Staat will Einkommen der Arbeitnehmer in der Krise stärker absichern

Kurzarbeit bewahrt viele Arbeitnehmer vor dem Absturz in die
Arbeitslosigkeit. Doch die Einbußen sind groß. Und was tun, wenn man
wegen der Kinderbetreuung nicht arbeiten kann? Der Staat will
umfassend helfen.

Berlin (dpa) - Arbeitnehmer in Deutschland sollen bei Kurzarbeit oder
dauerhafter häuslicher Kinderbetreuung in der Coronakrise vor großen
Lohneinbußen geschützt werden. Das sagte Bundesarbeitsminister
Hubertus Heil (SPD) nach einem Treffen mit Wirtschaftsminister Peter
Altmaier (CDU) und den Sozialpartnern am Mittwoch in Berlin.

Voraussichtlich am kommenden Montag werde das Bundeskabinett ein
Gesetz beschließen, das bei Schul- und Kitaschließungen den
Arbeitgebern gestatte, Lohnfortzahlungen ausweiten zu können. Die
Firmen sollen sich das Geld dann vom Staat zurückholen können, wie
Heil sagte. Geplant sei ein gestuftes Verfahren über einen begrenzten
Zeitraum, so dass die Löhne nicht absacken.

Es gehe um Kinder unter zwölf Jahren. Weitere Details nannte Heil
noch nicht. In einer gemeinsamen Erklärung der Ministerien und der
Sozialpartner heißt es, die Arbeitnehmer seien gefordert, über
Überstundenabbau und Urlaub die Betreuung sicherzustellen - weitere
Überlegungen zu entgeltsichernde Maßnahmen begrüßten die Arbeitgebe
r
und Gewerkschaften. Heil sagte, weitere Beratungen zum Thema stünden
bereits an diesem Donnerstag in der Bundesregierung an.

Auch beim Kurzarbeitergeld sollen Lohnlücken abgefedert werden. Dazu
böten sich tarifvertragliche Regelungen an, sagte der Chef des
Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann. Es gehe darum,
das Kurzarbeitergeld aufzustocken und Einkommenslücken zu minimieren.
Hoffmann nannte eine Einigung in der Systemgastronomie als
vorbildlich. Hier werden die Entgelte durch die Unternehmen über das
normale Kurzarbeitergeld hinaus auf 90 Prozent des alten
Nettoeinkommens aufgestockt.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) übernimmt bei Kurzarbeit 60 Prozent
des ausgefallenen Nettolohns. Bei Arbeitnehmern mit Kind sind es 67
Prozent. Hoffmann und Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer nannten auf
Nachfrage keine Details, wie eine Regelung bundesweit oder in
einzelnen Branchen aussehen könnte. In der gemeinsamen Erklärung der
Ministerien und der Sozialpartner heißt es, diese würden unter
Beteiligung der Regierung «kurzfristig» Gespräche führen, wir übe
r
tarifvertragliche Lösungen eine finanzielle Aufstockung ausgestaltet
werden kann».

Bundesweit gibt es bereits einen Ansturm von Unternehmen auf das
erweiterte Kurzarbeitergeld in der Coronakrise. Die Firmen beantragen
die Leistung in großem Stil bei den örtlichen Stellen der BA. Eine
Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums sagte in Berlin, «dass es
momentan einen enormen Anstieg an Beratungsbedarf gibt». Viele
Unternehmen wollten die Leistung erstmals in Anspruch nehmen.

Das erleichterte Kurzarbeitergeld fließt rückwirkend zum 1. März.
Betriebe können Kurzarbeitergeld nutzen, wenn nur 10 Prozent der
Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind - statt wie bisher
ein Drittel. Den Arbeitgebern werden zudem die
Sozialversicherungsbeiträge, die sie bei Kurzarbeit zu zahlen haben,
in voller Höhe erstattet. Auch Zeitarbeitsunternehmen können die
Leistung anzeigen.

Heil bekräftigte mit Blick auf das Kurzarbeitergeld, die BA habe
einen Puffer von 26 Milliarden Euro. Ziel sei es, Firmen zu erhalten
und Entlassungen zu verhindern.

Deutschland stehe wirtschaftspolitisch und sozial vor einer
Bewährungsprobe, sagte Heil. Die Herausforderungen seien größer als
bei der Finanzkrise 2008/2009. Auch eine Clearingstelle in seinem
Ministerium sei geplant, so dass Arbeitgeber und Gewerkschaften alle
ihre Fragen beantwortet bekommen könnten.

Altmaier sagte: «Es ist die Zeit für entschlossenes und schnelles
Handeln.» Es gehe darum, «dass wir möglichst viele Unternehmen
erhalten in ihrer puren Existenz und in ihrer langfristigen
Wettbewerbsfähigkeit».

Arbeitgeberpräsident Kramer sagte: «Kurzarbeit ist ein System, um
Mitarbeiter im Unternehmen zu halten.» Die Alternative wären
Entlassungen. Er selbst habe als Unternehmer schon mehrfach
Kurzarbeit verhängen müssen. In einer Krise gelte: «Das Eigenkapital

schmilzt wie Schnee in der Sonne.»

Es würden in der Coronakrise wöchentlich neue Probleme hochkommen,
sagte Kramer. Es gehe um viele praktische Fragen - wie: Was ist mit
Pendlern? Was ist mit Hauptversammlungen, die physisch stattfinden
müssten? «Wir werden durch dieses Tal durchkommen wie früher durch
ganz andere Täler», so Kramer.

Hoffmann sagte, «dass die betroffenen Beschäftigten eine
Arbeitsplatzsicherheit brauchen, aber auch eine
Einkommenssicherheit».

In einer weiteren Runde im Arbeitsministerium sollte es um die Lage
der Selbstständigen gehen. Altmaier sagte, die mögliche Palette an
Hilfen reiche von Direktzuschüssen bis zu Härtefallregelungen. Auch
Mietzuzahlungen gegen drohenden Wohnungsverlust seien im Gespräch.

Die Sprecherin des Arbeitsministeriums verwies darauf, dass für
bedürftige Menschen Grundsicherung gesichert sei: «Alle Leistungen
werden gezahlt.» Geprüft werde ein unbürokratischer Zugang zur
Grundsicherung für Selbstständige.

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