Debatte um CDU-Vorsitz: Merz prescht vor - Brinkhaus fordert Demut Von Jörg Blank, dpa

CDU im Überlebenskampf: Kommende Woche will Noch-Parteichefin
Kramp-Karrenbauer Gespräche über ihre Nachfolge führen. Ein
potenzieller Kandidat hat sich schon vorgewagt. Zwei bleiben noch in
Deckung. Armin Laschet will «nicht einmal eine Andeutung» machen.

Berlin (dpa) - Nach dem Vorpreschen von Ex-Unionsfraktionschef
Friedrich Merz werden die Rufe nach einer einvernehmlichen Lösung für
CDU-Vorsitz und Kanzlerkandidatur lauter. Der heutige Fraktionschef
Ralph Brinkhaus forderte Bereitschaft zur Unterordnung: «Wenn jemand
sagt, er möchte Verantwortung übernehmen, dann heißt das auch, dass
er Verantwortung als Nummer zwei oder Nummer drei übernehmen kann.»
Gesundheitsminister Jens Spahn betonte im «Spiegel»: «Wir brauchen
eine integrative Figur, jemand, dessen Kandidatur die Partei nicht
spaltet, sondern eint.» Saar-Ministerpräsident Tobias Hans (CDU)
sagte: «Es kann jetzt nur miteinander und in Geschlossenheit gehen.»

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet hielt sich
weiterhin bedeckt. Beim Valentinstreffen der CDU im hessischen
Kelkheim erklärte er am Freitagabend, er werde «nicht einmal eine
Andeutung» zu diesen Thema machen, und verwies auf die geplanten
Gespräche der scheidenden CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer
mit den potenziellen Kandidaten. «Die Vorsitzende redet kommende
Woche mit allen Dreien und danach wird sich zeigen, wie gehen wir
diesen Weg und vor allem mit welchem Zeitplan.»

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) erklärte bei seinem
Eintreffen in Kelkheim: «Alle drei haben das Zeug dazu, eine solche
Aufgabe wahrzunehmen. Da gibt es keine Abstufung nach dem Motto:
geeignet oder ungeeignet.» Beide, Laschet und Bouffier, sind
Mitglieder des CDU-Bundespräsidiums, des engsten Führungszirkels der
Partei um Kramp-Karrenbauer. Laschet gilt neben Merz und Spahn als
einer der drei aussichtsreichen Kandidaten für die Nachfolge von
Kramp-Karrenbauer, die am Montag ihren Rückzug angekündigt hatte.

Ebenso wie Laschet hat auch Spahn bisher offen gelassen, ob er
tatsächlich für den CDU-Vorsitz kandidieren würden. Auch Merz hat
eine definitive Festlegung in der Öffentlichkeit vermieden, aus
seinem engsten Umfeld heißt es aber, er sei zu einer Kandidatur
entschlossen.

Der saarländische CDU-Chef Hans sieht die Führungsdebatte als Teil
eines politischen Überlebenskampfes: «Es geht um das Überleben der
CDU als Volkspartei der Mitte und darum, verloren gegangenes
Vertrauen zurückzugewinnen», sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
In der Diskussion gehe es «um weit mehr als um Personalfragen». Er
betonte: «Unser Ziel muss es doch sein, jemanden zu präsentieren,
hinter dem sich die gesamte Union versammeln kann.»

Für die CDU gelte die Reihenfolge: «erst das Land, dann die Partei
und dann die Person, die eigene Person», sagte Brinkhaus im SWR.
«Jeder, der sagt, er möchte Verantwortung übernehmen, muss sich also

diesem Dreiklang dann entsprechend unterordnen. Und wenn der Platz
dann auf Nummer zwei oder Nummer drei ist oder irgendwo im Team ist,
dann ist das auch gut.» Er reagierte damit auf die Frage, ob er
glaube, dass sich Merz in ein Team einbinden lasse oder nur als Chef
zur Verfügung stehe.

Kramp-Karrenbauer will kommende Woche Gespräche mit Interessenten für
den Parteivorsitz führen. Nach dpa-Informationen ist am Dienstag ein
Treffen mit Merz geplant. In Interviews von ZDF und ARD erklärte sie
am Abend, nach den Gesprächen mit den drei potenziellen Kandidaten
werde sie am 24. Februar die Parteigremien informieren. Danach werde
beraten und festgelegt, wie es weitergehen solle. «Es besteht jetzt
kein Grund darin, innerhalb von 24 Stunden irgendeine eine
Entscheidung zu treffen.»

In der CDU-Zentrale wird sondiert, ob ein Wahlparteitag im April, Mai
oder Juni möglich wäre. Dafür ist ein Beschluss des Vorstands nötig
.
Der reguläre Wahlparteitag ist für die erste Dezemberwoche in
Stuttgart terminiert. Dort soll das neue Grundsatzprogramm der CDU
beschlossen werden.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hält es für
möglich, dass ein Nachfolger von AKK nicht schon vor der Sommerpause
gewählt wird. «Ich würde den Parteitag im Herbst so organisieren,
dass dort eine Wahl für den Parteivorsitz stattfindet. Im Anschluss
wird dann mit der CSU über die Kanzlerkandidatur beraten», sagte er
«Focus Online». Das sei mit großer Wahrscheinlichkeit dann der
CDU-Chef. Kramp-Karrenbauer werde den Übergangsprozess organisieren
und dazu am 24. Februar einen Vorschlag machen - am Rosenmontag ist
die nächste Sitzung des CDU-Präsidiums geplant.

Merz hatte am Donnerstagabend indirekt seine Bereitschaft für eine
Kandidatur zum Parteivorsitz angekündigt. Bei einem Mittelstandsforum
in Berlin antwortete er nicht direkt auf die Nachfrage, ob er für
Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur antrete. Die Union brauche einen
«Aufbruch nach vorne», sagte er. In Umfragen liege die CDU bei 22
Prozent, das Potenzial liege bei 35 plus x. Dieses müsse man nun
gemeinsam ausschöpfen. Er sei dazu bereit, seinen Beitrag zu leisten.
Die Entscheidung treffe am Ende aber ein Bundesparteitag.

Laut einer aktuellen Umfrage ist Merz derzeit der aussichtsreichste
potenzielle Kanzlerkandidat der Union. 40 Prozent der Befragten sind
nach dem ARD-«Deutschlandtrend» von Infratest dimap der Meinung, dass
der 64-Jährige ein guter Kanzlerkandidat wäre. Allerdings sind auch
42 Prozent der gegenteiligen Auffassung. Bayerns Ministerpräsidenten
und CSU-Chef Markus Söder sehen 31 Prozent als geeigneten
Kanzlerkandidaten. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet kommt auf 30
Prozent. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hält jeder Vierte (24
Prozent) für einen guten Kanzlerkandidaten.