Hamburger halten sich meist an Auflagen gegen Corona-Pandemie Von Markus Klemm, dpa

Hamburgs Bürger halten sich meist an die Auflagen zur Eindämmung der
Corona-Pandemie. Bürgermeister Tschentscher freut das sehr. Er lässt
aber auch keinen Zweifel daran, dass Uneinsichtige jetzt mit Strafen
zu rechnen haben.

Hamburg (dpa/lno) - Hamburgs Bürger halten sich weitgehend an die
noch einmal verschärften Verhaltensregeln zur Eindämmung der
Corona-Pandemie. Die Menschen nähmen die Maßnahmen ernst, sagte
Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) am Montag dem Sender NDR 90,3.
«Auf den öffentlichen Straßen und Plätzen, in den Parks ist übera
ll
erkennbar, dass die Abstandsregeln eingehalten werden (...) Ich
glaube, wir sind jetzt in einer Situation, in der es auch bei dem
Letzten angekommen ist.» Ähnliche Beobachtungen machte die Polizei.
«Die Nacht war extrem ruhig», sagte ein Polizeisprecher am Montag der
Deutschen Presse-Agentur.

Tschentscher ließ jedoch keinen Zweifel daran, dass gegen Verstöße
eingeschritten werde, so dass es auch «zu Bußgeldern und echten
Sanktionen» komme. «Das ist jetzt eine Aufgabe, die unsere
Polizeibeamten wahrnehmen. Und sie machen das auch wirklich mit
Augenmaß, aber auch eben mit der nötigen Konsequenz.»

Bund und Länder hatten sich am Sonntag auf eine umfassende
Beschränkung sozialer Kontakte geeinigt. Maximal zwei Personen dürfen
in der Öffentlichkeit noch zusammen sein. Familien oder
Wohngemeinschaften sind ausgenommen. Ferner wurde festgelegt, dass
Handwerke und Dienstleistungen, bei denen der Mindestabstand von 1,50
Meter nicht eingehalten werden kann, ebenfalls untersagt sind. Dies
gilt etwa für Friseure, Kosmetikstudios, Massagepraxen oder
Tattoo-Studios.

ZAHL DER FÄLLE - Ungeachtet aller Maßnahmen ist die Zahl der
bestätigten Corona-Infektionen seit Sonntag weiter gestiegen.
Insgesamt seien 102 neue Fälle von Covid-19-Erkrankungen bestätigt
worden, teilte der Senat am Montag mit. Damit liege die Zahl der in
Hamburg gemeldeten Fälle bei nunmehr 989. Unter den Infizierten sind
55 in stationärer Behandlung, 14 befinden sich auf einer
Intensivstation. Am Vortag waren 51 Personen in stationärer
Behandlung, davon 10 auf einer Intensivstation.

Unter anderem hat sich ein Kinderarzt aus dem Stadtteil Ottensen
infiziert und seine Praxis geschlossen. Er sei positiv auf den
SARS-CoV-2-Erreger getestet worden und befinde sich in häuslicher
Quarantäne, sagte ein Sprecher der Gesundheitsbehörde. Der Arzt, der
sich bei seinem 90-jährigen Schwiegervater angesteckt habe, sagte dem
NDR, es sei gut, dass es ihn so früh erwischt habe. «Wenn in zwei,
drei Wochen die Riesenwelle auf uns zukommt, sind wir immun und
können auch helfen», erklärte er.

WIRTSCHAFT - Die Stadt und die Finanzwirtschaft kündigten unterdessen
an, in Not geratene Unternehmen nicht allein zu lassen. «Im
Schulterschluss von Bund, Land und Finanzwirtschaft machen wir
deutlich: Wir gemeinsam lassen die vielen Selbstständigen, die vielen
Unternehmen aller Branchen und Größen in dieser schwierigen Lage
nicht im Stich!», heißt es in einer Erklärung von Hamburger
Sparkasse, Hamburger Volksbank, Investitions- und Förderbank, dem
Bankenverband Hamburg, Finanzplatz Hamburg und der Finanzbehörde.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Handwerkskammer Hamburg
forderten die Unternehmen auf, trotz Krise Arbeitsplätze zu erhalten.
In einem gemeinsamen Appell riefen sie Arbeitgeber und Betriebsräte
auf, alle Instrumente und Mittel auszunutzen. «Sichern Sie die
Arbeitsplätze Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und zahlen Sie
die Löhne weiter», erklärte der Arbeitnehmer-Vizepräsident der
Handwerkskammer, Karl-Heinz Westphal. Hamburgs DGB-Chefin Katja
Karger verwies auf die neuen Regelungen zum Kurzarbeitergeld. «Mit
Menschlichkeit und sozialer Verantwortung füreinander meistern wir
gemeinsam diese historische Krise.»

Die Lufthansa Technik AG erwartet nach einem Rekordwachstum im
vergangenen Jahr wegen der Corona-Krise einen Umsatzeinbruch. «Das
volle Ausmaß wird uns erst mit Verzögerung treffen, so dass eine
Prognose momentan unmöglich ist, aber erste Auswirkungen sind bereits
massiv spürbar», erklärte Vorstandschef Johannes Bußmann. Alles h
änge
von der Dauer der Krise ab und wie sich die Fluggesellschaften davon
erholten. Bußmann betonte jedoch: «Durch die Internationalität
unseres Unternehmens glauben wir, die Auswirkungen der Krise
bewältigen zu können.»

