Geschäftsschließungen wegen Corona-Pandemie rechtens Von Markus Klemm, dpa

Die Allgemeinverfügung zur Schließung von Geschäften wegen der
Corona-Pandemie ist laut einem unanfechtbaren Beschluss des
Oberverwaltungsgerichts rechtens. SPD und Grüne verschoben wegen der
Covid-19-Pandemie erneut den Start der Koalitionsverhandlungen.

Hamburg (dpa/lno) - Wegen der Corona-Pandemie geschlossene Geschäfte
müssen auch weiter geschlossen bleiben. Das Oberverwaltungsgericht
Hamburg bestätigte am Donnerstag in einem unanfechtbaren Beschluss
die am 16. März erlassene Allgemeinverfügung zur Eindämmung des
Coronavirus, die die Schließung von Einzelhandelsgeschäften regelt.
Eine Betreiberin von mehreren E-Zigaretten-Geschäften hatte mit einem
Eilantrag versucht, die Verfügung zu kippen, wie das Gericht
mitteilte. SPD und Grüne verschoben unterdessen den für kommende
Woche geplanten Start der Koalitionsverhandlungen wegen der
Corona-Pandemie erneut. Ein konkreter Termin zur Aufnahme der
Gespräche könne derzeit nicht festgelegt werden, hieß es.

URTEIL - Nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts ist die in der
Verfügung festgelegte Unterscheidung zwischen Geschäften mit stark
spezialisiertem Warensortiment wie dem der Klägerin und Läden mit
Waren des täglichen Bedarfs verfassungsrechtlich tragfähig. Die
Richter bestätigten den Angaben zufolge zudem die erstinstanzliche
Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass dem Schutz der Gesundheit
der gesamten Bevölkerung der Vorzug vor wirtschaftlichen Interessen
Einzelner zu geben ist.

KOALITIONSVERHANDLUNGEN - Mit Blick auf die neuerlich verschobenen
Koalitionsverhandlungen sagte Hamburgs SPD-Vorsitzende und
Sozialsenatorin Melanie Leonhard, es sei erforderlicher denn je, dass
Senat und Behörden täglich an der Bekämpfung der Covid-19-Pandemie
und an der Aufrechterhaltung der Grundfunktionen der Stadt
arbeiteten. «All dies spannt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der
geplanten Koalitionsverhandlungen unverändert ein, weswegen eine
erneute Verschiebung leider unumgänglich ist.» Grünen-Chefin Anna
Gallina betonte: «Die Bewältigung der Corona-Krise hat für uns
oberste Priorität.»

CORONA-FÄLLE - Die Zahl der an Covid-19 erkrankten Hamburger stieg
unterdessen weiter. Seit Mittwoch seien 164 neue Fälle von
Erkrankungen mit dem neuartigen Coronavirus bestätigt worden, teilte
der Senat. Damit liege die Zahl der in Hamburg gemeldeten Fälle bei
nunmehr 1614. Unter den Infizierten sind 103 in stationärer
Behandlung, 23 befinden sich auf einer Intensivstation. Am Vortag
waren 77 Personen in stationärer Behandlung, davon 19 auf einer
Intensivstation. Der Senat rechnet in den kommenden Tagen mit einem
weiteren deutlichen Anstieg positiv getesteter Frauen und Männer.

SCHUTZAUSRÜSTUNG - Wegen der Knappheit an Schutzmaterialien rief die
Gesundheitsbehörde Unternehmen auf, in ihren Firmen nach
Schutzkleidung zu suchen und zur Verfügung zu stellen: «Unternehmen,
die über Schutzkleidung verfügen - aber nicht zum Gesundheitswesen
zählen - und diese Schutzausrüstung momentan nicht zwingend
benötigen, werden gebeten, sich zur Unterstützung an die
Gesundheitsbehörde zu wenden.» Zudem richtete die Behörde ein
Register für freiwillige Fachkräfte ein. Gesucht seien unter anderem
Ärzte, Pflegekräfte mit und ohne Intensiverfahrung sowie
Medizinstudenten.

PRIVATINSOLVENZEN - Die Wirtschaftsauskunftei Crifbürgel erwartet in
diesem Jahr deutlich mehr private Insolvenzen. «Das Coronavirus wird
die Wirtschaft schwer belasten, wobei die Auswirkungen heute noch gar
nicht abschätzbar sind», sagte Geschäftsführer Christian Bock. «W
ir
müssen jedoch davon ausgehen, dass es in der Folge auch wieder mehr
Privatinsolvenzen in Deutschland geben wird.» Gegenwärtig rechne er
mit einem Anstieg um mindestens zehn Prozent.

