Kupfergeld für Händler auf Wangerooge unverzichtbar

Im Geldbeutel sind die kleinen, braunen Münzen lästig - und wer sie
an der Kasse zusammenklaubt, kann einigen Unmut auf sich ziehen.
Nicht auf Wangerooge, wo sich Einzelhändler seit einem Lieferstopp
der Bank über Kupfergeld freuen: «Ohne geht es nicht».

Wangerooge (dpa) - Die politische Debatte um die Abschaffung von
kleinen Cent-Münzen ist in vollem Gange - die Nordseeinsel Wangerooge
hat sich vor einigen Monaten als mögliches Experimentierfeld fürs
Bezahlen ohne Kupfergeld ins Gespräch gebracht. Doch dort läuft für
Kunden zunächst alles weiter wie gewohnt.

Denn seit die Bank auf dem Festland die Lieferung mit Ein-, Zwei- und
Fünf-Cent-Münzen im November einstellte, tauschen Händler die Münze
n
untereinander oder nehmen Spardosen von Kunden entgegen. Eigentlich
sollten Preise beim Bäcker oder im Supermarkt auf- oder abgerundet
werden - oder der Kunde gleich bargeldlos zahlen. Bürgermeister
Marcel Fangohr (parteilos) aber erzählt, die Einzelhändler wollten
das nicht. Die Wirtschaft war von Anfang an skeptisch.

«Wir kommen nicht ohne die Münzen aus», sagt die Inhaberin der
Inselbuchhandlung, Claudia Grunemann. «Man sagt das immer so leicht,
aber das macht nicht jeder Kunde mit.» Dem Bürgermeister zufolge
sollten Kunden immer vor die Wahl gestellt werden, ob sie den Preis
aufrunden und die Cent-Beträge sozialen Projekten zugute kommen
lassen - so wie bereits an manchen deutschen Supermarktkassen. «Das
müsste man mit jedem Kunden ausdiskutieren», erklärt die
Buchhändlerin. «Das würde jetzt gehen, aber wenn sich im Sommer die
Schlangen bilden, nicht.»

In der Hochsaison mit zahlreichen Touristen in den Läden könnte dann
auch das aktuelle System, bei dem sich die Einzelhändler gegenseitig
mit Münzen aushelfen oder gesammeltes Kleingeld der Kunden gegen
größeres Geld tauschen, zusammenbrechen. Die Volksbank Jever hatte
die Lieferung im November mit der Begründung eingestellt, dass der
Transport der Münzrollen - meist mit dem Flugzeug - teurer als der
Geldwert sei. Sollte der Vorrat der Münzen im Sommer also tatsächlich
zur Neige gehen, «müsste jeder Händler die Münzen kompliziert vom
Festland holen», so Bürgermeister Fangohr. Vielleicht könne man dann

noch mal einen Vorstoß wagen, die Bezahlpraxis zu ändern.

In den Niederlanden, Finnland und Belgien wird an Kassen bereits in
Fünf-Cent-Schritten auf- oder abgerundet. Die EU-Kommission erwägt
einen Vorstoß zur Abschaffung der beiden kleinsten Cent-Münzen mit
Kupferauflage, wie aus einem Arbeitspapier hervorgeht. Hintergrund
seien die «Nachteile und Herausforderungen, die mit ihrer Nutzung
einhergehen». Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU)
sagte dazu, «jedem sollte selbst überlassen bleiben, wie er oder sie
bezahlt. Und das gilt insbesondere, solange die Preise auf 99 oder 98
Cent gebildet werden.» Barzahlungen müssten gegenüber elektronischen

Zahlungen gleich behandelt werden.

In ihrer Buchhandlung kann Grunemann viele der krummen Preise nicht
einfach ändern, denn für Bücher gilt deutschlandweit eine
Preisbindung. Ebenso für verschreibungspflichtige Medikamente in Rita
Ademes' Apotheke auf Wangerooge: «Natürlich würde ich die Abschaffung

der Münzen begrüßen, aber da muss sich vorher noch Einiges in der
Wirtschaft ändern.» Ein freiwilliges Angebot zum Spenden gebe es
ohnehin schon: «Bei uns steht das Schiff der Seenotretter. Das wird
auf der Insel geleert und die Münzen kommen wieder in Umlauf.»