen Gründen zu einer Reihe von Rücktritten im BFV-Präsidium

führten, öffentlich gemacht und die Befähigung von Schultz als
Veränderer in Frage gestellt. Über die Jahre habe Schultz einen
richtig guten Job gemacht. Aber: «Die Zeit der Dinosaurier ist längst
vorbei», sagte Wirtgen vor zwei Wochen im «Tagesspiegel».

Inzwischen habe man zumindest wieder zu einer konstruktiven
Zusammenarbeit zusammengefunden, bemerkte Schultz. Näher will sich
der 62-Jährige dazu derzeit nicht äußern: «Wir überlegen gerade
gemeinsam, wie wir die Unruhe bereinigen.» Am Mittwoch sollen bei
einer Sitzung des zwölfköpfigen Präsidiums alle Themen auf den Tisch.

Die nächste Präsidiumswahl ist für den November 2021 terminiert,
möglicherweise wird dieser ordentliche Verbandstag vorgezogen.

Am Samstag sollen die Vereine zunächst über die aktuell ruhende
Saison entscheiden. Bei einer Zwei-Drittel-Mehrheit für Abbruch
stehen drei Wertungs-Modelle zur Wahl: Die gesamte Spielzeit wird
annulliert, es gibt weder Auf- noch Absteiger. Oder es zählt die
Hinrunden-Tabelle. Dritte und favorisierte Variante: Der Aufstieg
entscheidet sich nach dem Tabellenstand zum 12. März. Bei Teams mit
einer unterschiedlichen Zahl von Spielen gilt die Quotientenregel.
Bei den Varianten zwei und drei muss kein Verein absteigen.

Eine Ausnahme machen die Pokal-Wettbewerbe, die fortgesetzt werden
sollen, wenn es die Corona-Verordnung zulässt. Das Endspiel soll
nicht vor dem 1. August 2020, die Halbfinal-Spiele idealerweise bis
zu sieben Tage vor dem Finale stattfinden. Ob wegen der Corona-Krise
der bundesweite Finaltag der Amateure ausgetragen wird, ist offen.
Auf jeden Fall soll mit den Terminen die rechtzeitige Anmeldung des
Berliner Pokalsiegers für den DFB-Pokal 2020/21 ermöglicht werden.

Etwaige Quarantäne-Maßnahmen und damit verbundene Auflagen stufen die
noch beteiligten Vereine allerdings als «unverhältnismäßig» ein u
nd
lehnen sie ab. «Wir hoffen, das wir bald zu unserm Fußball
zurückkehren, den wir lieben. So lange es Kontaktbeschränkungen und
Mindestabstände gibt, wird es schwierig bleiben», sagte Schultz.