Debatte über Maskenpflicht - Allzeitrekord an Kurzarbeitern erwartet

Sollen im Corona-Zeitalter alle Menschen in der Öffentlichkeit
Schutzmasken tragen? Österreich will das bei Einkäufen zur Pflicht
machen. Und auch Jena will eine Maskenpflicht. Fachleute sprechen
jedoch von «reiner Symbolpolitik».

Berlin (dpa) - Nach der Einführung einer Schutzmaskenpflicht in
Supermärkten in Österreich wird auch in Deutschland über einen
solchen Schritt diskutiert. Die Stadt Jena in Thüringen prescht
bereits vor und will eine derartige Pflicht im öffentlichen Raum
einführen. Allerdings: Masken sind derzeit entweder Mangelware oder
werden zu Wucherpreisen verkauft. Und Fachleute halten ohnehin nicht
allzu viel davon.

Inzwischen wird immer deutlicher, dass die Corona-Krise tiefe Spuren
in der deutschen Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt hinterlassen
wird. So zeichnet sich bereits jetzt ab, dass die Zahl der
Kurzarbeiter auf einen nie gekannten Stand steigen wird.

DEBATTE ÜBER MASKENPFLICHT IN DER ÖFFENTLICHKEIT

Eine Schutzmaskenpflicht in Supermärkten wie in Österreich ist in
Deutschland derzeit nicht geplant - das sagte Bayerns Regierungschef
Markus Söder am Dienstag im ARD-«Morgenmagazin». Zuerst müsse man
abwarten, ob die in Deutschland getroffenen Maßnahmen helfen. Der
Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen,
hält nichts von einer Maskenpflicht. Das sei «reine Symbolpolitik»,
sagte er dem «Handelsblatt». «Sie vermittelt eine trügerische
Sicherheit, hilft aber so gut wie gar nicht.»

Die Stadt Jena in Thüringen plant derweil eine solche Pflicht in
Verkaufsstellen, im öffentlichen Nahverkehr und in Gebäuden mit
Publikumsverkehr. So solle die Sicherheit des Personals im
öffentlichen Leben erhöht werden. Die Bevölkerung wurde aufgerufen,
sich selbst Masken zu nähen. Zulässig seien aber auch Tücher oder
Schals, wenn sie Nase und Mund bedecken.

BUND UNTERSTÜTZT MASKENPRODUKTION IN DEUTSCHLAND

Der Bund will Unternehmen in Deutschland, die wegen der Corona-Krise
kurzfristig in die Produktion von Schutzmasken einsteigen, vor
finanziellen Risiken schützen. «Wir brauchen hierzulande eigene
Produktionen, die wir jedenfalls für diese Zeit auf den Weg bringen
müssen», sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) am Dienstag in
München. Es gebe bereits eine ganze Reihe von Herstellern, die zur
Maskenproduktion bereit seien. Der Bund werde Finanzzusagen geben,
«die erforderlich sind, damit Unternehmen jetzt gewissermaßen in das
Risiko gehen, ihre Produktion umstellen und Dinge herstellen, die sie
vielleicht nicht ewig herstellen werden», erklärte Scholz.

INFEKTIONS- UND TODESZAHLEN STEIGEN

In Deutschland sind bis Dienstagnachmittag 65 516 Infektionen mit dem
neuen Coronavirus registriert worden. Das geht aus einer Auswertung
der Deutschen Presse-Agentur hervor, die die gemeldeten Zahlen der
Bundesländer berücksichtigt. Besonders hohe Zahlen haben Bayern mit
15 505 nachgewiesenen Fällen und 191 Toten und Nordrhein-Westfalen
mit 15 251 Fällen und 148 Toten. Gerechnet auf 100 000 Einwohner
verzeichnet Hamburg mit einem Wert von 124,4 die meisten Infektionen.
Im Bundesschnitt waren es 78,8. Mindestens 664 mit Sars-CoV-2
Infizierte sind den Angaben zufolge bislang bundesweit gestorben.

HÖHERE CORONAVIRUS-STERBERATE VORHERGESAGT

Das Berliner Robert-Koch-Institut rechnet mit einer Erhöhung der
Coronavirus-Sterberate in Deutschland. Im Moment liege die Rate bei
0,8 Prozent, sagte RKI-Präsident Lothar Wieler am Dienstag. Die
Meldungen hätten aber einen Zeitverzug, da die Menschen erst nach
einem gewissen Krankheitsverlauf sterben würden. «Wir haben jetzt ja
auch leider Fälle in Pflege- und Altenheimen. Wir müssen leider davon
ausgehen, dass die Sterberate damit ansteigen wird», sagte Wieler.

