Tempoverschärfung beim Wechsel an der CDU-Spitze

Eigentlich wollte CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer ihre Nachfolge an der
Parteispitze erst zum Jahresende regeln. Doch dieser Zeitplan scheint
nicht haltbar. Mittlerweile wird sogar schon nach einer Halle für
einen baldigen Parteitag gesucht.

Berlin (dpa) - Der angekündigte Personalwechsel an der CDU-Spitze
könnte schneller kommen als ursprünglich geplant. Die scheidende
Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer will bereits in der
kommenden Woche Gespräche mit Interessenten für ihre Nachfolge und
die Kanzlerkandidatur führen. Ein entsprechender Bericht der
«Rheinischen Post» wurde der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch aus
CDU-Kreisen bestätigt. Für die Wahl eines neuen Parteivorsitzenden
und die Benennung des Kanzlerkandidaten wird bereits ein zeitnaher
Sonderparteitag ins Auge gefasst. Bislang werden für die Spitzenämter
nur Männer gehandelt.

Als möglich gilt, dass sich Kramp-Karrenbauer am Wochenende am Rande
der Münchner Sicherheitskonferenz mit CSU-Chef Markus Söder trifft.
Einen bestimmten Termin gebe es aber noch nicht. Bei der Suche nach
einem gemeinsamen Kanzlerkandidaten muss die CDU auch die bayerische
Schwesterpartei ins Boot holen.

Als mögliche Bewerber für Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur gelten
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet, der frühere
Unionsfraktionschef Friedrich Merz und Bundesgesundheitsminister Jens
Spahn. Dieser warf bereits seinen Hut in den Ring. «Ich habe immer
gesagt (...), dass ich bereit bin, Verantwortung zu übernehmen»,
betonte der 39-Jährige vor Journalisten in Berlin. «In welcher
Konstellation das aber geschieht, darüber reden wir jetzt eben in den
nächsten Tagen.»

Merz bekundete seine Bereitschaft, sich auch einer nicht bindenden
Befragung aller rund 400 000 CDU-Mitglieder zu stellen. Bei einer
Veranstaltung am Dienstag in Magdeburg hatte er gesagt, von einem
verbindlichen Mitgliederentscheid halte er «überhaupt nichts». Der
«Bild»-Zeitung sagte sein Sprecher anderentags: «Friedrich Merz ist
nicht grundsätzlich gegen eine Beteiligung der Parteimitglieder durch
eine Mitgliederbefragung. Die endgültige Entscheidung muss aber auf
einem Bundesparteitag der CDU getroffen werden.»

In der CDU wird damit gerechnet, dass ein Sonderparteitag im Mai oder
Juni stattfinden könnte. Derzeit wird bereits nach einer Halle für
eine solche Veranstaltung gesucht. Für die Einberufung ist ein
Beschluss des CDU-Bundesvorstands nötig, der am 24. Februar zu seiner
nächsten regulären Sitzung zusammenkommt. Nach den Statuten der
Christdemokraten könnte ein Sonderparteitag frühestens acht Wochen
nach dem Beschluss stattfinden - das wäre in der zweiten Aprilhälfte.

Kramp-Karrenbauer hatte am Montag ihren Verzicht auf eine
Kanzlerkandidatur erklärt und angekündigt, auch den CDU-Vorsitz
abgeben zu wollen. Nach ihrem ursprünglichen Zeitplan soll erst im
Herbst oder Winter über Kanzlerkandidatur und künftige Parteiführung

entschieden werden, was in den Unionsparteien aber auf breiten
Widerstand stößt. Als einer von wenigen prominenten CDU-Vertretern
sprach sich Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble in der «Zeit» daf
ür
aus, erst Ende des Jahres über diese Personalfragen zu entscheiden.

Dagegen verlangte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt beim
Sender ntv nochmals eine schnelle personelle Neuaufstellung der CDU.
«Kein Casting, keine langen Basiskonferenzen, keine monatelange
Personalbeschäftigung. Wir können uns nach einem Jahr 2019, das
maßgeblich mit den Personaldebatten der SPD geführt worden ist, jetzt
nicht ein Jahr 2020 mit Personaldebatten der CDU beschäftigen.»

Auslöser der jüngsten Verwerfungen in der CDU war die Wahl des
FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten in Thüringen.
Die gemeinsame Unterstützung von AfD, FDP und CDU nannte Schäuble in
der «Zeit» eine «Katastrophe». Und: «Ich hätte so etwas nicht f
ür
möglich gehalten, weil ich mir einfach nicht vorstellen konnte, dass
man so wenig vorhersieht, was für unabsehbare Folgen eine solche
Geschichte haben kann.» Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier
kritisierte am Dienstagabend bei einem Abendessen für seinen
Vorgänger Joachim Gauck, die Wahl sei «missbraucht» worden, «um die

freiheitliche Demokratie und ihre Vertreter der Lächerlichkeit
preiszugeben».