Die gute Merkel - Italiens Kehrtwende in Deutschland-Beziehung Von Annette Reuther, dpa
Vor gar nicht langer Zeit schienen in der Corona-Krise die
Beziehungen zwischen Italien und Deutschland auf dem Tiefpunkt. Nun
ist alles anders, denn es steht auch die Urlaubssaison bevor.
Italiens Außenminister besucht Berlin mit einem klaren Ziel.
Rom (dpa) - Angela Merkel liebt Entspannen in Italien. Im Sommer
kommt sie normalerweise nach Sulden in Südtirol. Ostern ist sie gern
auf der Insel Ischia. Dieses Jahr bevorzugt die Kanzlerin wegen der
Corona-Pandemie Deutschland als Urlaubsziel. Derweil genießt sie in
Italien wieder ein hohes Ansehen. Vor zwei Monaten sah das noch ganz
anders aus. Da waren die Deutschen die Unsolidarischen, die
Bestimmer, das hässliche Gesicht Europas. Um die Beziehungen zwischen
Deutschland und Italien war es auf dem Höhepunkt der Corona-Krise
schlecht bestellt, alte Feindbilder prägten den politischen Diskurs.
Doch auf einmal hat sich das Blatt gewendet. Merkel ist plötzlich die
«Gute», und die Deutschen in Italien überaus willkommen. Die
Sommersaison steht bevor und aus Deutschland kommt ein großer Teil
der Italien-Urlauber. Wenn Italiens Außenminister Luigi Di Maio am
Freitag in Berlin ist, will er auch für sein Land als sichere
Urlaubsdestination werben.
«Das Ziel ist, allen zu zeigen, dass Italien bereit ist, ausländische
Touristen zu empfangen», sagte Di Maio vor der Reise zu seinem
Amtskollegen Heiko Maas. Die Fallzahlen der Infektionen gehen zurück,
das Reisen ist sicher, so die Botschaft. Maas wiederum sprach in
einem Interview kurz vor dem Besuch über die Italien-Reisesehnsucht
seiner Landsleute: «Viele Deutsche können es kaum erwarten.»
Auf dem Höhepunkt der Corona-Krise war die italienische Regierung
weniger gut auf Berlin zu sprechen. Als Krankenhäuser in der
Lombardei schon kurz vor dem Kollaps standen, kam besonders schlecht
an, dass Deutschland einen Exportstopp für Material wie
Atemschutzmasken und Schutzanzüge und -brillen verhängt hatte. Und
das kategorische Nein zur Vergemeinschaftung von Schulden über
sogenannte «Corona-Bonds» setzte der Anti-Deutschland-Stimmung eines
oben drauf. Dass die Bundesregierung italienische Covid-Kranke nach
Deutschland holte, wurde in der Öffentlichkeit weniger stark
wahrgenommen.
Es hat Tradition in Italiens Politik, sich als Opfer darzustellen.
Das lenkt auch von den eigenen Problemen ab. Und es fruchtet
scheinbar auch beim Volk. Laut einer Umfrage sank Anfang Mai das
Vertrauen der Italiener in Deutschland auf 26 Prozent - im Januar
2019 lag der Wert noch bei 42 Prozent.
Doch nun ist es anders. «Merkel und das Wunder von einem Deutschland,
das auf einmal gut geworden ist», schrieb zuletzt die Zeitung «Il
Foglio». Den entscheidenden Wendepunkt brachte der
EU-Wiederaufbaufonds. Dafür will Deutschland erstmals eine massive
europäische Schuldenaufnahme über den EU-Haushalt akzeptieren. Merkel
hatte mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron ein Programm
zur wirtschaftlichen Erholung im Umfang von 500 Milliarden Euro
vorgeschlagen, das vor allem Krisenstaaten wie Italien zugute kommen
soll. Seitdem sind die Wogen geglättet. Beide Länder sind
wirtschaftlich eng verbunden.
Mittlerweile hat Rom einen neuen Buh-Mann gefunden: Österreich will
seine Grenze zu Italien noch nicht öffnen. Deutsche Urlauber dürfen
auf dem Weg nach Italien und auch zurück in die Heimat zwar durch
Österreich fahren. Aber Italiener dürfen vorerst noch nicht in die
Alpenrepublik. Von «diskriminierenden Maßnahmen» sprach
Ministerpräsident Giuseppe Conte.
Für viele Tourismus-Treibenden ist politischer Streit jedoch nicht
entscheidend für die Saison. Vielmehr wollen sie ein Bild von einem
Italien vermitteln, das nicht landauf, landab infiziert ist. «Hier am
Gardasee gab es nie einen Notstand», sagte zum Beispiel der Präsident
des Tourismuskonsorziums Lago di Garda Veneto, Paolo Artelio, der
Deutschen Presse-Agentur. «Und die Deutschen wissen, dass sie hier
wie Verwandte behandelt werden.»
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