in Neukölln) Hubschrauber und hunderte Polizisten - Beerdigung im Clan-Milieu Von Lukas Dubro, Andreas Rabenstein und Jutta Schütz

Auch im Milieu der arabischstämmigen Clans verlaufen Beerdigungen
normalerweise ruhig. Weil manche trauernde Familie aber so groß ist,
entstehen in Zeiten von Corona Probleme, die auch die Polizei
beschäftigen.

Berlin (dpa) - In der Luft über Berlin-Schöneberg schwebte ein
Polizei-Hubschrauber, auf den Straßen hatten Polizisten
Kontrollpunkte für die Trauergäste eingerichtet. Über Lautsprecher-
Durchsagen wurde den Besuchern am Montagvormittag erklärt, wie sie
sich verhalten sollten. Ein derartiger Aufwand für die Beerdigung
eines Nicht-Prominenten ist höchst ungewöhnlich. Aber am Montag kamen
zwei Faktoren zusammen: Bestattet wurde die Mutter führender
Mitglieder eines bekannten arabischstämmigen Clans. Zu solchen
Trauerfeierlichkeiten können sonst Hunderte Verwandte aus ganz
Deutschland zusammen kommen. Gleichzeitig sind derzeit wegen der
Corona-Regeln große Versammlungen verboten.

Seit Tagen hatte sich die Polizei auf den Einsatz vorbereitet und ein
umfangreiches Konzept ausgearbeitet. Auch weil schon kürzlich vor dem
Krankenhaus in Kreuzberg, in dem die Frau starb, bis zu 100 Verwandte
vor dem Eingang standen. Besonders einsichtig soll die Großfamilie
auf die Bitten der Polizei, wenigstens die Beerdigung in kleinem
Kreis abzuhalten, nicht reagiert haben.

Am Montagmorgen stand zunächst die rituelle Waschung der Toten in
einer Moschee am Neuköllner Columbiadamm an, bevor um 11.00 Uhr die
eigentliche Beerdigung auf dem Neuen-Zwölf-Apostel-Friedhof im
Stadtteil Schöneberg beginnen sollte. Dort hatten sich im September
2018 rund 2000 Männer aus bekannten Großfamilien bei der Beerdigung
eines erschossenen Berufskriminellen versammelt und die Polizei
intensiv beschäftigt.

Diesmal bemühten sich 250 Polizisten, die Corona-Beschränkungen
durchzusetzen. Zufahrtsstraßen zum Friedhof waren zum Teil mit
Absperrgittern blockiert. Ringsum standen Polizeiwagen.
Zivilpolizisten, die sich im Clan-Milieu auskennen, beobachteten
ankommende Verwandten.

An einer Absperrung wurden von Polizisten Ausweise kontrolliert.
Unter den Trauernden war auch das bekannte Familienoberhaupt. Männer
und Frauen nahmen an der Beisetzung teil, viele waren schwarz
gekleidet. Über Lautsprecher forderte die Polizei die Trauergäste
auf, den Sicherheitsabstand von 1,50 Metern einzuhalten. Manche der
Trauergäste trugen einen Mundschutz.

An den Absperrungen hatten sich deutlich mehr als 100 Menschen
versammelt. Zugang zum Friedhof und Grab erhielten aber nur 60
Verwandte «aus dem engsten Familienkreis», die auf einer Namensliste
standen, wie ein Polizeisprecher sagte. In Gruppen von jeweils 20
Menschen wurden sie eingelassen. Erst wenn eine Gruppe den Friedhof
wieder verlassen hatte, kam die nächste dran.

Mehrfach hatte die Polizei betont: «Wir haben Verständnis für die
Trauer, müssen aber sehen, wie wir trotzdem mit angemessenem Respekt
dafür Sorge tragen, dass die Regeln eingehalten werden.»

Schließlich verlief alles friedlich. Die Berliner Polizeipräsidentin
Barbara Slowik sprach von einer ruhigen und verhaltenen Atmosphäre
bei der Beisetzung. Es gab nur eine Anzeige, weil ein Mann
Journalisten bespuckt haben soll.

Am Nachmittag beobachtete und kontrollierte die Polizei noch den
weiteren Verlauf der Trauerfeierlichkeiten in einer Villa im
Stadtteil Buckow in Neukölln. Hier hatten sich bereits am Donnerstag
so viele Verwandte getroffen, dass die Polizei gegen 47 Menschen
Ermittlungsverfahren wegen Corona-Verstößen einleitete.

Mitglieder der arabischstämmigen Großfamilie waren in den vergangenen
Jahren wegen diverser Straftaten verurteilt worden. Dazu gehörte auch
der spektakuläre Goldmünzen-Diebstahl aus dem Bode-Museum. Der Clan
steht auch wegen der vorläufigen Beschlagnahme von 77 Häusern und
Wohnungen im Wert von neun Millionen Euro im Sommer 2018 im Fokus der
Öffentlichkeit. Die Immobilien sollen laut Staatsanwaltschaft mit
Geld aus Straftaten gekauft worden sein.

Für zwei dieser Immobilien ordnete das Landgericht Berlin Mitte April
erstmals die konkrete Einziehung an. Der 26-jährige Eigentümer sitzt
derzeit im Gefängnis, legte aber Beschwerde ein, so dass der
Beschluss noch nicht rechtskräftig ist. Laut Staatsanwaltschaft ist
eine der beiden Immobilien eine denkmalgeschützte Villa in Neukölln.

Online-Wechsel: In drei Minuten in die TK

Online wechseln: Sie möchten auf dem schnellsten Weg und in einem Schritt der Techniker Krankenkasse beitreten? Dann nutzen Sie den Online-Beitrittsantrag der TK. Arbeitnehmer, Studenten und Selbstständige, erhalten direkt online eine vorläufige Versicherungsbescheinigung. Die TK kündigt Ihre alte Krankenkasse.

Jetzt der TK beitreten





Zur Startseite