Xi sieht Kampf gegen Virus in «entscheidender Phase» - Kritik an USA

China zählt schon mehr als 31 000 Virusfälle und 636 Tote. Auf einem
Kreuzfahrtschiff werden 41 neue Infektionen entdeckt. Nach dem Tod
eines Whistleblower-Arztes startet China eine heikle Untersuchung.

Peking (dpa) - Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping sieht den
Kampf gegen die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus in einer
«entscheidenden Phase». In einem Telefonat mit US-Präsident Donald
Trump gab sich Xi Jinping am Freitag zuversichtlich, dass China die
Epidemie in den Griff bekomme. Das ganze Land sei mobilisiert und
habe sehr strenge Maßnahmen zur Vorbeugung ergriffen. «Wir sind
vollauf zuversichtlich und in der Lage, die Epidemie zu besiegen.»
Er übte Kritik an dem Einreiseverbot der USA für Chinesen und
Ausländer, die in China waren - mit Ausnahme von Angehörigen von
US-Bürgern.

Nach dem Tod des chinesischen Arztes Li Wenliang startete Chinas
Regierung eine politisch heikle Untersuchung. Der Arzt hatte
frühzeitig vor dem Ausbruch des Erregers der neuen Lungenerkrankung
gewarnt, wurde kurz darauf aber von der Polizei verwarnt und durfte
zunächst nichts mehr darüber verbreiten. Die staatliche
Aufsichtskommission entsandte ein Ermittlungsteam nach Wuhan, die
schwer betroffene Metropole in der Provinz Hubei. Es gehe «um die
«Fragen des Volkes» zu den Vorfällen. Der Tod des 34-jährigen
Augenarztes, der am Donnerstagabend selbst an der Lungenkrankheit
gestorben war, hat große Anteilnahme ausgelöst.

Sein Schicksal symbolisiert für viele die Folgen der Vertuschung und
langsamen Reaktion der Behörden. Li Wenliang hatte am 30. Dezember in
einer Chatgruppe unter Hinweis auf mysteriöse Virusfällen vor einer
Wiederkehr des Sars-Virus gewarnt, der vor 17 Jahren zu der Pandemie
mit 8000 Infizierten und 774 Toten geführt hatte. Später stellte sich
der Erreger als neues Coronavirus heraus. Die Polizei lud den Arzt
und sieben andere wegen der Verbreitung von «Gerüchten» vor. Sie
mussten unterschreiben, nichts mehr über den Ausbruch zu enthüllen.
Später infizierte sich der Arzt selbst bei einer Patientin.

Der tägliche Anstieg der neu bestätigten Infektionen in China scheint
sich leicht stabilisiert zu haben - ist aber weiter sehr hoch. Die
Zahl der Ansteckungen legte bis Freitag erneut um 3143 zu. Damit sind
31 161 Virusfälle bestätigt, so die Gesundheitskommission in Peking.
Es war der zweite Tag in Folge, an dem nicht mehr neue Ansteckungen
als am Vortag gemeldet wurden. Innerhalb eines Tages starben aber
wieder 73 Patienten an der neuartigen Lungenkrankheit - so viele wie
am Vortag. Damit sind in China schon 636 Todesfälle zu beklagen.

Ob mit den neuen Zahlen bereits ein Trend bei den Ansteckungen
erkennbar ist, scheint offen, da die Statistik auch mit der Zahl der
laufenden Untersuchungen schwanken kann. Der Verlauf der Epidemie ist
aus Sicht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auch schwer
vorherzusagen. Abgesehen von den besonders betroffenen Gebieten in
Zentralchina scheine die Lage in China im Moment relativ stabil zu
sein, sagte WHO-Experte Michael Ryan in Genf.

Außerhalb von Festland-China sind in mehr als zwei Dutzend Ländern
über 270 Infektionen und zwei Todesfälle bestätigt. In Deutschland
gab es Donnerstag einen 13. Fall. Allein elf stehen im Zusammenhang
mit der bayerischen Firma Webasto, wo sich Mitarbeiter bei einer
Kollegin aus China angesteckt hatten. Auch wurden zwei aus China
ausgeflogene Rückkehrer positiv getestet. Der jüngste Virennachweis
stammt von der 38-jährigen Frau eines der Patienten aus Bayern, wie
das bayerische Gesundheitsministerium mitteilte. Auch zwei Kinder des
Paares hatten sich angesteckt. Bei dem dritten Kind, einem Säugling,
wurde das Virus bisher nicht nachgewiesen.

In dem Telefonat mit Trump verwies Chinas Präsident ausdrücklich auf
die WHO, die Länder vor Überreaktionen gewarnt habe. Er hoffe, dass
die USA «ruhig» die Lage einschätzten und ihre Maßnahmen als Antwor
t
darauf «angemessen» träfen und anpassten. Xi Jinping bezog sich damit

offensichtlich auf das vor einer Woche erlassene Einreiseverbot der
USA. China sieht den Bann als Überreaktion, die WHO-Empfehlungen
widerspreche. Eine Sprecherin hatte den USA vorgeworfen, «Angst zu
schüren und zu verbreiten, was ein schlechtes Beispiel ist».

Wegen Virusfällen werden in Japan und Hongkong zwei Kreuzfahrtschiffe
mit rund 7000 Passagieren und Besatzungsmitgliedern in Quarantäne
festgehalten. Auf der «Diamond Princess» vor Yokohama wurden weitere
41 Infektionen festgestellt, wie das Gesundheitsministerium bekannt
gab. Damit erhöht sich die Zahl der Ansteckungen an Bord auf 61.
Unter ihnen sind keine Deutschen. Nach neuen Erkenntnissen der
Botschaft sind zehn Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit auf
dem Schiff. Ihnen gehe es den Umständen entsprechend gut, hieß es.

Rund 120 Passagiere und Crewmitglieder hatten Symptome wie Husten und
Fieber gezeigt. 153 weitere hatten engen Kontakt mit ihnen gehabt.
Von ihnen allen wurden Proben genommen, deren Untersuchungsergebnisse
jetzt vorlagen. Die Infizierten wurden in Krankenhäuser gebracht. Die
übrigen der insgesamt 2666 Passagiere - etwa zur Hälfte Japaner -
sowie 1045 Crew-Mitglieder sollen bis 19. Februar an Bord bleiben.
Anlass war der Fall eines 80 Jahre alten Mann aus Hongkong, der
positiv getestet worden war. Er war am 20. Januar in Yokohama
zugestiegen und fünf Tage später in Hongkong von Bord gegangen.

Auch auf dem Kreuzfahrtschiff in Hongkong mit mehr als 1800
Passagieren und 1800 Crewmitgliedern laufen Untersuchungen. Bei drei
Passagieren, die im Januar mit der «World Dream» gereist waren, war
das Virus festgestellt worden. Da das Schiff seither noch dreimal in
Hongkong angelegt hatte, wurden weitere 5000 Passagiere aufgefordert,
Kontakt mit den Behörden aufzunehmen, wenn sie sich nicht wohl
fühlen. Weitere Infektionen wurden aber zunächst nicht bekannt.