Kein Coronavirus bei China-Rückkehrern - 66 neue Fälle auf Schiff

Bei mehr als 40 000 Menschen in China ist das neue Coronavirus
inzwischen nachgewiesen worden. In Berlin können zurückgeholte
Deutsche zunächst aufatmen - anders als die Menschen auf einem
Kreuzfahrtschiff in Japan. Auch ein Studienergebnis bereitet Sorgen.

Peking/Yokohama/Berlin (dpa) - Die 20 China-Rückkehrer in Berlin sind
einer ersten Untersuchung zufolge nicht mit dem neuen Coronavirus
infiziert. «Wir sind erleichtert», teilte Berlins
Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) am Montag mit. Alle Tests
seien negativ ausgefallen. Die Deutschen und ihre Familienangehörigen
hatten sich in der schwer vom Coronavirus betroffenen chinesischen
Stadt Wuhan aufgehalten.

Die Inkubationszeit könnte bei dem Erreger vorläufigen Analysen
zufolge in seltenen Fällen bis zu 24 Tage betragen - und damit 10
Tage mehr als bisher angenommen. Im Schnitt betrage der Zeitraum
zwischen Ansteckung und ersten Symptomen wohl drei Tage, ergab eine
Auswertung des Experten Zhong Nanshan nach Angaben der Zeitung «China
Daily». Der Leiter des nationalen Expertengremiums zur Eindämmung der
Lungenkrankheit hatte mit seinem Team 1099 Fälle aus 552
Krankenhäusern in China untersucht.

Ohne genaue Kenntnis der Methode lasse sich zunächst nicht sagen, wie
gesichert die neuen Erkenntnisse seien, sagte der Coronavirus-Experte
Christian Drosten von der Berliner Charité. «Eine häufige
Fehlerquelle bei scheinbar sehr langen Inkubationszeiten ist eine
unbemerkte zwischenzeitliche Exposition.» Nur unter sehr
kontrollierten Bedingungen lasse sich ausschließen, dass Betroffene
dem Erreger mehrfach hintereinander ausgesetzt waren. Einen Grund zur
Änderung von Richtlinien sehe er daher zunächst nicht. Auch Guan
Weijie, Mitglied des chinesischen Expertengremiums, sagte, es gebe
derzeit keinen Grund, die übliche Quarantänezeit von 14 Tagen zu
verlängern.

Zwei Wochen sollen auch die Rückkehrer in Berlin - 16 Erwachsene und
4 Kinder - auf dem Gelände der Kliniken des Deutschen Roten Kreuzes
(DRK) im Stadtteil Köpenick in Quarantäne bleiben. Ein erstes
Screening ohne Virusnachweis sei keine hundertprozentige Garantie,
dass sich nicht doch noch eine Infektion einstelle, hatte der
Generalsekretär des Deutschen Roten Kreuzes, Christian Reuter,
erläutert. Es war die zweite Rückholaktion: Vor gut einer Woche waren
über 100 deutsche Staatsbürger und Angehörige in Frankfurt am Main
angekommen. Bei zwei Passagieren war das Virus nachgewiesen worden.

Insgesamt seien bereits mehr als 500 EU-Bürger aus China zurück in
ihre Heimatländer gebracht worden, sagte der Kommissar für
Krisenmanagement, Janez Lenarcic, am Montag in Brüssel. Die EU sei in
ständigem Kontakt mit den chinesischen Behörden.

In China stieg die Zahl erfasster Infektionen und Todesfälle
unvermindert weiter. Landesweit wurden am Montag 97 weitere Tote
bestätigt - so viele wie zuvor noch nie an einem Tag. Damit sind dort
inzwischen mehr als 900 Menschen an der neuartigen Lungenerkrankung
gestorben. Die Zahl der Nachweise stieg um 3062 auf 40 171 Fälle.
Außerhalb des chinesischen Festlands sind in mehr als zwei Dutzend
Ländern mehr als 300 Infektionen bestätigt, davon 14 in Deutschland. 