ABITUR - Zwei Hamburger Schüler haben angesichts der Pandemie eine
Petition zur bundesweiten Absage der Abiturprüfungen gestartet.
Stattdessen soll in diesem Jahr jede Schülerin und jeder Schüler
deutschlandweit ein sogenanntes Durchschnittsabitur erhalten, heißt
in der unter anderem an Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Bürgermeister
Tschentscher und zahlreiche Bildungsminister der Länder gerichteten
Petition. Dabei soll etwa in Hamburg ein Durchschnitt der
einzubringenden 32 bis 40 Semesterergebnisse der vergangenen vier
Halbjahre errechnet und als Abiturnote festgelegt werden. Die beim
Internetportal «change.org» veröffentlichte Petition haben bis
Montagnachmittag fast 25 000 Unterstützer unterzeichnet.

KIRCHEN - Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland
(Nordkirche) hat unterdessen besonders für alte, kranke und sozial
isolierte Menschen eine kostenlose Seelsorge-Hotline eingerichtet.
Unter der Nummer 0800 4540106 werden insgesamt 35 ausgebildete
Seelsorger täglich von 14 bis 18 Uhr als Gesprächspartner erreichbar
sein, wie die Nordkirche mitteilte. Das Hilfsangebot richte sich an
jeden, unabhängig von Glaube oder Religionszugehörigkeit, sagte
Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt.

TELEFONPATEN - Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) Hamburg sucht für ältere
und hilfsbedürftige Menschen in Zeiten der Corona-Pandemie
Telefonpaten und Einkaufshilfen. «Ein täglicher oder regelmäßiger
Telefonanruf ist ein wichtiger Ankerpunkt für viele Abgeschirmte»,
erklärte der Landesverband. Auch die Versorgung mit Lebensmitteln
könne für Ältere und Hilfsbedürftige problematisch sein. «Freiwil
lige
könnten hier mit einer Einkaufshilfe viel bewegen.» Interessierte
können sich auf der Website des Landesverbands registrieren, um
Menschen zu helfen, die aufgrund der Ansteckungsgefahr keinen Kontakt
zur Außenwelt haben dürfen.

TAFELN - Ein Aufruf der Hamburger Tafel hat viele neue Helfer
beschert. Zudem haben nun auch einige Ausgabestellen in der City dank
bereits vorgepackter Tüten wieder geöffnet. «Es haben tatsächlich
drei Ausgabestellen wieder auf, die vorher zu waren», sagte
Sprecherin Julia Bauer. Die Hamburger Tafel liefert Lebensmittel an
130 Ausgabestellen. Von denen haben derzeit nur etwa 30 geöffnet.

SPENDENPARLAMENT - Das Hamburger Spendenparlament vergibt angesichts
der Corona-Pandemie erstmals seit seiner Gründung 1996 mehr als 400
000 Euro Fördermittel ohne Abstimmung im Plenum. «Präsidium, Vorstand

und Finanzkommission haben entschieden, dass die 18 von der
Finanzkommission vorgeschlagenen Projekte ohne Parlamentssitzung
Fördermittel erhalten», erklärte Vorstandschef Uwe Kirchner. Das
Spendenparlament hat nach eigenen Angaben seit 1996 rund 1350
Projekte in Hamburg gegen Obdachlosigkeit, Armut und Isolation mit
rund 13 Millionen Euro unterstützt.

KLINIKEN - Die Asklepios-Kliniken wollen bis Ende Mai 500 zusätzliche
Intensivbetten mit Beatmungsgeräten für Corona-Patienten einrichten.
Der Krankenhaus-Konzern habe Beatmungsgeräte und andere Technik für
37 Millionen Euro gekauft und setze bei der Anschaffung auch auf die
angekündigte Hilfe der Bundesregierung, teilte das Unternehmen in
Hamburg mit. Die Auslieferung soll in der nächsten Woche beginnen, je
nach Bedarf und Freigabe der Fördermittel durch die Länder. Zum
Aufbau der neuen Kapazitäten nutze der Konzern auch Ersatzgeräte aus
eigenen Beständen. Asklepios ist bundesweit an rund 160 Standorten
aktiv und verfügt über 800 Beatmungsbetten. 300 davon befinden sich
in den sieben großen Asklepios-Kliniken in Hamburg.

DESINFEKTIONSMITTEL - Der Kosmetik-Konzern Beiersdorf hat der
Hamburger Feuerwehr und dem Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) 6000
Liter Desinfektionslösung gespendet. «Für uns ist das praktische und

direkte Nachbarschaftshilfe», erklärte der Werksleiter der Beiersdorf
Manufacturing Hamburg (BMH), Frank Labahn, bei der Übergabe. Wegen
der durch die Coronakrise ausgelösten Knappheit hatte das Unternehmen
vergangene Woche angekündigt, die Produktion von Desinfektionsmitteln
in Hamburg-Eimsbüttel, Waldheim (Sachsen) und Tres Cantos bei Madrid
hochzufahren. Die ersten 500 Tonnen sollen öffentlichen Einrichtungen
und Einsatzkräften gespendet werden.