Oft völlig überbewertet: Bei Corona-Statistiken ist Vorsicht geboten Von Marco Krefting, dpa

Die Sache mit den Zahlen ist heikel. Man weiß nicht immer genau, wo
sie herkommen und wie allumfassend sie sind. Und dennoch vermitteln
sie aufgrund ihrer scheinbaren Exaktheit ein Gefühl von Sicherheit.
Das kann gerade in der Corona-Krise ein fataler Fehlschluss sein.

München (dpa) - Den größten Wert in Corona-Zeiten haben - neben
Nudeln und Klopapier - wohl Zahlen. Auf einmal rufen Menschen, die
mit Mathematik wenig und mit Statistik überhaupt nichts am Hut haben,
mehrmals täglich Daten zu Coronavirus-Fällen ab. Statistiker warnen
aber davor, sich allzu sehr auf die Zahlen zu verlassen.

Die verfügbaren Zahlen enthielten zu wenige Informationen, erklärt
Katharina Schüller, Gründerin des Münchner Unternehmens Stat-Up und
Leiterin der Arbeitsgruppe «Statistical Literacy» der Deutschen
Statistischen Gesellschaft. «Sie bilden nur einen kleinen Teil der
Realität ab, nämlich die schwer Erkrankten, einen Teil der leichter
Erkrankten mit Symptomen und einen ganz kleinen Teil von Menschen
ohne Krankheitszeichen, die getestet wurden, weil sie Verdachtsfälle
waren.»

Ob auch viele andere infiziert sind oder nicht, «das wissen wir nicht
und können es auch nur mehr oder weniger begründet erraten», schreibt

Schüller in einem Beitrag für das Hochschulforum Digitalisierung:
«Wir wissen, dass jede unserer Modellrechnungen falsch sein muss.»
Trotzdem könnten die Schlussfolgerungen daraus richtig sein.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) weist unter anderem auf
«Unterschiede bei den Berichtsmethoden, rückwirkende
Datenkonsolidierung und Verzögerungen bei der Berichterstattung» hin.
Wegen der Inkubationszeit, der Zeit für den Test und der
Meldeverzögerungen zeigen in Deutschland zum Beispiel Maßnahmen wie
Kontaktverbote oft erst etwa 14 Tage später Folgen bei den Zahlen.

Es gibt viele solche Stolperfallen bei den Corona-Daten. Die Tücke
liegt wie so oft im Detail. Besonders heikel sind Ländervergleiche.
«Insbesondere hängen die erfassten Fallzahlen in jedem Land zentral
davon ab, wie systematisch und umfangreich dort auf den Virus
getestet wird», erklären die Macher der «Unstatistik des Monats»,
einem Angebot mehrerer Statistik-Experten, das auf mögliche Fehler
bei der Interpretation von Statistiken hinweist.

Etliche Faktoren beeinflussen Stand und Schweregrad der Infektionen
und können sich von Land zu Land immens unterscheiden: Einwohnerzahl,
Altersstruktur, spezielle Erkrankungen in der Bevölkerung wie
Tuberkulose, das Stadium der Ausbruchswelle, der Wille oder das
Vermögen zu testen, die Richtlinien dafür, wer überhaupt getestet
wird. In Altenheimen gestorbene Menschen etwa werden in einigen
Ländern nachträglich getestet und fließen in die Statistik ein - in
anderen nicht. Da vorwiegend Ältere mit Covid-19 sterben, kann das
enorme vermeintliche Unterschiede zur Folge haben.

Die statistische Erfassung der Todesursachen variiere von Land zu
Land erheblich, betonen auch die Macher der «Unstatistik», zu denen
Katharina Schüller gehört. Dennoch werden immer wieder Vergleiche von
Sterberaten diskutiert. Generell sei es falsch, einfach die Toten ins
Verhältnis zu den bekannten Infizierten zu setzen. Werde die
Dunkelziffer nicht berücksichtigt, werde die Letalität systematisch
überschätzt.

Kniffelig wird es auch bei Aussagen zur Zahl der Genesenen, die hier
und da bis auf die letzte Stelle angegeben werden und damit ziemlich
exakt aussehen. Doch wo nicht einmal alle Infizierten getestet und
erhoben werden, kann natürlich noch viel weniger über die Zahl der
Genesenen bekannt sein. Daher sind all diese Angaben immer nur
Schätzungen - sehr grobe Schätzungen in vielen Fällen.

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