Schutzmaske und Hygienehaken - NRW-Betriebe stellen Produktion um Von Claus Haffert, dpa
Durch die Folgen der Corona-Krise ist bei vielen Unternehmen die
Produktion weggebrochen. Gleichzeitig besteht ein riesiger Bedarf an
Schutzmasken und anderen Medizinprodukten. Einige Firmen in
Nordrhein-Westfalen haben schnell darauf reagiert.
Düsseldorf (dpa/lnw) - Die Automobilindustrie steht wegen der
Corona-Krise weitgehend still. Viele Zulieferer in
Nordrhein-Westfalen müssen Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken. Wer
kann, versucht mit Alternativen wenigstens für einen Teil seiner
Belegschaft neue Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen - und weicht
dafür häufig auf Medizinprodukte aus.
Wie die Firma DFA in Bielefeld. Normalerweise liefert das
Familienunternehmen an VW, Daimler, BMW oder Audi - etwa ein
Mikrofaservlies, das zur Schalldämmung in den Autos eingesetzt wird.
Doch jetzt werden auf zwei Anlagen Atemschutzmasken gefertigt. Mit
den Maschinen seien früher Teile für Filter hergestellt worden,
berichtete DFA-Geschäftsführer Ralf Dopheide. «Deshalb konnten wir
sie auf die Produktion von Atemschutzmasken umstellen.»
Seit knapp zwei Wochen laufen die Maschinen auf Hochtouren - an
sieben Tagen pro Woche. Rund 2 Millionen Masken werden wöchentlich
fertig. Verkauft werden sie in 1000er-Paketen - und vorerst nur als
Bausatz. «Wir haben noch keine Maschine, um die Gummibänder an die
Maske zu bringen», sagte Dopheide. Deshalb gibt es eine Anleitung
fürs Zusammenbauen der Masken. Der Nachfrage tue das keinen Abbruch,
auch der Masken-Einkäufer des NRW-Gesundheitsministeriums habe sich
schon gemeldet.
«Die Mund-Nase-Schutzmaske hat eine Sonderzulassung des
Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte für den Einsatz
im medizinischen Bereich», betonte Dopheide. Bei der
Medizin-Aufsichtsbehörde in Bonn gehen in diesen Tagen zahlreiche
Anträge auf Zulassung solcher Masken ein. Es gebe ein «hohes und
dynamisches Aufkommen», sagte ein Behördensprecher.
Auch der Anlagenbauer Reifenhäuser in Troisdorf produziert jetzt für
den Gesundheitsschutz. In seinem Testzentrum, das sonst
ausschließlich für Forschung und Entwicklung genutzt wird,
produzieren zwei Maschinen ein Vlies, das für Atemschutzmasken
verwendet werden kann. Die Tagesmenge reicht nach Firmenangaben für
bis zu einer Millionen Atemschutzmasken. Auch für Schutzanzüge oder
Hauben könne das nötige Material in Troisdorf produziert werden.
Das Beispiel Reifenhäuser zeigt aber auch, wo das Problem bei der
Produktion von Atemschutzmasken liegt. Es gibt hierzulande keine
Hersteller. Weil der Anlagenbauer zunächst keinen deutschen oder
europäischen Produzenten ausfindig machen konnte, ging der Vliesstoff
anfangs an einen vietnamesischen Hersteller für Atemschutzmasken.
Inzwischen habe man aber Abnehmer in Deutschland gefunden, die den
Stoff zu Schutzmasken weiterverarbeiten, sagte eine
Unternehmenssprecherin.
Wie wichtig eine größere Produktion in Deutschland wäre, zeigt eine
Zahl vom Montag. Da hatte der FDP-Fraktionsvize im Bundestag, Michael
Theurer geschätzt, dass in Deutschland etwa eine Milliarde
Schutzmasken benötigt werden. Nach Angaben der Bundesregierung hatte
der Bund bis dahin 20 Millionen Masken beschafft.
Ein großer Bedarf besteht auch an Beatmungsgeräten. Das Unternehmen
BIW Isolierstoffe in Ennepetal, das in großem Umfang an die
Autoindustrie liefert, hat seine Produktion deshalb ebenfalls
umgestellt. In der Corona-Krise fertigt BIW nun in erster Linie
wiederverwendbare Schläuche, die an Beatmungsgeräten eingesetzt
werden können.
Solche Schläuche gehörten zwar schon in Vor-Corona-Zeiten zum Angebot
des Unternehmens das über einen Reinraum zur Fertigung von
Silicon-Formteilen für den Medizinbereich verfügt. Jetzt sollen in
Ennepetal bis zu 400 000 Meter Silikonschläuche produziert werden -
eine Menge, die sonst nicht in einem Zeitraum von zehn Jahren
abgerufen wird, wie Geschäftsführer Ralf Stoffels berichtete.
Beim Druckluftspezialisten Boge in Bielefeld hat der Bau von
Kompressoren für die Medizintechnik inzwischen Vorrang. Man setze
«alles daran, die Produktion unserer entsprechenden Maschinen und
Geräte zu intensivieren», hatte Michael Rommelmann, Technischer
Geschäftsleiter bei dem ostwestfälischen Unternehmen, angekündigt.
Boge beliefert seit Jahren den Medizintechnikhersteller Dräger, der
einen Großauftrag der Bundesregierung über 10 000 neue
Beatmungsgeräte erhalten hatte.
Auf eine spezielle Corona-Idee ist der Kunststoffverarbeiter Böhm
Plast-Technology aus Neuenrade im Sauerland gekommen. Er hat jetzt
einen sogenannten Hygienehaken im Angebot, der sich zum Öffnen und
Schließen von Türklinken, zum Drücken von Lichtschaltern und
Halteknöpfen in Bussen und Bahnen eignen soll. Auch an der Stange
eines Einkaufswagens lasse sich der Haken fixieren, so dass der Wagen
ohne direkten Kontakt durch den Supermarkt geschoben werden könne,
wirbt Geschäftsführer Dennis Böhm für den Haken.
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