Länder wollen Großveranstaltungen bis Oktober verbieten - Ausnahmen

Über die Corona-Lockerungen kam es zum Streit zwischen Bund und
Ländern aber auch unter den Ländern selbst. Kurz vor der Sommerpause
ringen sie nun um neue Beschlüsse und eine einheitlicheren Kurs.

Berlin (dpa) - Die Bundesländer wollen Großveranstaltungen wegen der
Corona-Krise bis Ende Oktober grundsätzlich verbieten, aber Ausnahmen
zulassen. Das Verbot gelte für solche Veranstaltungen, «bei denen
eine Kontaktverfolgung und die Einhaltung von Hygieneregelungen nicht
möglich ist», heißt es in einem der Deutschen Presse-Agentur in
Berlin vorliegenden Formulierungsvorschlag für das Treffen der
Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am
Mittwochnachmittag.

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet
(CDU) erläuterte nach einem Treffen der Länderregierungschefs in
Berlin: «Bei Großveranstaltungen haben wir jetzt die Frist 31.
Oktober. Aber wir haben ein paar Kriterien, wenn zum Beispiel
rückverfolgbar ist, wer wo gesessen hat, dass man auch schon vorher
größere Veranstaltungen durchführen kann.»

Und der schleswig-holsteinische Regierungschef Daniel Günther (CDU)
sagte der dpa, Großveranstaltungen sollten ab dem 1. September
möglich sein, aber nur dann, wenn Kontaktbeschränkungen und
Hygienekonzepte eingehalten würden. Auf Nachfrage, wie das
beispielsweise bei Fußballspielen aussehen könnte, sagte Günther,
über die konkrete Ausgestaltung habe man nicht gesprochen. Es gehe um
eine grundsätzliche Vereinbarung. Bisher galt die zeitliche
Begrenzung für das Verbot von Großveranstaltungen bis zum 31. August.

Nach den Streitereien der vergangenen Wochen wegen sehr
unterschiedlicher Vorstellungen über die möglichen Lockerungen der
anfänglich scharfen Corona-Beschränkungen suchen Bund und Länder in
Berlin nun nach einer gemeinsamen Linie für den weiteren Umgang mit
der Pandemie. Eine zentrale Rolle spielen dabei neben den
Großveranstaltungen auch eine Einigungen zur Öffnung von Schulen, die
Fortführung von Maskenpflicht sowie Abstandsregelungen.

Die Länder streben - bei weiterhin positivem Verlauf des
Infektionsgeschehens - zudem an, spätestens nach den Sommerferien in
den schulischen Regelbetrieb zurückzukehren, auf Grundlage der
Schutz- und Hygienekonzepte. «Zeitnah» solle auch von der
Notbetreuung zu einem möglichst vollständigen Regelbetrieb der
Kinderbetreuungsangebote zurückgekehrt werden.

Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sagte der dpa:
«Es ist auf jeden Fall wichtig, dass wir uns verständigen, dass
Großveranstaltungen weiterhin entweder gar nicht oder nur unter sehr
strengen Auflagen durchgeführt werden sollen.» Brandenburgs
Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) ergänzte: «Das erste und
wichtigste Ziel ist es, zu vermeiden, dass es zu einer zweiten Welle
in Deutschland kommt, und deswegen werden wir uns weiter einschränken
müssen.»

Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) hatte am Dienstag in
München bereits erklärt, dass «auf jeden Fall» eine Verlängerung

beschlossen werden solle, dies sei Konsens unter den Ländern. Aus
Länderkreisen hieß es, an der Vorlage, die auch als Grundlage für das

Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Nachmittag diente, sei
bereits intensiv mit dem Kanzleramt gearbeitet worden.

Am 12. März hatten sich Merkel und die Länderchefs zum letzten Mal
persönlich im Kanzleramt getroffen. In den Tagen danach wurde das
öffentliche Leben in Deutschland wegen der Pandemie schrittweise
heruntergefahren: Schulen und Kitas wurden geschlossen, Restaurants,
Bars und andere Einrichtungen ebenso. Die Kanzlerin und die
Ministerpräsidenten hatten seitdem in mehreren Videoschalten über das
weitere Vorgehen in der Corona-Pandemie beraten.

Die Länder streben zudem laut Vorlage eine Einigung über die
gemeinsame Fortsetzung von Regeln zu Mindestabstand und Hygiene an.
Dies war nach den zuletzt auseinanderdriftenden Einzelregeln der
Länder in Zweifel gezogen worden. Auf Länderseite wurde eine mögliche

Einigung in diesem Punkt als bedeutend hervorgehoben.

In dem Papier heißt es, der Mindestabstand von 1,5 Metern, verstärkte
Hygiene-Maßnahmen sowie das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen in
bestimmten öffentlichen Bereichen, insbesondere im öffentlichen
Personennahverkehr und im Einzelhandel, hätten sich bewährt und
sollten grundsätzlich fortgeführt. Bürgerinnen und Bürger seien
angehalten, ihre Kontakte zu anderen Personen möglichst gering zu
halten.

Der Kurs von Bund und Ländern in der Pandemie war seit Anfang Mai
auseinandergedriftet. Während Bayern etwa einen betont langsamen Kurs
bei Lockerungen gewählt hat, drücken andere Länder wie Thüringen mi
t
deutlich weniger Fallzahlen sehr aufs Tempo. Auch in Sachsen wurde
jüngst bereits über ein Ende der Maskenpflicht beim Einkaufen
nachgedacht.

Vor dem Hintergrund der Debatten über weitere Lockerungen hatte
Merkel erst am Dienstag erneut eindringlich vor einem Rückschlag
gewarnt: «Wir müssen sehr vorsichtig sein, damit wir die schon
schwierige Lage in der Wirtschaft nicht noch mal verschlechtern»,
warnte die Kanzlerin nach Angaben von Teilnehmern in der Sitzung der
Unionsfraktion im Bundestag.