ARBEITSMARKT LEIDET UNTER CORONA-KRISE

Die Corona-Krise schlägt voll auf den deutschen Arbeitsmarkt durch:
Die Zahl der Anzeigen für Kurzarbeit ist auf ein Rekordniveau empor
geschnellt. In den nur etwas mehr als zwei Wochen seit Beginn des
wirtschaftlichen Stillstandes hätten 470 000 Betriebe Kurzarbeit
angemeldet, teilten Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und der
Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur, Detlef Scheele, am Dienstag
in Berlin mit. Dahinter steckt ein Vielfaches an Menschen, die in
Kurzarbeit gehen werden. Eine genaue Schätzung sei derzeit nicht
möglich. Als sicher aber gilt: Der Höchstwert von 1,44 Millionen
Kurzarbeitern von Mai 2009 in der internationalen Finanzkrise wird
deutlich übertroffen werden. Trotzdem geht die Bundesagentur für
Arbeit von bis zu 200 000 neuen Arbeitslosen im April aus.

BUNDESREGIERUNG WILL BEI HILFEN FÜR BETRIEBE NACHBESSERN

Die Bundesregierung arbeitet bei Corona-Hilfen an Nachbesserungen für
mittelständische Unternehmen, um eine Pleitewelle zu verhindern. Wie
die Deutsche Presse-Agentur am Dienstag aus Regierungskreisen erfuhr,
könnten Kredite für mittelständische Firmen mit einer 100-prozentigen

Staatshaftung abgesichert werden. Allerdings müsste die EU-Kommission
diesem Modell zustimmen. Dazu liefen Gespräche. Wirtschaftsverbände
hatten beim Sonderkreditprogramm der staatlichen Förderbank KfW eine
«Förderlücke» vor allem beim Mittelstand beklagt. Finanzminister Ol
af
Scholz stellte auch für Start-up-Firmen schnelle Hilfen in Aussicht.
«Wir wollen, dass diese jungen, innovativen Unternehmen für unser
Land erhalten bleiben», betonte der SPD-Politiker.

STAATEN VERSCHÄRFEN CORONA-GEGENMAßNAHMEN

Im Kampf gegen die Corona-Pandemie hat das russische Parlament am
Dienstag härtere Strafen für Verstöße bei Quarantäne-Vorschriften
und
die Verbreitung von Falschnachrichten beschlossen. Die Regierung
erhielt auch Vollmachten zum Verhängen des Ausnahmezustands. Künftig
gibt es hohe Geld- und Haftstrafen auch wegen fahrlässiger Infektion
von Mitmenschen. Je nach Schwere des Vergehens, wenn eine Infektion
etwa zum Tod von Menschen führt, sind Strafen bis zu sieben Jahre
Haft möglich. Auch Israel hat seine Ausgangsbeschränkungen
verschärft. Die Regierung verbot unter anderem öffentliche Gebete und
Hochzeiten. An der Klagemauer in Jerusalem dürfen nur noch bis zu
zehn Menschen beten - mit einem Abstand von mindestens zwei Metern.

VERBRAUCHERZENTRALEN WARNEN VOR BETRÜGERN

Die Verbraucherzentralen warnen vor Betrügern im Internet in Zeiten
der Coronavirus-Pandemie. «Wir erhalten inzwischen täglich Hinweise
von Verbrauchern im Zusammenhang mit der Coronakrise», sagte der
Vorstand des Verbraucherzentralen-Bundesverbands, Klaus Müller, den
Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Manche Anbieter wollten mit
falschen Gesundheitsversprechen Kasse machen, andere hätten zum
Beispiel eine Packung Toilettenpapier für 20 Euro oder einen Liter
Händedesinfektionsmittel für 199 Euro angeboten. Es gebe auch
Hinweise auf vermutliche Fake-Shops, die Artikel wie Atemschutzmasken
und Desinfektionsmittel anbieten. Diese müssten per Vorkasse bezahlt
werden. Eine Lieferung erfolge nicht.

EU-KOMMISSION IST WEGEN FALSCHNACHRICHTEN BESORGT

Im Kampf gegen Fake News rund um das Coronavirus nimmt
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen soziale Netzwerke wie
Facebook in die Pflicht und warnt vor Falschmeldungen. Die sozialen
Medien müssten ihre Daten mit Faktencheckern und Wissenschaftlern
teilen. Das würde helfen, gefährliche Gerüchte, die es in den
sozialen Netzwerken zuhauf gebe, frühzeitig aufzuklären, sagte von
der Leyen am Dienstag. Knoblauch und Vitamin C hülfen nicht gegen das
Coronavirus. Und Menschen könnten schweren Schaden nehmen, wenn ihnen
etwa suggeriert werde, das Trinken von Bleichmittel würde helfen.

SCHALKE 04 VERHÄNGT GELDSTRAFE GEGEN PROFISPIELER HARIT

Fußball-Profi Amine Harit ist von seinem Verein FC Schalke 04 mit
einer empfindlichen Geldstrafe belegt worden. Das bestätigte Schalkes
Sportvorstand Jochen Schneider am Dienstag auf Anfrage. Zur genauen
Höhe der Strafe machte er keine Angaben. Als in Nordrhein-Westfalen
schon erhebliche Kontaktbeschränkungen galten, war der 22 Jahre alte
Mittelfeldspieler in einer Shisha-Bar in Essen gemeinsam mit zehn
weiteren Personen von der Polizei bei einer Corona-Party erwischt
worden. Die Beamten lösten die unerlaubte Versammlung weit nach
Mitternacht auf - Ladenschluss war bereits um 18 Uhr gewesen.