Erste Länder mit Ausgangsbeschränkungen Von Theresa Münch, dpa

Jetzt ist es so weit: Im ersten Bundesland gelten ab Samstag
Ausgangsverbote. Mindestens ein weiteres will folgen - auch weil noch
immer viele Menschen in der Corona-Krise sorglos scheinen.

Berlin (dpa) - Viele Menschen in Deutschland werden ihren Alltag
angesichts der Corona-Krise in den kommenden Tagen noch weiter
einschränken müssen. In Bayern gilt ab Samstag ein weitgehendes
Ausgangsverbot. Auch das Saarland will eine entsprechende Regelung im
Laufe des Freitags beschließen, wie die dortige Staatskanzlei
mitteilte. Zudem sollen vielerorts Restaurants und Kneipen für Gäste
geschlossen werden, ein Abverkauf und die Lieferung von Speisen aber
weiter möglich bleiben. Viele Menschen müssen auch auf ihren
Osterurlaub verzichten. In der Bundesregierung bereitet man sich
zudem darauf vor, möglicherweise große Unternehmen zu retten - und
dafür auch besondere Notfallregelungen in Kraft zu setzen.

ERSTES GROßES AUSGANGSVERBOT VERHÄNGT

In Bayern ist das Verlassen der eigenen Wohnung ab Samstag zur noch
mit triftigem Grund erlaubt - etwa für den Weg zur Arbeit, notwendige
Einkäufe, Arzt- und Apothekenbesuche und Hilfe für andere. Sport und
Bewegung an der frischen Luft sind nur allein erlaubt oder mit den
Menschen, mit denen man zusammenlebt. Eine ähnliche Regelung plant
auch das Saarland - der endgültige Beschluss sollte im Laufe des
Freitags fallen.

Eine bundesweite Ausgangssperre versucht die Bundesregierung dennoch
weiter zu vermeiden. Regierungssprecher Steffen Seibert ermahnte die
Bürger eindringlich, sich nicht mehr in Gruppen zu treffen. Man solle
einfach nicht in einer Menschentraube im Park stehen oder eng
gedrängt im Café sitzen. Andernfalls werde man möglicherweise zu
weiteren Mitteln greifen. Am Sonntagabend werde Bundeskanzlerin
Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten der Länder eine
«schonungslose Analyse» vornehmen.

Für mehrere Orte, darunter die Stadt Freiburg, gelten inzwischen
zumindest Betretungsverbot für Gruppen an öffentlichen Orten. Die
Landesregierung von Baden-Württemberg bereitet für das gesamte Land
ein Niederlassungsverbot für Gruppe auf öffentlichen Plätzen vor. In

Bayern und Hessen werden ab Mitternacht zudem die Restaurants,
Biergärten und Cafés geschlossen. Lieferungen und Take-away-Angebote
soll es aber weiter geben.

VIRUSFÄLLE STEIGEN WELTWEIT RASANT

Innerhalb von nur zwölf Tagen haben sich die nachgewiesenen
Corona-Infektionsfälle laut Weltgesundheitsorganisation weltweit
verdoppelt. Es habe etwa drei Monate gedauert, bis die ersten 100 000
nachgewiesenen Fälle bekannt waren. Die zweiten 100 000 Fälle seien
innerhalb von zwölf Tagen erreicht worden. Wie sich die Zahlen
angesichts der teils drastischen Bewegungseinschränkungen in vielen
Ländern weiter entwickeln, sei schwer vorherzusagen.

Die Johns Hopkins-Universität in den USA zeigte in ihren Tabellen am
Freitag 245 000 nachgewiesene Fälle weltweit und mehr als 10 000
Tote. Die WHO hatte ihre eigenen Zahlen vom Donnerstag (knapp 210 000
Fälle und fast 9000 Tote), bis Freitagmittag nicht aktualisiert.

REISEWARNUNG BIS NACH DEN OSTERFERIEN

Die Reisewarnung der Bundesregierung wurde auf die Osterferien
ausgeweitet. Bis Ende April wird von touristischen Auslandsreisen
abgeraten. «Das ist für viele schmerzlich aber absolut notwendig.
Bleiben Sie zu Hause!», schrieb Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD)
auf Twitter. Reisewarnungen gibt es normalerweise nur bei Gefahr für
Leib und Leben, vor allem für Bürgerkriegsländer wie Syrien,
Afghanistan oder den Jemen. Sie können kostenlose Stornierungen
ermöglichen.

NOTFALLREGELUNG FÜR DIE SCHULDENBREMSE

Die Bundesregierung bereitet sich darauf vor, höhere Schulden
aufzunehmen als bisher erlaubt ist. Dafür soll die Notfallregelung in
der Schuldenbremse in Kraft gesetzt werden. Am Montag soll das
Kabinett den Beschluss treffen, im Laufe der Woche dann der
Bundestag.

Geplant ist außerdem ein Nachtragshaushalt für das Jahr 2020 - im
Gespräch ist ein Volumen von 60 bis 100 Milliarden Euro. Das Geld
wird für die Hilfsprogramme der Bundesregierung vor allem für
Unternehmen und Selbstständige benötigt.

NOTFALLS STAATLICHE BETEILIGUNG AN FIRMEN

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) will große Konzerne notfalls auch
mit einer befristeten staatlichen Beteiligung stützen. Dafür ist ein
Rettungsfonds im Gespräch, der ein Volumen von rund 500 Milliarden
Euro haben könnte. Damit könnten Unternehmen über Garantien vor der
Pleite gerettet werden - auch mit Kapitalzuschüssen. Es könne
Liquidität garantiert werden, sagte Scholz im ZDF.

MILLIARDEN FÜR SCHUTZAUSRÜSTUNG

Das Finanzministerium will bis zu 2,11 Milliarden Euro zusätzlich für
Schutzausrüstung und Beatmungsgeräte bereitstellen. «Die
Haushaltsmittel werden zur Bekämpfung des Ausbruchs des Coronavirus
zur Aufrechterhaltung der Versorgung im Gesundheitswesen benötigt»,
heißt es in einem Schreiben der Parlamentarischen Staatssekretärin
Bettina Hagedorn an den Haushaltsausschuss. Der Bedarf an
persönlicher Schutzausrüstung, Beatmungsgeräten und antiviralen
Mitteln zur Bekämpfung des Coronavirus steige immens. Zudem gebe es
«extreme Lieferengpässe bei gleichzeitig steigenden Preisen».
Verfügbare Bestände müssten umgehend zentral vom
Gesundheitsministerium aufgekauft werden.

GIPFELTREFFEN ABGESAGT

Die US-Regierung sagte das für Juni in den USA geplante Gipfeltreffen
sieben führender Wirtschaftsnationen wegen der Coronavirus-Pandemie
ab. Stattdessen solle es eine Videokonferenz geben, teilte das Weiße
Haus mit. Präsident Donald Trump werde zudem im April und Mai mit
seinen Kollegen der G7-Staaten per Videokonferenz das weitere
Vorgehen im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie besprechen.