Bundesregierung stuft Türkei als Corona-Risikogebiet ein Von Michael Fischer und Mirjam Schmitt, dpa

Für Europa ist die Lage ziemlich klar: Der Urlaub kann beginnen. Aber
was ist mit den anderen Ländern? Eine Risikoliste der Bundesregierung
gibt dafür jetzt neue Anhaltspunkte. Darauf steht ein Land, dass bei
deutschen Touristen besonders beliebt ist.

Berlin (dpa) - Die Bundesregierung hat die Türkei zusammen mit 130
weiteren Ländern als Corona-Risikogebiet eingestuft. Auf der Liste,
die bereits am Montag zum ersten Mal vom Robert-Koch-Institut (RKI)
veröffentlicht wurde und nun regelmäßig aktualisiert wird, stehen
auch andere beliebte Urlaubsländer der Deutschen wie Ägypten,
Thailand und Marokko.

Einreisende aus einem Risikogebiet müssen damit rechnen, dass sie 14
Tage in Quarantäne müssen. Für diese Länder ist unter anderem
deswegen eine Aufhebung der immer noch für mehr als 160 Länder
außerhalb der Europäischen Union geltende Reisewarnung nach jetzigem
Stand unwahrscheinlich. Es gebe aber «keine Automatismen», betonte
ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Mittwoch.

Vor allem die Türkei, das drittbeliebteste Urlaubsland der Deutschen
nach Spanien und Italien, dringt auf eine Aufhebung dieser
Reisewarnung und wirbt um deutsche Touristen. Der türkische
Außenminister Mevlüt Çavusoglu hatte sich vor wenigen Tagen
enttäuscht über die Beibehaltung der Reisewarnung gezeigt. «Die
wissenschaftlichen Gründe hinter der Entscheidung sind für uns nur
schwer zu verstehen», sagte er dem «Spiegel». Alles sei vorbereitet
für eine sichere Reise in die Türkei.

NEUINFEKTIONEN IN DER TÜRKEI STARK GESTIEGEN

Am Dienstagabend meldete der türkische Gesundheitsminister Fahrettin
Koca allerdings rund 1500 Neuinfektionen in 24 Stunden - fast doppelt
so viele wie Anfang Juni (rund 800). Zum Vergleich: In Deutschland,
wo wie in der Türkei rund 83 Millionen Menschen leben, wurden am
Mittwochmorgen 345 Neuinfektionen in 24 Stunden gemeldet.

Die offiziellen Fallzahlen der Türkei werden in der Bundesregierung
ohnehin mit Skepsis betrachtet. Zur Beurteilung von Risikogebieten
kommt es nicht nur auf die reine Datenlage an - es geht auch um
Transparenz. Die Türkei erklärt zwar, dass die Infektionszahlen in
Tourismusgebieten gering und Intensivbetten ausreichend sind, eine
regionale Aufschlüsselung der Fallzahlen gibt sie allerdings nicht
bekannt. Das dürfte in Berlin nicht für Vertrauen sorgen.

Die Türkei versucht aber, mit einem Zertifikationsprogramm zu
punkten, das auch vom TÜV Süd geprüft wird. Hotels und Gastronomen
können daran freiwillig teilnehmen. Dazu muss ein ganzer Katalog von
Auflagen erfüllt werden. Am Stränden etwa muss ein Sicherheitsabstand
eingehalten und Gebrauchsgegenstände in Räumen desinfiziert werden.
In Hotels und Flughäfen werden Wärmebildkameras eingesetzt. Reisende
müssen sich nach Angaben des Innenministeriums bei der Einreise zudem
einem Gesundheitscheck unterziehen. Bei Symptomen und Bedarf kann
demnach ein kostenloser Coronatest gemacht werden.

MEHR ALS 30 NICHT-EU-STAATEN KEINE RISIKOGEBIETE

Die Bundesregierung hatte die wegen der Corona-Pandemie verhängte
weltweite Reisewarnung für Touristen am Montag für 27 europäische
Länder aufgehoben. Für mehr als 160 Staaten außerhalb der EU besteh
t
sie zunächst bis zum 31. August weiter, kann aber für einzelne Länder

auch vorher aufgehoben werden.

Für ein Risikogebiet ist das aber unwahrscheinlich, weil die
Kriterien denen ähneln, die bei der Reisewarnung angewendet werden.
Ausschlaggebend für eine Einstufung als Risikogebiet ist wie bei der
Reisewarnung die Zahl der Neuinfektionen. Sind es mehr als insgesamt
50 auf 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche, gilt ein Land als
Risikogebiet. Aber auch wenn die Infektionszahl niedriger liegt, kann
ein Land zum Risikogebiet erklärt werden - zum Beispiel bei
mangelnden Testkapazitäten oder unzureichenden Maßnahmen zur
Eindämmung der Pandemie. «Ebenso wird berücksichtigt, wenn keine
verlässlichen Informationen für bestimmte Staaten vorliegen», heißt

es auf der Internetseite des RKI.

Die Länder außerhalb der EU, die nicht als Risikogebiet eingestuft
wurden, können sich dagegen nun Hoffnung auf eine Aufhebung der
Reisewarnung machen. Dabei handelt es sich um mehr als 30 Staaten,
darunter Tunesien als ein nicht weit von Europa gelegenes Ferienziel,
das auf Urlauber aus Deutschland hofft.

29 US-BUNDESSTAATEN AUF DER LISTE 

In einige andere Länder, die nicht als Risikogebiet eingestuft
wurden, macht das für Reisende keinen Unterschied. In Australien und
Neuseeland gilt beispielsweise noch eine Einreisesperre für Reisende
aus der EU, genauso wie in den USA.

Die Vereinigten Staaten sind das einzige Land, für das die
Bundesregierung eine nach Regionen differenzierte Einschätzung
abgibt. 29 der 50 Bundesstaaten werden als Risikogebiete eingestuft.
Dazu zählen Kalifornien, Florida und die Hauptstadt Washington. Das
zwischenzeitlich sehr stark von der Pandemie getroffene New York
steht angesichts der deutlichen Verbesserung der Lage dagegen nicht
auf der Liste.