Betrugsermittlungen im Klinikwesen - weitere Verfahren hinzugekommen Von Jörn Perske, dpa

Das Abrechnungswesen in Kliniken ist kompliziert - und bietet
offenbar Raum für Betrügereien. In nunmehr einem Dutzend
Ermittlungsverfahren im Umfeld von Krankenhäusern laufen
Nachforschungen. Die Prüfungen sind langwierig.

Bad Hersfeld/Frankfurt/Main (dpa/lhe) - Die Ermittlungen wegen
Betrugsvorwürfen im hessischen Krankenhauswesen weiten sich aus. Im
Verlauf des vergangenen Jahres seien weitere Verfahren hinzugekommen.
Die Zahl sei von zehn auf zwölf gestiegen, sagte der Frankfurter
Oberstaatsanwalt Alexander Badle der Deutschen Presse-Agentur. Der
Jurist ist Leiter der Zentralstelle für Medizinwirtschaftsstrafrecht
(ZMS) in Frankfurt.

Geprüft wird, ob bei Abrechnungen von Krankenhausleistungen
Straftaten begangen worden sind, wie Badle sagte. Die Ermittlungen
richten sich nicht nur gegen Verantwortliche von Krankenhäusern.
Teilweise geht es auch um Mediziner, die in Kliniken tätig sind und
ärztliche Leistungen betrügerisch abgerechnet haben sollen.

Badle zufolge handelt es sich um Verfahren aus dem Bereich der
stationären Versorgung. Dabei gehe es um ganz unterschiedliche
Tatvorwürfe. Ein Schwerpunkt bilde derzeit das Thema Betrug im
Zusammenhang mit der Abrechnung sogenannter Ermächtigungsleistungen.

Eine Ermächtigung erhalten Ärzte in Krankenhäusern, die ambulante
Leistungen erbringen wollen. Ein solcher Arzt muss seine Leistungen
grundsätzlich immer persönlich erbringen. Grund dafür sind seine
persönlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und besonderen Qualifikationen,
auf Basis derer die Ermächtigung von der Kassenärztlichen Vereinigung
erteilt wurde. Nur bei Krankheit, Urlaub oder Teilnahme an ärztlicher
Fortbildung oder an einer Wehrübung kann er sich innerhalb von zwölf
Monaten bis zur Dauer von drei Monaten vertreten lassen, wie Badle
erläuterte.

«In den derzeit bei der Zentralstelle geführten Ermittlungsverfahren
ergeben sich konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beschuldigten die
Ermächtigungsleistungen regelmäßig nicht selbst erbracht, sondern von

anderen angestellten Ärzten des Klinikums - und somit unter Verstoß
gegen die Ermächtigung - haben erbringen lassen», sagte Badle.
Aufgrund der im Sozialrecht strengen Betrachtungsweise seien solche
Leistungen gegenüber den Kostenträgern nicht abrechnungsfähig.
Insbesondere der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung gilt
als einer der zentralen Prinzipien der ärztlichen Leistung.

Zu den Schadenssummen konnten die Ermittler gegenwärtig keine Angaben
machen. «Diese dürften voraussichtlich regelmäßig im sechsstelligen

Bereich liegen, insbesondere bei solchen Ärzten, die über Jahre
Ermächtigungsleistungen fehlerhaft abgerechnet haben», erklärte
Badle. Zudem werde im Einzelfall auch geprüft, ob auch gegen die
Klinikleitung ein Betrugsverdacht besteht. «Das ist immer dann der
Fall, wenn sie Kenntnis davon hatte, dass ärztliches Klinikpersonal
regelmäßig zur regelwidrigen Erbringung von Ermächtigungsleistungen
eingesetzt wird.» Alles in allem handele es sich um besonders
umfangreiche und komplexe Ermittlungsverfahren, die die Zentralstelle
in den nächsten Jahren beschäftigen werde, sagte Badle.

Eines der Verfahren richtet sich gegen das Klinikum Bad Hersfeld
wegen mutmaßlichen Betrugs. Es geht um Abrechnungen zwischen Januar
2010 und März 2015 von einer speziellen Abteilung. Das
Ermittlungsverfahren wurde vor mehr als fünf Jahren, Ende 2014,
eingeleitet. Im März 2015 wurden Geschäftsräume der Klinikum Bad
Hersfeld GmbH durchsucht. Ein nicht genannter Anzeigenerstatter hatte
das Verfahren in Gang gebracht.

Das Abrechnungswesen in Kliniken ist kompliziert und stellt eine
besondere Herausforderung für die Ermittler dar, wie Badle erklärte.
Sie prüfen, ob es Fehler gab, welche Qualität sie haben und ob sie
strafrechtlich relevant sind. Wenn es um Betrugsvorwürfe geht, müssen
die Ermittler den komplexen Vorgang von Diagnose, Behandlung und
Abrechnung rekonstruieren und prüfen. Möglichkeiten, die Abrechnungen
im Krankenhaus zu beeinflussen, haben insbesondere
Medizin-Controller, wie Badle sagte. Die Leidtragenden des
mutmaßlichen Betrugs sind vor allem Krankenversicherungen, aber auch
Versicherte, wenn Leistungen teurer werden.

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