und 2. Absatz aktualisiert nach Mitteilung des Oberverwaltungsgerichts im Saarland) Karstadt klagt - Flickenteppich der Ladenöffnungen landet vor Gericht Von Larissa Schwedes, dpa

Welche Geschäfte in welchem Land am Montag öffnen werden und welche
nicht, ist schwer zu überblicken. Die Kaufhauskette Galeria Karstadt
Kaufhof will dazu gehören und beschreitet den Rechtsweg. Kann das
Gericht den Dschungel der Regelungen lichten?

Essen/Münster (dpa) - Kleine Läden machen wieder auf, große Geschäf
te
bleiben noch zu, aber Autohäuser gehören zu den Ausnahmen. Die
schrittweisen Ladenöffnungen sind für Bürger und sogar für manche
Händler selbst schwer zu durchschauen - und landen nun vor Gericht:
Die Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof mit bundesweit rund 170
Standorten und mehr als 28 000 Mitarbeitern will sich nicht damit
abfinden, dass ihre Türen weiter geschlossen bleiben sollen. Das
Unternehmen habe in einem Eilverfahren Klage gegen die
Corona-Schutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen eingereicht,
teilte das Oberverwaltungsgericht am Freitag in Münster mit. Zum
Vorgehen in anderen Bundesländern wollte sich Karstadt selbst
zunächst nicht äußern. Auch im Saarland ist laut Mitteilung des
dortigen Oberverwaltungsgerichts jedoch ein Eilantrag eingegangen.

Die Justiz muss nun etwas Klarheit in den Dschungel der Regeln
bringen - das wird aber wohl erst in der kommenden Woche passieren.
Welche Geschäfte in Deutschland öffnen dürfen und welche nicht,
entwickelt sich zunehmend zum Flickenteppich: Nach den neuen Vorgaben
von Bund und Ländern dürfen Geschäfte mit einer Fläche von bis zu 8
00
Quadratmetern ab Montag wieder öffnen, größere nicht - mit Ausnahme
von Buchläden, Fahrradgeschäften und Autohäusern. Davon erhofft man
sich ein bisschen mehr Normalität, ohne dass die Innenstädte direkt
überquellen.

Mehrere Handelsketten und Verbände hatten allerdings bereits
kritisiert, die Grenze sei unwirksam oder befördere eine willkürliche
Wettbewerbsverzerrung. Mittlerweile mehren sich die Vorschläge aus
der Branche, größeren Geschäften zumindest eine teilweise Öffnung a
uf
verkleinerter Ladenfläche zu erlauben, wie es etwa Rheinland-Pfalz
oder Niedersachsen bereits vorsehen.

NRW war das jedoch nicht genug: Die vorpreschende Landesregierung
will zusätzlich Möbelhäusern und Babyfachmärkten erlauben, ihre T
üren
zu öffnen. Ein Sonderweg, der selbst den Möbel-Riesen Ikea freudig
überraschte: Man prüfe nun mit den Behörden, welche Schutzmaßnahmen

für die Öffnung nötig seien. «Wir streben eine möglichst zeitnahe

Eröffnung unserer Einrichtungshäuser in NRW an, werden aber
gleichzeitig höchste Sicherheits- und Hygieneauflagen gewährleisten»,

sagte eine Ikea-Sprecherin der dpa. Ob schon am Montag wieder Kunden
beim Möbel-Riesen ein- und ausgehen werden, war zunächst unklar.

Nach Angaben einer Sprecherin des Oberverwaltungsgerichts Münster
bezieht sich der Eilantrag von Karstadt auf die bisherige Regelung
der Corona-Schutzverordnung, in der die 800-Quadratmeter-Regelung
noch nicht enthalten war. Es sei aber möglich, dass die veränderten
Vorgaben in das Verfahren einbezogen würden. Das Land hat
Gelegenheit, dazu Stellung zu beziehen. NRW-Wirtschaftsminister
Andreas Pinkwart (FDP) hielt sich vor Journalisten zunächst zurück:
«Wir haben uns im Kabinett entschieden, das so umzusetzen. Wir
wussten natürlich, dass es Abgrenzungsfragen geben würde.» Immerhin
sichere diese Regelung, dass nun Geschäfte wieder öffnen könnten, die

für mehr als 80 Prozent des Einzelhandelsumsatzes stünden.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte am Freitag, es
gebe im Föderalismus immer schwierige Abstimmungsfragen. Die Bürger
müssten aber erwarten können, dass sich die Politik auf gemeinsame
Richtlinien verständigen. Den Ländern gab Altmaier einen Seitenhieb
aus Berlin mit: Er setze darauf, dass in weiteren Beratungen mit den
Ministerpräsidenten in Zukunft gemeinsamen Lösungen «vielleicht
stärker Vorrang» gegeben werde.

Dass ausgerechnet Karstadt Kaufhof rechtlich gegen den Flickenteppich
vorgeht, ist wenig überraschend: Supermärkte und Drogerien durften
durchgehend geöffnet bleiben - aber auch ein Kaufhaus verkauft
Lebensmittel und Hygieneartikel, so dass die Schließung von Anfang an
kontrovers diskutiert wurde. Zudem dürfte es für die angeschlagene
Kaufhauskette existenzentscheidend sein, wann die Häuser wieder
öffnen dürfen: Karstadt hat angesichts der Corona-Krise Rettung in
einem Schutzschirmverfahren gesucht. Dieses bewahrt in die Krise
geratene Unternehmen vor dem Zugriff der Gläubiger, ohne dass die
Betriebe bereits Insolvenz anmelden müssen.

Ob das Gericht der Kaufhauskette Recht gibt, könnte Signalwirkung
über Nordrhein-Westfalen hinaus haben. Bislang wagen sich die Länder
sehr unterschiedlich weit vor - von strengen Regelungen in Bayern
über Mittelwege in Niedersachsen bis hin zum forschen NRW. In
vergangenen Eilverfahren hat das Oberlandesgericht sich übrigens
hinter das Land gestellt: Sowohl ein Dortmunder Händler als auch ein
Fitnessstudio in Bielefeld und ein Spielhallenbetreiber kamen mit
ihrem Versuch nicht durch, die Schließungen anzufechten.

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