Rettungsschirm für Brandenburg beschlossen - Aufnahmestopp für Klinik Von Oliver von Riegen und Klaus Peters, dpa

Eine vergleichbare Situation hat Brandenburg noch nie erlebt, sagt
Regierungschef Woidke im Landtag. Doch er sieht auch Zeichen der
Hoffnung. Der Landtag sendet ein Zeichen der Hilfe mit einem
historischen Rettungsschirm - allerdings auf Pump.

Potsdam (dpa/bb) - Brandenburg greift Bürgern und Wirtschaft in der
Corona-Krise mit einem historischen Rettungsschirm von bis zu zwei
Milliarden Euro unter die Arme. Der Landtag beschloss die Hilfen am
Mittwoch in Potsdam einstimmig bei Enthaltungen von Linken und Freien
Wählern. Das Geld, das über neue Schulden finanziert wird, soll vor
allem kleinen Unternehmen, Eltern ohne Kinderbetreuung und
Krankenhäusern zugute kommen. Dafür stellte der Landtag eine
außergewöhnliche Notsituation fest, damit Kredite trotz
Schuldenbremse möglich sind.

REGIERUNGSERKLÄRUNG: Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) rief zu
Besonnenheit und Vertrauen auf. «Wir werden alles dafür tun, um die
beispiellose Aufbauleistung der Brandenburgerinnen und Brandenburger
in den letzten 30 Jahren zu bewahren», sagte Woidke in einer
Regierungserklärung im Landtag, der wegen Sars-CoV-2 mit mehr Abstand
zwischen den Abgeordneten tagte. Die Besorgnis bei vielen sei groß,
es gebe aber Hoffnung. Die Infektionszahlen vervielfachten sich nicht
mehr so schnell. Er forderte, nicht nachzulassen beim Einschränken
von Kontakten. «Abstand halten heißt Leben retten», sagte Woidke. Er

kritisierte die «wenigen Ignoranten», die sich nicht an Regeln
hielten: «Sie gefährden Menschenleben.» Ab diesem Donnerstag drohen
Strafen aus einem neuen Bußgeldkatalog. Brandenburg hatte am Dienstag
die Ausgangsbeschränkungen um zwei Wochen verlängert, was Bund und
Länder heute vereinbarten.

INFEKTIONEN: In Brandenburg sind bislang acht Menschen nach Angaben
des Gesundheitsministeriums an einer Coronavirus-Infektion gestorben,
erstmals wurden mehr als 1000 Infizierte registriert - genau 1038.
Das Ernst-von-Bergmann-Klinikum, das größte Potsdamer Krankenhaus,
nimmt wegen immer mehr Corona-Infizierten keine neuen Patienten mehr
auf. Nur unabweisbare Notfälle wie akuter Herzinfarkt und Frauen, die
ein Kind bekommen, sollen noch in die Klinik dürfen. Bisher wurde
dort das Virus laut Klinik bei 61 Patienten nachgewiesen, 11 davon
sind auf der Intensivstation.

WIRTSCHAFT: Brandenburg hilft kleinen Unternehmen und Freiberuflern
bis 100 Beschäftigten mit einem Soforthilfeprogramm mit Zuschüssen
von 9000 Euro bis 60 000 Euro. Bisher gingen 55 000 Anträge bei der
Investitionsbank Brandenburg ein. Der Regierungschef versprach, um
jeden Arbeitsplatz zu kämpfen. Den Rettungsschirm bezeichnete er als
notwendig. «Ich will nie wieder einen Zusammenbruch erleben der
Wirtschaftsstrukturen wie Anfang der 90er Jahre.»

HAUSHALT: Finanzministerin Katrin Lange (SPD) rechtfertigte den
Rettungsschirm. «Man spart nicht gegen die Krise an», sagte sie. Sie
rechnet in diesem Jahr auch mit einer Milliarde Euro weniger
Steuereinnahmen. Die Tilgung des Kredits wird den Landeshaushalt nach
ihren Worten 30 Jahre lang mit bis zu rund 67 Millionen Euro pro Jahr
belasten - ohne Zinsen. Für Ausgaben aus der zweiten Milliarde Euro
des Schutzschirms muss der Haushaltsausschuss des Landtags zustimmen.
Lange ließ offen, ob ein weiterer Nachtragshaushalt nötig wird.

REAKTIONEN: Die Industrie- und Handelskammern (IHK) nannten den
Rettungsschirm das richtige Signal. Damit könnten die Folgen der
Krise gemildert werden. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB)
Berlin-Brandenburg sprach von einer richtigen Reaktion auf die Krise.
Kurzarbeitergeld reiche allerdings für viele Menschen nicht zum
Leben. AfD-Fraktionschef Andreas Kalbitz sagte der rot-schwarz-grünen
Landesregierung konstruktive Mitarbeit an allen Maßnahmen zu, die
dazu dienen, Leben zu retten. Der Linke-Abgeordnete Ronny Kretschmer
kritisierte, dass die Regierung an dem ebenfalls über neue Schulden
finanzierten Zukunftsinvestitionsprogramm festhält. Die Linke
scheiterte mit der Forderung einer Pauschale von 500 Euro für
Menschen in wichtigen Berufen in der Krise mit geringen Löhnen.

NOTBESETZUNG: Der Landtag kann wegen der Corona-Krise notfalls auch
mit rund einem Viertel seiner Abgeordneten weiterarbeiten. Das Plenum
beschloss mit Mehrheit, dass das Parlament bei einer
außergewöhnlichen Notlage mit mindestens 23 der 88 Abgeordneten
Beschlüsse fassen kann. Die Fraktionen sollen dann entsprechend ihrer
Stärke vertreten sein. In diesem Fall müsste das Präsidium eine
Notlage feststellen - anders als für die Schuldenaufnahme der
komplette Landtag. Die Regelung ist bis Ende Juni befristet. Bisher
ist der Landtag mit mindestens 45 anwesenden Abgeordneten
beschlussfähig.

GRENZEN: Der Regierungschef sprach sich gegen Grenzschließungen in
der Region Berlin-Brandenburg aus. «Auch deshalb halte ich nichts von
geschlossenen Kreisgrenzen», sagte Woidke. Die Kreisverwaltung
Ostprignitz-Ruppin hatte vergangene Woche als bisher einzige Kommune
Einreisen für Touristen untersagt, um das Gesundheitssystem nicht
zusätzlich zu überfordern. Zwei Berliner Kläger dürfen dennoch zu
ihren Zweitwohnsitzen reisen, beschloss das Potsdamer
Verwaltungsgericht (VG Potsdam - VG 6 L 302/20 und VG 6 L 308/20).
Der Kreis prüft die weiteren Schritte, die sich daraus ergeben.

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