Coronavirus schockt Finanzmärkte - Furcht vor wirtschaftlichen Folgen Von Michael Schilling, dpa-AFX
Lange zeigten sich Anleger in der Coronavirus-Krise gelassen, obwohl
in China Fabriken stillstehen und der Tourismus schwächelt. Jetzt
folgt ein Anflug von Panik. Denn die Wirtschaft weltweit ächzt unter
der Epidemie. Die deutsche Industrie ruft die Politik zum Handeln
auf.
Frankfurt/Main (dpa) - Gerade erst war an den Finanzmärkten die Sorge
wegen des Coronavirus abgeebbt - doch damit ist es jetzt vorbei.
Aktienkurse brachen zum Wochenbeginn ein, die Ölpreise gaben nach.
Gefragt waren hingegen Anlagen wie Gold und Staatsanleihen, die als
«sicherer Hafen» in Krisenzeiten gelten. Der Grund für die
Turbulenzen: Die Anzahl der Infizierten ist in Italien übers
Wochenende deutlich gestiegen, in China ist die Zahl der Toten durch
das Virus sprunghaft angestiegen und auch Südkorea ist zunehmend
betroffen.
«Klar ist, dass die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Epidemie
erheblich sein werden», kommentierte Michael Bissinger, Experte bei
der DZ Bank. Schäden durch Produktionsausfälle, gestörte
Lieferketten, eingeschränkte Konsummöglichkeiten und die Ausfälle im
Reiseverkehr seien vor allem für China und die asiatischen
Anrainerstaaten schon jetzt beträchtlich.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) senkte bereits seine
Wachstumsprognose für China und laut Unicredit-Chefvolkswirt Erik
Nielsen dürfte die Wirtschaft des Landes im ersten Quartal nur noch
um 3 Prozent wachsen, nach rund 6 Prozent Ende 2019. Angesichts der
zuletzt stark gestiegenen Bedeutung Chinas für die Weltwirtschaft
werde dies entsprechende Auswirkungen auf die globale Konjunktur
haben, so der Experte.
Mit Blick auf Deutschland gehen Volkswirte führender deutscher
Finanzinstitute davon aus, dass die Epidemie eine Konjunkturerholung
verzögern könnte. Denn China ist ein wichtiger Handelspartner
Deutschlands. Für die Autobauer BMW, Daimler und Volkswagen ist das
Reich der Mitte der wichtigste Einzelmarkt. Hinzu kommen
vorübergehende Produktionsstopps, wenn auch BMW und Daimler ihre
Fertigung in China inzwischen wieder hochfahren konnten und
Volkswagen am Montag bekanntgab, den Betrieb der meisten Werke wieder
aufgenommen zu haben.
Branchen-Experte Ferdinand Dudenhöffer rechnet 2020 im Vergleich zum
Vorjahr weltweit mit einem Rückgang der Produktion um 2,7 Millionen
Fahrzeuge. Die deutsche Autoindustrie sei wegen des hohen
China-Anteils von 35 Prozent am Gesamtumsatz besonders betroffen.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) warnt denn auch vor
möglichen Auswirkungen des Virus auf die Konjunktur und ruft die
Politik zum Handeln auf. «Neben dem Gesundheitsschutz muss die
Politik ab sofort das wirtschaftliche Krisenmanagement in den Fokus
nehmen», sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang. «Die
Bundesregierung muss jetzt schleunigst wirtschaftspolitische Impulse
für eine Belebung des Wachstums liefern.» Die über 5000 deutschen
Unternehmen in China seien derzeit in Beschaffung, Produktion und
Absatz stark eingeschränkt.
Stockt die Produktion in chinesischen Fabriken länger, weil sie wegen
des Virus geschlossen bleiben, geraten auch deren Kunden in
Bedrängnis. Apple etwa kassierte wegen des Coronavirus erst jüngst
seine Umsatzprognose für das laufende Quartal wegen Lieferengpässen
bei iPhones. Am Montag warnte auch der britische Mischkonzern AB
Foods vor Auswirkungen auf seine Textilkette Primark. In Deutschland
rechnen laut BDI unter anderem die Branchen Elektro, Automobil,
Pharma und Papier mit Engpässen bei Lieferungen aus Fernost.
Ein zusätzliches Problem ist laut Experte Nielsen, dass Notenbanken
nicht auf solche Angebotsschocks reagieren können. Die Geldhüter
können zwar bei einer trägen Nachfrage versuchen, etwa mit Billiggeld
die Kauflaune von Unternehmen und Konsumenten anzukurbeln. Gibt es
aber schlicht wenig oder nichts zu kaufen, nutzt das nichts.
Wird weniger produziert, muss auch weniger transportiert werden. Das
bekommen als erstes Logistikkonzerne und Fluggesellschaften zu
spüren. Ihre Aktien zählten neben den Papieren deutscher Autobauer
zum Wochenstart zu den größten Verlierern. Für den deutschen
Leitindex Dax ging es bis zum Nachmittag insgesamt um knapp vier
Prozent abwärts. Auch im Rest Europas sowie in Asien ging es bergab
und an den US-Börsen verlor der Dow-Jones-Aktienindex zum
Handeslauftakt rund drei Prozent.
Unter Druck gerieten auch Papiere der Luxusbranche, weil hier ein
großer Teil des Umsatzes auf Käufen von Touristen basiert. Die
Luxusgüter-Branche rechnet laut einer Studie der
Beratungsgesellschaft Boston Consulting Group (BCG) wegen des
Coronavirus mit Belastungen bei Umsatz und Gewinn in Milliardenhöhe.
Die Konjunkturängste drückten auch auf die Ölpreise. Denn werden die
Wirtschaftsaktivität und die Reisetätigkeit ausgebremst, fällt das
ohnehin schon bestehende Überangebot am Ölmarkt noch größer aus,
erklärt Rohstoffexperte Carsten Fritsch von der Commerzbank. Gefragt
waren hingegen die als sichere Häfen geltenden Anlagen.
Staatsanleihen legten kräftig zu, ihre Renditen fielen im Gegenzug.
Der Goldpreis stieg auf ein Siebenjahreshoch, näherte sich der Marke
von 1700 US-Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) und erreichte in Euro
umgerechnet sogar einen Rekord von 1561 Euro.
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