Vom Windrad bis zum Wolf: Bundesrat fasst Beschlüsse

Ohne die Länder geht nicht viel in Deutschland. Viele Gesetze
brauchen ihre Zustimmung oder werden überhaupt erst vom Bundesrat
aufs Tapet gebracht. Ob wichtige Bauprojekte, Kampf gegen
Kindesmissbrauch oder Organspende - die Länderkammer hat entschieden.

Berlin (dpa) - Ein Land fehlte: Nach seiner Wahl mit den Stimmen von
AfD und CDU wollte der geschäftsführende Thüringer Ministerpräsiden
t
Thomas Kemmerich (FDP) die Kollegen im Bundesrat mit seiner
Anwesenheit nicht provozieren. Das hat die Länderkammer aber nicht
daran gehindert, am Freitag eine Riesenpalette an Beschlüssen zu
fassen. Ein Überblick: 

Verurteilungen wegen KINDESMISSBRAUCHS sollen nach dem Willen der
Länder lebenslang gespeichert werden. Sexual- und
Kinderpornografiedelikte sollten immer Eingang finden in das
erweiterte Führungszeugnis - einen entsprechenden Gesetzentwurf will
der Bundesrat nun in den Bundestag einbringen. Derzeit werden solche
Verurteilungen nach drei bis zehn Jahren nicht mehr in das erweiterte
Führungszeugnis aufgenommen. Dieses wird für den ehrenamtlichen oder
beruflichen Umgang mit Minderjährigen benötigt.

Auch Ermittlungen gegen CYBERGROOMING, bei dem Pädophile online
Kontakt zu Kindern suchen, werden leichter. Der Bundesrat billigte
bereits vom Bundestag beschlossene Verschärfungen. Schon der Versuch
eines sexuellen Kontakts zu Kindern im Internet wird strafbar, auch
wenn Täter es mit Ermittlern zu tun haben, die sich nur als
Minderjährige ausgeben. Fahnder dürfen zudem computergenerierte
Missbrauchsvideos nutzen und sich so Zugang zu einschlägigen
Plattformen verschaffen. Voraussetzung ist die Genehmigung durch
einen Richter.

Wichtige BAUPROJEKTE für den Zug- und Schiffsverkehr sollen künftig
schneller umgesetzt werden. Der Bundesrat beschloss, dass 13
ausgewählte große Vorhaben per Gesetz vom Bundestag genehmigt werden
können. Das soll das normale, oft langwierige Planungs- und
Genehmigungsverfahren verkürzen. Hintergrund ist, dass für mehr
Klimaschutz Verkehr von der Straße auf die Schiene und auf
Wasserstraßen umgeleitet werden soll. Der Bundesrat stimmte zudem
einer Gesetzesänderung zu, mit der Bahnübergänge schneller durch
Brücken oder Unterführungen ersetzt werden sollen, damit Züge und
Autos nicht ausgebremst werden.

Das RADFAHREN in Städten soll sicherer und attraktiver werden. Die
Länderkammer stimmte einer von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer
(CSU) vorgelegten Reform der Straßenverkehrsordnung (StVO) zu -
allerdings mit etlichen Änderungen. Vorgesehen sind unter anderem
konkrete Mindestabstände beim Überholen von Radlern. Autofahrern
sollen außerdem höhere Bußgelder drohen, wenn sie in zweiter Reihe
oder auf Geh- und Radwegen parken. Ein erneuter Vorstoß für ein
Tempolimit auf deutschen Autobahnen scheiterte derweil.

WÖLFE können künftig nach Angriffen auf Nutztiere leichter
abgeschossen werden. Der Bundesrat stimmte einer neuen Regelung zu,
die den Abschuss auch dann erlaubt, wenn nicht klar ist, welches
Raubtier genau etwa Schafe gerissen hat - und zwar so lange, bis es
keine weiteren Schäden mehr gibt. Das Naturschutzgesetz wird zudem so
umformuliert, dass auch Schäden bei Hobbytierhaltern die Jagd auf
Wölfe rechtfertigen. Es bleibt aber dabei, dass jeder Abschuss
einzeln genehmigt werden muss, denn Wölfe sind in Deutschland streng
geschützt.

Die Menschen in Deutschland sollen sich künftig regelmäßig mit dem
Thema ORGANSPENDE nach dem Tod befassen müssen. Der Bundesrat stimmte
der Reform zu. Demnach sollen alle Bürger mindestens alle zehn Jahre
direkt beim Ausweisabholen auf das Thema angesprochen werden -
Organentnahmen bleiben aber weiterhin nur mit ausdrücklicher
Zustimmung erlaubt. Das Ziel: mehr Organspenden. In Kraft treten
sollen die neuen Regeln voraussichtlich 2022.

WINDRÄDER dürfen nachts nur noch blinken, wenn sich tatsächlich ein
Flugobjekt nähert. Das soll die Akzeptanz in der Bevölkerung erhöhen.

Zugleich werden auch die technischen Anforderungen an die
vorgeschriebene Nachtkennzeichnung überarbeitet: Diese soll künftig
auch durch Transpondersignale aktiviert werden können, die von
Luftfahrzeugen ausgehen und von Windrädern empfangen werden. Derzeit
sind nur radarbasierte Systeme zugelassen.