Leben mit der Corona-Krise - von Online-Sport und Sexarbeiterinnen
Berlin (dpa) - Ob Sportmachen oder käuflicher Sex - in Zeiten von
Corona läuft irgendwie alles anders. Das öffentliche Leben steht
still, das Privatleben steht Kopf. Und während der eine zu Hause
sportelt, fürchten die Schausteller um ihre Zukunft:
ONLINE-SPORTKURSE
Das Fitnessstudio hat geschlossen, die Laufgruppe pausiert, ebenso
das Fußballtraining der Kinder. Wegen der Corona-Krise ist es gar
nicht so einfach, fit zu bleiben und überschüssige Energie
loszuwerden. Neben Joggen und Radfahren bleiben Liegestütze und
Gymnastik auf der Matte im Wohnzimmer. Wer mehr Gemeinschaftsgefühl
beim Schwitzen braucht, geht stattdessen ins Internet: Wegen der
Corona-Krise haben viele Sportvereine und auch Fitnessstudios ihr
Kursangebot inzwischen in die virtuelle Welt verlagert. Aerobic,
Pilates, Bauch-Training, Tanzen oder Kinderturnen - der Nürnberger
Post SV stellt mindestens zweimal täglich ein neues Video auf
Youtube. Das gestiegene Interesse am Heim-Sport bekommen auch
professionelle Anbieter wie das Yoga-Portal YogaEasy zu spüren. Doch
ist eine Online-Sportstunde überhaupt empfehlenswert? Schließlich
kontrolliert niemand, ob man die Übungen richtig macht. Der
Sportexperte Lars Donath hat da keine Bedenken: «Das Risiko, wenn man
völlig inaktiv wird, ist größer als das von Verletzungen», sagt der
Professor von der Deutschen Sporthochschule Köln.
FOLGEN FÜR PROSTITUIERTE
Die Corona-Krise mit dem derzeitigen Berufsverbot für Prostituierte
hat laut dem Berufsverband für die Sexarbeiterinnen «katastrophale
Folgen». «Die Frauen auf dem Straßenstrich trifft es am
allerschlimmsten», sagte Nicole Schulze vom Vorstand des
Berufsverbands erotische und sexuelle Dienstleistungen der Deutschen
Presse-Agentur. Sie fielen durch alle Soforthilfen durch, da sie
häufig gar nicht registriert seien. Auch Hartz IV könnten viele nicht
beantragen, weil sie die Voraussetzungen nicht erfüllten. Schulze, im
Berufsverband für den Straßenstrich zuständig, sagte, sie bekomme
jeden Tag zig Anrufe von Frauen, die kein Geld mehr für Lebensmittel
hätten. Oft handele es sich um Migrantinnen, die nicht in ihre
Heimatländer zurück könnten, weil Grenzen dicht seien. Nach Angaben
von Schulze (40), die selbst seit 16 Jahren auf dem Straßenstrich
arbeitet, sind Hunderte Frauen derzeit in einer kritischen Lage, weil
Einnahmen weggebrochen sind. Bundesweit sind laut Schulze rund 38 000
Prostituierte angemeldet. Die tatsächliche Zahl liege aber deutlich
höher.
SCHAUSTELLERPROBLEME
Die Corona-Krise macht auch den Schaustellern in Deutschland zu
schaffen. «Dass die neue Saison jetzt nicht kommt, trifft uns hart»,
sagte Albert Ritter, Präsident des Deutschen Schaustellerbundes
(DSB) und Präsident der Europäischen Schausteller-Union. Schließlic
h
hätten die meisten seiner Kollegen seit den Weihnachtsmärkten kein
Geld mehr verdient. Um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen,
wurden Volksfeste abgesagt, darunter etwa der Hamburger Dom oder die
Frankfurter Dippemess. Nötig seien nun schnelle unbürokratische
Sofortzahlungen, so Ritter. Und was die Kredite betreffe - da sei es
wichtig, diese mit zahlbaren Zinsen zu belegen. Bundesweit gibt es
nach DSB-Angaben mehr als 5000 Schaustellerunternehmen, die auf etwa
9750 Volksfesten und 3000 Weihnachtsmärkten unterwegs sind.
GRUNDSCHÜLER GEHT EINKAUFEN UND GASSI FÜR ANDERE
Viele Kinder und Jugendliche verbringen die Zwangspause von Schule
und Freizeitaktivitäten zu Hause mit dem Internet. Einem Dresdner
Grundschüler ist das zu langweilig - er hilft lieber. Vor einer Woche
hat Louis einen Aushang im Viertel verteilt mit seiner Handynummer -
und älteren Menschen, die wegen Corona nicht mehr rausgehen, seine
Hilfe angeboten. Die Laubners wohnen einige Straßen von seinem
Zuhause entfernt. Sie sind die Ersten, für die Louis an diesem Morgen
einkaufen geht: Eier, Fleisch, Brötchen. Kinder, Enkel und Urenkel
leben etwas weiter weg und erledigen den Großeinkauf, sagt Klaus
Laubner. «Aber für das Frische zwischendurch engagieren wir Louis.»
Er und seine Frau sind Risikopatienten und verlassen ihre Wohnung
derzeit nicht. Die Einkaufsliste kommt per WhatsApp. Tasche und Geld
holt sich Louis ab - und stellt sie gefüllt wieder ins Haus.
ERNTEHELFER
Tore Drapallas Beruf ist es, Haare zu schneiden, Strähnen zu färben
oder festliche Hochsteckfrisuren zu zaubern. Er ist Inhaber zweier
Salons im Großraum Stuttgart. Doch seit rund zwei Wochen fällt bei
«Drapalla Haarmoden» wegen der Ansteckungsgefahr mit Corona kein
Härchen mehr zu Boden. Der Verdienstausfall ließ den 55-Jährigen nach
Alternativen suchen. Seine Wahl fiel auf eine Arbeit, die nichts mit
schickem Aussehen zu tun hat - der Friseur ist nun Erntehelfer beim
Spargelhof von Familie Bauerle in Fellbach bei Stuttgart. «Ich habe
jetzt ganz viel Zeit und bin gerne draußen und wollte mal erleben,
wie die Arbeit in der Landwirtschaft ist.» Zehn Euro pro Stunde
erhält er für die Schufterei, die er sich nicht ganz so anstrengend
vorgestellt hatte. «Erste Sahne», schwärmt Chef Klaus Bauerle über
Drapalla. Dieser sei bislang der einzige Deutsche, der sich als
Helfer in der Corona-Krise bewährt habe. Dabei ist Bauerle dringend
auf Ersatz der Saisonarbeiter aus Polen und vor allem Rumänien
angewiesen, die wegen der Corona-Krise wegbleiben. Bundesweit
arbeiten 150 000 Menschen jedes Jahr bei der Spargel- und
Erdbeerernte. Davon fehlen jetzt nach Angaben des Verbands
Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer (VSSE) Zehntausende.
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