Formel-1-Rennen in China verschoben - RKI hält Pandemie für möglich

Ein Formel-1-Rennen verschoben, ein wichtige Messe abgesagt: Das in
China grassierende Coronavirus verunsichert Menschen weltweit. Ein
Bundesinstitut findet deutliche Worte.

Peking/Berlin (dpa) - Das neue Coronavirus mit mehr als 1100 Toten in
China bremst Großveranstaltungen von internationalem Interesse aus.
In der Formel 1 verschob der Weltverband FIA am Mittwoch den für 19.
April geplanten Großen Preis von China. Auch die weltweit wichtigste
Mobilfunkmesse MWC in Barcelona wurde abgesagt.

Nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) könnte der Erreger,
der auch Sars-CoV-2 genannt wird, international in größerem Ausmaß um

sich greifen. «Die globale Entwicklung legt nahe, dass es zu einer
weltweiten Ausbreitung des Virus im Sinne einer Pandemie kommen
kann», heißt es in einem RKI-Bericht. Davon seien Länder mit geringen

Ressourcen im Gesundheitssystem besonders stark betroffen. «Aber auch
in Ländern wie Deutschland könnte dies zu einer hohen Belastung der
medizinischen Versorgung führen», hieß es.

Die Experten schreiben auch, dass ein Aufeinandertreffen mit einem
Infizierten für Menschen in Deutschland derzeit sehr unwahrscheinlich
sei. Die Einschätzung könne sich aber jederzeit ändern.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) will die Suche nach einem
Impfstoff und wirksamen Medikamenten beschleunigen. Darauf hätten
sich die 400 Fachleute geeinigt, die seit Dienstag in Genf tagten,
sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus am Mittwochabend in Genf.
Es gebe vier mögliche Kandidaten für einen Impfstoff, von denen sich
hoffentlich zwei als vielversprechend herausstellen, sagte die
Chefwissenschaftlerin der WHO, Soumya Swaminathan. Schon in drei bis
vier Monaten könnten erste Impfstoff-Tests an Menschen beginnen. Ein
zertifizierter Impfstoff für weitreichenden Einsatz stehe aber
wahrscheinlich erst in 18 Monaten zur Verfügung.

An der Lungenkrankheit mit dem neuen Namen Covid-19 waren in China
innerhalb eines Tages 97 weitere Menschen gestorben, wie die
Nationale Gesundheitskommission am Mittwoch mitteilte. Die Zahl der
Ansteckungen stieg um 2015 Fälle. Auf dem chinesischen Festland sind
jetzt insgesamt 1113 Tote zu beklagen. Bei mehr als 44 000 Menschen
ist eine Infektion nachgewiesen.

Die Zahlen aus China sind allerdings wenig aussagekräftig. Generell
wird von Experten eine sehr hohe Dunkelziffer vermutet. So sind die
Möglichkeiten begrenzt, auf das neue Virus zu testen. Ferner
erscheint das sich wandelnde Berichterstattungssystem Chinas mit
unterschiedlichen Definitionen der einzelnen Fälle besonders für
lokale Stellen kompliziert. Die täglich berichteten Zahlen
repräsentieren laut Experten somit eher die Fähigkeiten, Fälle zu
identifizieren und zu melden, als das wirkliche Ausmaß der Epidemie.

Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping sieht «positive
Veränderungen». «Die Ergebnisse sind von allen Seiten schwer
erkämpfte Fortschritte», sagte der Präsident am Mittwoch nach Angaben

der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua.

Weltweit sind außerhalb des chinesischen Festlands mittlerweile mehr
als 500 Infektionen bestätigt, davon 16 in Deutschland. Vierzehn
Fälle stehen in Zusammenhang mit dem bayerischen Autozulieferer
Webasto. Eine chinesische Mitarbeiterin hatte den Erreger bei einer
Dienstreise eingeschleppt. Die beiden jüngsten Fälle in Bayern waren
am Dienstagabend bekannt geworden. Es handelt sich um einen
49-jährigen Webasto-Mitarbeiter und ein Familienmitglied eines
anderen Mitarbeiters. Webasto öffnete nach zweiwöchiger Schließung
am Mittwoch wieder seine Firmenzentrale. Zudem war das Virus bei zwei
Passagieren eines Rückholfluges der Bundeswehr von Wuhan nach
Frankfurt/Main festgestellt worden.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) forderte eine stärkere
finanzielle Beteiligung der Europäischen Union. Er wünsche sich eine

Einigung auf Mittel aus dem EU-Haushalt zur Forschung im Kampf gegen
das Virus.

Bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes melden sich vermehrt
Menschen asiatischer Herkunft, die von Ausgrenzungen wegen des neuen
Coronavirus berichten. «Wir erleben gerade, dass Menschen pauschal
wegen ihres Aussehens oder ihrer Herkunft ausgegrenzt und
benachteiligt werden», hieß es. Insgesamt hätten sich in den
vergangenen Tagen 19 Betroffene an die Behörde gewandt.

Der Formel 1 Grand Prix in Shanghai soll nun zu einem späteren
Zeitpunkt in diesem Jahr nachgeholt werden, «wenn die Situation sich
verbessert», hieß es in einer FIA-Mitteilung. Die Chancen auf einen
Nachholtermin erscheinen indes gering, da der Kalender mit 21
weiteren Rennen bis Ende November bereits sehr üppig gefüllt ist und
kaum weiteren Raum bietet. Eine Rennabsage gab es zuletzt 2011.

Am 5. April soll erstmals in Vietnam auf einem Stadtkurs in Hanoi
gefahren werden. Doch auch an der Premiere dieses Rennens gibt es
inzwischen Zweifel wegen des Coronavirus. Hanoi liegt nur rund 150
Kilometer entfernt von der Grenze zu China.

Immer mehr große Unternehmen sagten wegen der Coronavirus-Gefahr ihre
Teilnahme an der Mobilfunk-Messe MWC (Mobile World Congress) in
Barcelona ab. Allein am Mittwoch teilten die Deutsche Telekom, der
Netzausrüster Nokia und der Smartphone-Hersteller HMD Global mit,
dass sie der Veranstaltung fernbleiben werden. Die Veranstalter
sagten die Messe, die Ende Februar hätte stattfinden sollen, am
Mittwochabend schließlich ab.

An Bord des unter Quarantäne stehenden Kreuzfahrtschiffes «Diamond
Princess» im japanischen Yokohama ist bei weiteren 39 Menschen eine
Ansteckung festgestellt worden, wie das japanische
Gesundheitsministerium bekanntgab. Vier Personen zeigten ernste
Symptome. Damit erhöht sich die Zahl der Infizierten auf 174. Die
übrigen der rund 3600 Passagiere und Crew-Mitglieder sollen
mindestens noch bis zum 19. Februar auf dem Schiff bleiben. Von den
zehn deutschen Staatsangehörigen an Bord ist nach Angaben der
deutschen Botschaft bisher keiner infiziert.