MIETSTUNDUNG - Um Verluste wegen der Corona-Krise etwas abzufedern,
können Imbisse und Kioske, Bäckerei-Shops und Blumenhändler sowie
andere Gewerbetreibende in Hamburger U-Bahn- und an
Bus-Umsteigestationen ihre Mieten vorübergehend stunden lassen. Dazu
müssen sie bei der Hamburger Hochbahn als Vermieterin einen
entsprechenden Antrag für die Monate April, Mai und Juni stellen, wie
die Wirtschaftsbehörde mitteilte. Der Zahlungsaufschub sei bis zum
31. Dezember möglich.

FUNDBÜRO - Nicht nur Ladenbesitzer, auch die Mitarbeiter das
Hamburger Fundbüros haben wegen der Corona-Pandemie weniger zu tun.
Im März wurden bislang nur rund 2000 Fundsachen abgegeben. Im Jahr
zuvor waren es gut 3200, wie ein Sprecher der Deutschen
Presse-Agentur sagte. «Der bisher im Monat März zu verzeichnende
deutliche Rückgang lässt sich wohl aller Wahrscheinlichkeit nach
damit erklären, dass die Menschen jetzt ihre eigenen vier Wände
seltener oder vielleicht sogar gar nicht verlassen.»

BAU - Weiter viel zu tun haben dagegen Hamburgs Bauarbeiter. Während
ein Großteil der Menschen in Deutschland von zu Hause arbeite und
Teile der Industrie still stünden, «zeigt sich die Bauwirtschaft
bislang insgesamt deutlich immuner gegen die Krise als viele andere
Branchen», sagte der Hamburger Bezirksvorsitzende der
Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, Matthias Maurer. Er betonte
jedoch, die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie gälten auch auf dem

Bau. Die Fahrt im voll besetzten Transporter zur Baustelle oder große
Frühstücksrunden im Baucontainer seien tabu.

INDUSTRIE - Der Hamburger Industrie fehlen ausländische
Arbeitskräfte. «Konkret zeigt sich dies zum Beispiel am Mangel an
Lkw-Fahrern für Transporte zu Baustellen und an Verzögerungen in den
Lieferketten», sagte der Vorsitzende des Industrieverbands Hamburg
(IVH), Matthias Boxberger. Der Industrie gelinge es jedoch mit einem
enormen Aufwand zur Einhaltung der Corona-bedingten Vorgaben, weiter
zu produzieren. In den Branchen für Pharmaprodukte und Lebensmittel
sei der Absatz teilweise sogar erhöht.

ELBPHILHARMONIE - Die Elbphilharmonie verlagert viele ihrer Angebote
ins Internet. «Unter dem Titel #ElphiAtHome spielen wir über unsere
Kanäle ein vielfältiges Programm aus, zu dem virtuelle Hausführungen

(«ZuHausführungen») ebenso gehören wie halbstündige Konzerte in
kleinen Besetzungen, die wir aktuell im leeren Großen Saal der
Elbphilharmonie mit unseren ferngesteuerten Kameras aufnehmen»,
teilte das Konzerthaus mit. Zudem ist ein regelmäßiges Kinderprogramm
geplant, und jeden Abend werden ältere Konzert-Mitschnitte aus der
Elphi oder anderen europäischen Konzerthäusern gesendet.

LAMPEDUSAZELT - Auch wegen der Corona-Pandemie hat das Bezirksamt
Hamburg-Mitte das seit 2013 als Dauermahnwache für das Bleiberecht
von Geflüchteten unweit des Hauptbahnhofs stehende sogenannte
Lampedusa-Zelt abbauen lassen. Das Zelt sei Anziehungspunkt für
Personen und Personengruppen gewesen, was in der Corona-Pandemie ein
besondere Gefahr darstelle. «Deshalb wurde das Zelt auch zur Abwehr
von Infektionsrisiken gem. § 28 Abs.1 Infektionsschutzgesetz
abgebaut», sagte eine Bezirksamtssprecherin der Deutschen
Presse-Agentur. Darüber hinaus hat die Polizei als
Versammlungsbehörde das Zelt nicht mehr als versammlungsimmanent
eingestuft

SCHWEIGER - Schauspieler Til Schweiger (56) empörte sich unterdessen
darüber, dass in der Corona-Krise Menschen nicht ausreichend Abstand
zueinander halten. Häufig gingen Menschen, die ihm entgegenkommen,
einfach unachtsam weiter geradeaus, berichtete er auf Instagram.
«Wenn du einfach mal nicht ausweichst, dann gehen die ganz eng bei
dir vorbei», sagte der Schauspieler und Produzent in einer
Videobotschaft. In den Kommentaren zu dem Beitrag bekam Schweiger
viel Zuspruch - unter anderem von Schauspielkolleginnen wie Liza
Waschke und Jasmin Gerat.