Schäuble sorgt sich weiter um Handlungsfähigkeit des Bundestags

Berlin (dpa) - Der Bundestag hat zwar soeben wegen der Corona-Krise
die Grenze für seine Beschlussfähigkeit deutlich gesenkt, trotzdem
macht sich sein Präsident Wolfgang Schäuble weiter Sorgen um die
Handlungsfähigkeit des Parlaments. Nach einem Bericht der
«Süddeutschen Zeitung» (Samstag) hat der CDU-Politiker daher alle
Fraktionsvorsitzenden angeschrieben, um über die Möglichkeit von
virtuellen Bundestagssitzungen oder das Schaffen eines kleinen
Notparlaments zu reden.

«Wir müssen alles daransetzen, die parlamentarische Demokratie nicht
außer Kraft zu setzen», sagte der Bundestagspräsident der Zeitung.
Deshalb seien jetzt «alle Überlegungen zur Abhilfe erwünscht, nur
keine Überlegungen anzustellen wäre falsch». In seinem Schreiben an
die Fraktionschefs heißt es der Zeitung zufolge, falls bei ihnen
Interesse bestehe, über virtuelle Plenarsitzungen zu reden, sei er
gerne bereit, gleich in der nächsten Sitzungswoche zu einer
Besprechung darüber einzuladen.

Bei der Diskussion über ein Notparlament geht es darum, für die
Corona-Krise ins Grundgesetz eine ähnliche Regelung aufzunehmen, wie
sie bereits für den Verteidigungsfall in der Verfassung steht.
Vorgesehen ist ein «Gemeinsamer Ausschuss» von Bundestag und
Bundesrat, wenn das Parlament nicht rechtzeitig zusammentreten kann.
Der Ausschuss besteht nach Artikel 53a aus 48 Mitgliedern. Davon sind
zwei Drittel Abgeordnete des Bundestags und ein Drittel Mitglieder
des Bundesrats.

Eine entsprechende Grundgesetzänderung war bereits vor der
Bundestagssitzung im März diskutiert, im Kreis der Parlamentarischen
Geschäftsführer der Fraktionen aber mit Skepsis aufgenommen worden.
In der Märzsitzung senkte der Bundestag stattdessen die Hürde für die

Beschlussfähigkeit. Diese ist jetzt gegeben, wenn mehr als ein
Viertel der Abgeordneten anwesend ist. Vorher war mehr als die Hälfte
nötig.