Die Dauer der Behandlung von Patienten im Hospital liegt außerhalb
der schwer betroffenen Provinz Hubei in der Regel bei neun Tagen,
berichtete Jiao Yahui, Vizedirektor für Krankenhausverwaltung der
Gesundheitskommission. In Hubei mit der schwer heimgesuchten
Provinzhauptstadt Wuhan dauert der Aufenthalt mit im Mittel 20 Tagen
mehr als doppelt so lange. Ursache seien die strengeren Regeln für
eine Entlassung. So werde für genesene Patienten auch nach zwei
negativen Tests noch eine Beobachtung im Krankenhaus von zehn bis
zwölf Tagen angeordnet, sagte Jiao Yahui. Das liege auch daran, dass
Patienten dort engeren Kontakt mit anderen schwer Erkrankten hätten.

An Bord des unter Quarantäne gestellten Kreuzfahrtschiffes «Diamond
Princess» im japanischen Yokohama wurden 66 weitere Infizierte
nachgewiesen, 45 davon waren Japaner. Damit erhöhte sich die Zahl der
in Kliniken gebrachten Infizierten auf 136, wie der japanische
Fernsehsender NHK am Montag berichtete. Die übrigen der insgesamt
2666 Passagiere und 1045 Crewmitglieder sollen nach derzeitigem Plan
bis zum 19. Februar an Bord bleiben. Unter ihnen sind auch zehn
deutsche Staatsangehörige - von denen nach Angaben der deutschen
Botschaft in Tokio bisher keiner mit dem Virus infiziert ist.

In der chinesischen Sonderverwaltungsregion Hongkong durften
unterdessen 3600 Passagiere und Besatzungsmitglieder nach tagelanger
Quarantäne ein Kreuzfahrtschiff verlassen. Die «World Dream» war
vergangenen Mittwoch festgesetzt worden, nachdem bei drei früheren
Passagieren das Virus nachgewiesen worden war.

In Hongkong suchte die Polizei am Montag nach zwei Menschen, die sich
nicht an die verpflichtende Quarantäne hielten, wie die örtliche
Gesundheitsbehörde mitteilte. Sieben weitere wurden demnach verwarnt,
weil sie Quarantänebestimmungen missachtet hatten. Hongkong hatte am
Freitag festgelegt, dass alle vom chinesischen Festland Einreisenden
eine 14-tägige Quarantäne in einem Hotel oder ihrem Zuhause einhalten
müssen. Wer einmal dagegen verstößt, erhält eine Verwarnung. Beim
zweiten Mal bekommt der Betroffene ein Tracking-Band zur Überwachung
seines Aufenthaltsortes. Beim dritten Mal drohen bis zu sechs Monate
Haft und umgerechnet 3200 US-Dollar Strafe. In Hongkong sind bisher
rund 40 Infektionen erfasst.

Strenger werden die Bestimmungen auch in anderen Ländern. Die
britische Regierung etwa stuft das neuartige Coronavirus nun als
«ernste und unmittelbare Gefahr für die Volksgesundheit» ein und
verschärft damit die Schutzmaßnahmen. Menschen können nun gezwungen
werden, in Quarantäne zu gehen, wie das Gesundheitsministerium am
Montag in London mitteilte.

Zuvor war bekannt geworden, dass sich ein Brite im Januar in Singapur
mit der Lungenkrankheit infiziert hatte und inzwischen mit Fällen in
England, Frankreich und Spanien in Verbindung gebracht wird. Er war
nach einer Konferenz in Südostasien nach Europa geflogen und hatte
sich mit anderen Personen ein Chalet in einem Skigebiet in den
französischen Alpen geteilt. Darunter sollen auch vier Briten gewesen
sein, bei denen das Virus nun nachgewiesen worden ist. Einer der
Betroffenen arbeitet britischen Medien zufolge in einer Praxis im
südenglischen Brighton, die nun vorsorglich geschlossen wurde. Die
Zahl der Fälle in Großbritannien ist von vier auf acht gestiegen, wie
das Gesundheitsministerium am Montag in London bestätigte.

Die weltweit führende Mobilfunkmesse Mobile World Congress (MWC) in
Barcelona droht wegen des neuen Coronavirus zu einer
Geisterveranstaltung zu werden. Mit Amazon sagte das vierte
Großunternehmen seine Teilnahme ab. Zuvor hatten bereits der
schwedische Telekomausrüster Ericsson, der südkoreanische
Elektronikkonzern LG und der Chiphersteller Nvidia abgesagt. Der MWC
gilt als weltweit wichtigste Veranstaltung der Mobilfunkbranche. Der
Veranstalter GSMA erwartete ursprünglich mehr als 100 000 Besucher
und mehr als 2800 Aussteller.