Bund und Länder beenden Corona-Streit - Schulalltag nach den Ferien? Von Marco Hadem, Jörg Blank und Ruppert Mayr, dpa

Schule, Großveranstaltungen, Masken, Mindestabstand: Kurz vor der
politischen Sommerpause haben sich Bund und Länder wieder auf einen
gemeinsamen Kurs durch die Krise verständigt - mit vielen
Spielräumen. Ob das gut geht?

Berlin (dpa) - Nach Wochen voller Streit haben sich Bund und Länder
zur weiteren Eindämmung der Corona-Pandemie vorerst wieder auf eine
gemeinsame Grundstrategie geeinigt. Der am Mittwoch in Berlin
beschlossene Kompromiss setzt insbesondere weiterhin auf die
bundesweite Fortsetzung des Mindestabstands von 1,5 Metern,
verstärkte Hygiene-Maßnahmen sowie das Tragen von
Mund-Nasen-Bedeckungen in bestimmten Bereichen. Er sieht bei einem
positiven Infektionsverlauf aber auch die Rückkehr der Schulen in
Regelbetrieb bis spätestens nach den Sommerferien und lockert das
Verbot für Großveranstaltungen durch denkbare Ausnahmen.

«Das ist der Kern», sagte Merkel nach dem Ende der
Ministerpräsidentenkonferenz. Derzeit seien Ausbruchsgeschehen gerade
dort festzustellen, wo die Abstandsregeln nicht eingehalten werden.
«So lange es kein Medikament gibt, so lange es keinen Impfstoff gibt,
müssen wir mit der Pandemie leben.» Einen Tag nach dem Beginn der
Corona-Warn-App zog sie zudem eine positive erste Bilanz: Es sei «ein
ganz guter Start, der natürlich noch verstetigt werden muss». Die
App, die bisher etwa sieben Millionen Mal heruntergeladen wurde, sei
«ein Meilenstein in der Corona-Bekämpfung». Gleichwohl erklärte sie
,
dass sie sich derzeit keine Gedanken über eine möglicherweise
drohende zweite Welle von Infektionen mache.

Erstmals seit März hatten sich die Regierungschefs von Bund und
Länder wieder zu einer Präsenzsitzung in Berlin getroffen. Bayerns
Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der auch derzeit Vorsitzender
der Ministerpräsidentenkonferenz ist, lobte die gute Zusammenarbeit.
Es sei von «wichtiger Bedeutung», dass alle Länder die
Grundphilosophie weiter mittragen. Weiter: «Es eint uns, dass es ohne
Vernunft nicht geht. Erleichterung ja, aber mit Umsicht und
Köpfchen.» Die Grundregeln zu den Kontaktbeschränkungen müssten
weiter gelten für die nächsten Monate.

Auch Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) warnte vor einer
falschen Sicherheit: Die geringe Zahl an Corona-Neuinfektionen «darf
uns nicht zu dem Irrtum führen, dass wir die Dinge weniger ernst
nehmen», sagte er. «Wir müssen weiter sehr, sehr vorsichtig durch
diese Pandemie steuern.»

Tschentscher lobte wie Merkel zudem, dass sich Bund und Länder auch
über das von Union und SPD erarbeitete Konjunkturpaket zum Anschub
der Wirtschaft nach der Corona-Krise einig geworden seien. Das Paket
hat einen Umfang von 130 Milliarden Euro. Es soll die Bürger etwa
durch eine befristete Mehrwertsteuersenkung wieder in Konsumlaune
bringen und dadurch zur Erholung der Wirtschaft beitragen. Dagegen
konnten sich die Ministerpräsidenten und Merkel im Streit über die
Finanzierung des Ganztagsausbaus an Grundschulen noch nicht einigen.

Der Corona-Beschluss sieht zudem vor, dass überall wo die regionale
Dynamik im Infektionsgeschehen mit mehr als 50 Neuinfektionen pro 100
000 Einwohner in sieben Tagen es erfordert, weitergehende
Kontaktbeschränkungen erlassen werden können. So soll ein
überregionales Infektionsgeschehen verhindert werden. Im Gegenzug
sind bei niedrigen Fallzahlen auch weitergehende Lockerungen möglich.

Die Kapazitäten für gezielte Testungen vor allem in Einrichtungen mit
besonders anfälligen Personengruppen sollen zudem ausgebaut werden.
Die Bürger bleiben aber gehalten, ihre Kontakte zu anderen Personen
möglichst gering zu halten. Dies war nach den auseinanderdriftenden
Einzelregeln der Länder zuletzt in Zweifel gezogen worden.

Ferner streben die Länder wegen der sinkenden Infektionszahlen in den
vergangenen Wochen an, spätestens nach den Sommerferien den
schulischen Regelbetrieb zu starten. Zeitnah soll auch von der
Notbetreuung zu einem möglichst vollständigen Regelbetrieb der
Kinderbetreuungsangebote zurückgekehrt werden.

Das bis Ende August geltende Verbot für Großveranstaltungen soll bis
mindestens Ende Oktober grundsätzlich verlängert werden, jedoch sieht
die Einigung auch Möglichkeiten für Ausnahmen zu. Das Verbot gelte
für solche Veranstaltungen, «bei denen eine Kontaktverfolgung und die
Einhaltung von Hygieneregelungen nicht möglich ist».

Am 12. März hatten sich Merkel und die Länderchefs zum letzten Mal
persönlich im Kanzleramt getroffen. Danach wurde das öffentliche
Leben in Deutschland wegen der Pandemie heruntergefahren: Schulen und
Kitas wurden geschlossen, Restaurants, Bars und andere Einrichtungen
ebenso. Die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten hatten seitdem in
Videoschalten über das Vorgehen in der Corona-Pandemie beraten.

Der Kurs von Bund und Ländern in der Pandemie war aber seit Anfang
Mai auseinandergedriftet. Während Bayern etwa einen betont langsamen
Kurs bei Lockerungen gewählt hat, drücken andere Länder wie Thüring
en
mit deutlich weniger Fallzahlen sehr aufs Tempo. In Sachsen wurde
bereits über ein Ende der Maskenpflicht beim Einkaufen nachgedacht.