Neue Beschlüsse zu Corona - Bund und Länder wieder einig

Bund und Länder haben am Mittwoch ihren Corona-Streit beendet und
sich auf einen gemeinsamen Kurs durch die Krise verständigt. Es gibt
einige Ausnahmen.

Berlin (dpa) - Nach längerem Streit herrscht Einigkeit: Bund und
Länder haben sich am Mittwoch vorerst wieder auf eine gemeinsame
Grundstrategie in der Corona-Pandemie verständigt. Der Kompromiss
setzt etwa neben der bundesweiten Fortsetzung des Mindestabstands,
verstärkten Hygiene-Maßnahmen sowie dem Tragen von
Mund-Nasen-Bedeckungen ein weiteres Verbot für Großveranstaltungen -
mit denkbaren Ausnahmen. Die müssen laut dem nordrhein-westfälischen
Ministerpräsidenten Armin Laschet von Fall zu Fall entschieden
werden. Der CDU-Vize sagte am Mittwoch nach dem Treffen der
Länderregierungschefs mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU): «Was sicher

auf absehbare Zeit nicht geht, sind Großpartys, sind
Ischgl-Ereignisse oder etwas Ähnliches, wo Alkohol und Enge
miteinander verbunden sind.»

Aber etwa Konzertveranstaltungen, bei denen man wisse, wer teilnehme,
wie die Abstände untereinander seien - «über sowas wird man
nachdenken können. Und das liegt dann an jedem Gesundheitsamt zu
beurteilen, sind die Konzepte so, dass man so etwas genehmigen kann»,
argumentierte der Bewerber um den CDU-Vorsitz. Die
rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sagte mit
Blick auf das Veranstaltungsverbot, Ende Oktober sollte Bilanz
gezogen und neu überlegt werden.

Wesentliche Beschlüsse:

- Bund und Länder halten an den bisherigen Regeln zu Mindestabstand
und Hygienemaßnahmen vorerst fest: 1,5 Meter Abstand, verstärkte
Hygiene, Masken in bestimmten öffentlichen Bereichen,
Kontaktbeschränkungen.

- Bei höherem Infektionsgeschehen können weitergehende
Kontaktbeschränkungen erlassen werden.

- Die Länder streben an, spätestens nach den Sommerferien in den
schulischen Regelbetrieb zurückzukehren und zeitnah auch zu einem
möglichst vollständigen Regelbetrieb der Kinderbetreuungsangebote.

- Großveranstaltungen wie Volks- und Straßenfeste oder
Kirmesveranstaltungen bleiben noch bis mindestens Ende Oktober
verboten. Dies gelte für solche Veranstaltungen, bei denen eine
Kontaktverfolgung und die Einhaltung von Hygieneregeln nicht möglich
sei.

- Die Kapazitäten für gezielte Testungen, vor allem in Einrichtungen
mit besonders anfälligen Personengruppen, sollen ausgebaut werden.

Besonders der Passus zu den Schulen erntete Kritik. Mehrere
Lehrerverbände befürchten mit Blick auf den angestrebten Regelbetrieb
eine beachtliche Personallücke an Schulen wegen Risikogruppen in der
Lehrerschaft, wie die «Welt» (Donnerstag) schreibt. So schätzten der

Deutsche Lehrerverband und der Verband Bildung und Erziehung die
möglichen Ausfälle im nächsten Schuljahr auf etwa 10 Prozent, die
GEW und der Grundschulverband gehen sogar von 20 Prozent aus.

Der Städte- und Gemeindebund hat weitere Bedenken. «Die Anzahl der
Schülerinnen und Schüler und die verfügbaren Räumlichkeiten in den

Schulen machen es sehr schwierig, die Hygiene- und Abstandsregelungen
einzuhalten», sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der «Passau
er
Neuen Presse» (Donnerstag).

Die für Bildung zuständigen Kultusminister der Länder beraten an
diesem Donnerstag in einer Videokonferenz über die Rückkehr zum
vollständigen Schulbetrieb nach den Sommerferien. Sie hatten mehrfach
deutlich gemacht, dass nach den Sommerferien an den Schulen auch die
Abstandsregel fallen soll. Im Abschlussdokument nach den
Verhandlungen mit der Kanzlerin tauchte ein entsprechender Passus am
Mittwoch dann aber nicht mehr auf.

Das Treffen zwischen Merkel und den Länderchefs war die erste
persönliche Zusammenkunft seit dem 12. März - bislang wurde in
Videoschalten beraten. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow
(Linke) unterstrich am Mittwochabend, mit dem ersten persönlichen
Treffen der Politiker bei der Kanzlerin werde deutlich, dass man in
eine Normalisierung gehe. «Das heißt aber nicht, dass damit das Virus
ungefährlich geworden wäre. Es heißt auch nicht, dass das Virus nicht

mehr da wäre.» Auch andere Ministerpräsidenten mahnten zu weiterer
Vorsicht. Kanzlerin Merkel betonte: «So lange es kein Medikament
gibt, so lange es keinen Impfstoff gibt, müssen wir mit der Pandemie
leben.»