Corona-Fälle in Schlachthof - Zahl der Infizierten steigt weiter
Produktion eingestellt, Beschäftigte in Quarantäne. Doch die Zahl der
Covid-19-Infizierten auf einem Schlachthof in Bad Bramstedt im Kreis
Segeberg steigt weiter. Der Nachbarkreis Steinburg reißt wegen der
Corona-Fälle eine wichtige Hürde.
Berlin/Itzehoe/Kiel (dpa/lno) - Die Zahl der bestätigten Corona-Fälle
auf einem Schlachthof in Bad Bramstedt (Kreis Segeberg) und einer
Mitarbeiter-Sammelunterkunft in Kellinghusen (Kreis Steinburg) ist
weiter gestiegen. Es seien neun Fälle hinzugekommen, wobei es sich in
zwei Fällen um Kontaktpersonen bereits bekannter Covid-19-Infizierter
handele, teilte der Kreis Segeberg am Sonntag mit. Zuletzt hatten die
Kreisverwaltungen Segeberg und Steinburg insgesamt 109 positiv
getestete Mitarbeiter gemeldet. Der Schlachthof hat seine Produktion
bereits eingestellt, die Unterkunft steht unter Quarantäne.
Wegen der vielen Corona-Fälle in der Gemeinschaftsunterkunft bleibt
der Kreis Steinburg über der von der Politik definierten Obergrenze
von 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner und Woche. Nach Angaben
des Robert Koch-Instituts (RKI) gab es Stand Sonntag (0 Uhr) im Kreis
166 Fälle. Umgerechnet auf die vergangenen sieben Tage seien dies
62,4 Fälle pro 100 000 Einwohner. Bundesweit haben neben dem Kreis
Steinburg die Kreise Greiz in Thüringen und Coesfeld in
Nordrhein-Westfalen überhöhte Werte gemeldet. Coesfeld ist ebenfalls
von einem inzwischen geschlossenen Schlachtbetrieb mit vielen positiv
getesteten Mitarbeitern betroffen.
Die Landesregierung in Kiel hatte wegen der vielen Covid-19-Fälle
bereits am Freitagabend verfügt, dass nun die Belegschaften aller
großen Schlachthöfe im Land getestet werden müssen. Sollten
Beschäftigte in Werkswohnungen oder ähnlichen privaten
Gemeinschaftsunterkünften leben und dort weitere nicht im Schlachthof
angestellte Personen wohnen, seien diese ebenfalls zu testen, teilte
das Gesundheitsministerium mit. Zudem seien weitergehende Tests für
Erntehelfer in Vorbereitung. Laut Landwirtschaftsministerium gibt es
in Schleswig-Holstein derzeit etwa 50 Schlachtbetriebe.
Gewerkschaften kritisierten unterdessen langjährige Missstände auf
Schlachthöfen und verlangten ein Ende des hohen Preisdrucks in der
Fleischproduktion. «In Schlachthöfen muss deutlich mehr unternommen
werden, um die Risiken für Sicherheit und Gesundheit der
Beschäftigten zu reduzieren», sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel.
Die Branche falle seit Jahren mit miserablen Arbeitsbedingungen auf.
NGG-Vize Freddy Adjan sagte: «Diese Krise macht deutlich, wie
überfällig es ist, auf Stopp zu drücken und den ruinösen Preiskampf
beim Fleisch zu beenden.»
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ermahnte die Länder,
Schutzvorgaben wegen der Corona-Epidemie besonders auch in
Sammelunterkünften und bei Fahrten streng zu kontrollieren. Er
verwies in einem Schreiben an die Arbeitsminister der Länder auf
zunehmende Berichte über «unhaltbare Zustände beim betrieblichen
Infektionsschutz» besonders bei Saisonkräften in der Landwirtschaft,
aber etwa auch in der fleischverarbeitenden Industrie. Demnach haben
sich schon Herkunftsländer von Beschäftigten bei der Bundesregierung
gemeldet. Sie behielten sich auch Maßnahmen wie Ausreisestopps vor.
«Die Arbeits- und Wohnbedingungen, die große Fleischkonzerne
diktieren, sind schon lange ausbeuterisch und müssen endlich mit
staatlicher Gewalt konsequent unterbunden werden», twitterte
Schleswig-Holsteins SPD-Fraktionschef Ralf Stegner. Er warnte:
«Katastrophale Zustände in großen Schlachthöfen verstärken
Coronagefahren.»
Der schleswig-holsteinische Landesverband der Grünen Jugend forderte
erneuert ein Wohnraumschutzgesetz auf Landesebene. «Denn neben der
Schlachthofbranche gibt es in Schleswig-Holstein viele weitere
Branchen, in denen Arbeitnehmer*innen (...) in katastrophalen
Wohnunterkünften untergebracht werden», sagte Sprecherin Nele
Johannsen. Und Sprecher Jasper Balke betonte: «Die Behörden müssen
auch nach Corona ausreichend Möglichkeiten erhalten, die
Wohnverhältnisse vor allem in betrieblich zur Verfügung gestellten
Wohnräumen zu überprüfen und zu schützen.»
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