Nur ein dreckiges Mobilklo - Wie Brummi-Fahrer die Krise erleben Von Claus Haffert, dpa

Lastwagenfahrer bekommen in diesen Tagen viel Lob zu hören. Sie
gehörten zu den Helden der Corona-Krise. Doch der Alltag der
Fernfahrer sieht oft ganz anders aus.

Paderborn (dpa) - Die «Helden des Alltags» sind sauer. Wenn
Lastwagenfahrer Ronny Knoblauch in diesen Tagen mit seinem 40-Tonner
zu einer Abladestelle kommt, sucht er oft vergeblich eine saubere
Toilette. «Manchmal steht nur ein dreckiges Mobilklo da», schimpft
der 44-Jährige am Telefon. «Wir dürfen nicht mehr auf die
Firmentoiletten.» Der Grund: Die Furcht der belieferten Unternehmen,
die Brummi-Fahrer könnten das neuartige Coronavirus einschleppen.

Selbst Händewaschen sei oft nicht richtig möglich. «Mal ist Seife da,

mal nicht», berichtet Knoblauch. Ganz zu schweigen von einer Dusche
auf dem Firmengelände. Bislang konnte er sich nach anstrengenden
Nachtfahrten selbstverständlich in den Waschräumen der belieferten
Unternehmen duschen - die seien jetzt gesperrt.

Knoblauchs Chef Holger Dechant ist deshalb der Kragen geplatzt.
Zusammen mit anderen Spediteuren aus Ostwestfalen hat er einen Appell
zugunsten der Fahrer gestartet. «Die Erfahrung der vergangenen Tage
zeigt, dass unseren Fahrern nicht nur mangelnde Wertschätzung der
Gesellschaft entgegen gebracht wird. Sie werden von einigen Kunden
bei Eintreffen am Auslieferungsort geradezu ausgegrenzt», klagen die
Transportunternehmer. Selbstverständlich müsse alles getan werden, um
eine weitere Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern, betonen die
Spediteure. «Aber auch unsere Berufskraftfahrer benötigen Zugang zu
sanitären Einrichtungen.»

Knoblauchs Erfahrungen seien kein Einzelfall, heißt es beim
Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL).
«Manche Firmen behandeln die Fahrer wie Aussätzige», sagt dessen Chef

Dirk Engelhardt. «Ich verstehe jeden Fahrer, der im Moment sauer
ist.» Die Unternehmen müssten auf ihren Firmenhöfen entweder
Waschräume nur für die Fernfahrer öffnen oder vernünftige
Sanitärcontainer mit Duschen aufstellen, fordert Engelhardt.
«Einfache Mobiltoiletten sind keine Alternative.»

An den Autobahnen hat sich die Lage nach GDL-Angaben für die
Lastwagenfahrer inzwischen entspannt. «Das hat sich verbessert», sagt
Engelhardt. Nach Inkrafttreten der Corona-Sperren hätten
Lastwagenfahrer vor allem abends vor verschlossenen Sanitäranlagen an
den Raststätten gestanden. Viele Fahrer machten sich über die
sozialen Medien Luft.

Auch die Verkehrsminister haben sich inzwischen zu Wort gemeldet.
Fernfahrer müssten auch in Corona-Zeiten auf den Rastanlagen der
Autobahnen essen, duschen und auf Toilette gehen können, forderten
sie am vergangenen Freitag. Das Raststätten-Unternehmen Tank & Rast
hatte zuvor bereits reagiert. An allen Rastanlagen mit Tankstellen
stünden sanitäre Einrichtungen, inklusive Duschen, kostenfrei zur
Verfügung, teilte ein Sprecher mit. Die Anlagen würden regelmäßig
kontrolliert. Wo nötig, werde zusätzlich gereinigt. Auch das Angebot
an warmen Mitnahmegerichten sei ausgeweitet worden - zu einheitlich
festgelegten Preisen für Currywurst, Frikadellen und Leberkäse.

Ronny Knobloch fährt unterdessen weiter. «Ein bisschen mulmig ist mir
schon», räumt er ein. Zum Schutz vor dem Virus hat er Handschuhe und
ein Desinfektionsspray dabei. Ob die hygienischen Bedingungen besser
werden? «Ich hoffe», sagt der Lastwagenfahrer. Verbandschef
Engelhardt fürchtet, dass nicht alle so geduldig sind. Bis Ende der
Woche müsse eine Lösung her. «Wenn nicht, dann weiß ich nicht, ob d
ie
Fahrer noch fahren», warnt er.